„Das größte Sozialamt des Landes“

Saarbrücken · Der Regionalverband Saarbrücken ist der wichtigste Wirtschaftsstandort des Saarlandes. Das geht aus den Zahlen der Arbeitskammer hervor. Doch viele bleiben beim wirtschaftlichen Erfolg außen vor.

 Das verarbeitende Gewerbe, wie hier im Saarbrücker ZF-Werk, ist einer der Wirtschaftsmotoren im Regionalverband. Foto: ZF/Hager

Das verarbeitende Gewerbe, wie hier im Saarbrücker ZF-Werk, ist einer der Wirtschaftsmotoren im Regionalverband. Foto: ZF/Hager

Foto: ZF/Hager

Die Arbeitskammer des Saarlandes hat gestern, zweieinhalb Monate vor der Kommunalwahl, ihren Kreisreport mit wesentlichen Kennzahlen für den Regionalverband Saarbrücken vorgestellt. "Wir wollen damit auch vor den Wahlen eine Diskussion anstoßen", sagt Hauptgeschäftsführer Horst Backes. Dabei zeigt sich, dass sich der Regionalverband zwischen zwei Extremen bewegt. Einerseits ist es der mit Abstand wirtschaftsstärkste Landkreis des Saarlandes, andererseits aber auch geprägt von sozialen Problemen und Schuldenlast.

326 143 Einwohner leben im Regionalverband, also knapp 33 Prozent der Saarländer. Die erzielen 42,1 Prozent der saarländischen Wertschöpfung. Und die Wirtschaft wächst weiter. Zwischen 2000 und 2011 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 31,3 Prozent. Nur Saarlouis hat im Land ähnliche Werte. Die größten Arbeitgeber im Regionalverband sind dabei die Dienstleister mit knapp drei Vierteln aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. An zweiter Stelle folgt das verarbeitende Gewerbe mit knapp 20 Prozent. Aber auch die öffentliche Verwaltung stellt knapp 7,5 Prozent der Arbeitsplätze. Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen steig dabei seit 2008 sogar um 4,7 Prozent.

Doch dieser positiven Entwicklung steht eine große Zahl an Einwohnern gegenüber, die wirtschaftlich zusehends abgehängt werden und vom Arbeitsleben ausgeschlossen bleiben. Trotz der günstigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt hat der Regionalverband mit 9,6 Prozent nämlich auch die höchste Arbeitslosenquote des Landes. Besorgniserregend sind dabei vor allem zwei Aspekte.

76 Prozent der Arbeitslosen bekommen nur Hartz IV. Damit liegt der Regionalverband deutlich über dem Bundesschnitt. Außerdem sind 38 Prozent der Arbeitslosen im Regionalverband Langzeitarbeitslose, also mindestens ein Jahr arbeitslos. "Ein Teil ist schon arbeitslos, seit es das Jobcenter und die Arbeitsagentur gibt", sagt Regionalverbandsdirektor Peter Gillo.

Und genau dort liegt das Problem für den Regionalverband. Denn das meiste Geld kosten die sozialen Aufgaben. Alleine 87 Millionen gibt der Regionalverband für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern aus. "Wir werden als das größte Sozialamt der Bundesrepublik wahrgenommen", sagt Gillo. Finanziert wird all das vor allem aus den Umlagen der zehn Kommunen. Dadurch wirkt sich die hohe Arbeitslosenzahl auch fatal auf deren ohnehin schon angespannte Finanzsituation aus. Alleine die Landeshauptstadt hat mittlerweile mehr als eine Milliarde Euro Schulden angehäuft.

In Friedrichsthal sind die Schulden bereits höher als das Vermögen der Stadt. "Die Kommunen können sich dieser Schuldenfalle aus eigener Kraft auch nicht mehr entziehen", sagt Gillo und fordert erneut eine Entlastung der Kommunen durch den Bund: "So zu tun, als kämen wir da selbst raus, ist eine Illusion."

Um Lösungen für Langzeitarbeitslose zu finden, werde weiterhin der sogenannte "Passiv-Aktiv-Tausch" geprüft. Dabei sollen die Sozialleistungen, statt direkt gezahlt zu werden, zur Finanzierung von Arbeit genutzt werden. "Wir sollten diese Summe aufwenden, statt Arbeitslosigkeit Arbeit zu finanzieren", sagt Gillo. Der Vorschlag, den Regionalverband zur Modellregion zu machen, hat der Regionalverband, laut Gillo, an Arbeitsministerin Anke Rehlinger weitergereicht.

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