Die Kunst, auf dem Teppich zu bleiben

Diese Woche hat mich unsere Oberbürgermeisterin beeindruckt, weil sie es geschafft hat, nicht zu lachen. Fast ohne das Gesicht zu verziehen, hat sie im Stadtrat eine Anfrage des CDU-Stadtverordneten Sascha Zehner beantwortet.



Der ist durch einen Bericht, der im Dezember in der Saarbrücker Zeitung stand, darauf aufmerksam geworden, dass der edle Teppich im Rathausfestsaal aus Rumänien stammt - und zu einer Zeit hergestellt wurde, in der dort der Diktator Nicolae Ceausescu sein Unwesen trieb.

Ein im real existierenden Sozialismus hergestellter Teppich im Saarbrücker Rathaus - da hatte der Christdemokrat doch ein paar knallharte Fragen. Und so erfuhren Zehner und alle anderen 62 Stadtverordneten und die Bürger, die eigentlich gekommen waren, um zu hören, was der Stadtrat Weises zu beschließen hat, von Charlotte Britz, dass der 9,80 mal 7,85 Meter große Teppich eigentlich der Sparkasse Saarbrücken gehört, die ihn wohl legal von einem Kunsthändler erworben und ihn der Stadt 1996 leihweise zur Verfügung gestellt hat. Produziert sei der Teppich, der zuletzt einen Versicherungswert von exakt 99 950 Euro hatte, in den majestätischen Werkstätten Rumäniens, erklärte Britz.

Nach SZ-Informationen wurde der einzigartige Teppich für Ceausescu persönlich angefertigt. 1989 trennten sich die Rumänen aber erst von Ceausescu (er wurde erschossen) und dann vom Teppich (er wurde wie viele andere wertvolle Dinge aus dem Präsidentenpalast verkauft).

Dass die Arbeiter, die den Teppich hergestellt haben, geknechtet wurden, konnte die Oberbürgermeisterin dem CDU-Stadtverordneten nicht bestätigen. Um etwas über die Arbeitsbedingungen in den besagten Werkstätten zu erfahren, könne man aber gerne den rumänischen Botschafter oder den internationalen Gerichtshof in Den Haag anschreiben, bot sie an. Das und den Ruf der politischen Konkurrenz nach einem Teppich-Untersuchungsausschuss fand Zehner nicht witzig. Mich hätte er beeindruckt, wenn er an der Stelle einfach hätte lachen können.

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