Antisemitismusbeauftragter des Saarlandes Rixecker fordert mehr Widerspruch

Saarbrücken · Saar-Antisemitismusbeauftragte: Hetze widersprechen und nicht nur sanktionieren.

 Roland Rixecker, Antisemitismusbeauftragter des Saarlandes

Roland Rixecker, Antisemitismusbeauftragter des Saarlandes

Foto: dpa/Oliver Dietze

Beim Treffen des Arbeitskreises „Kirche und Judentum“ der pfälzischen Landeskirche am Mittwoch in Saarbrücken hat der Kantor der Synagogengemeinde Saar, Benjamin Chait, neben Reaktionen auf Antisemitismus auch parallel stattfindende Prävention gefordert. „Diejenigen, die sich antisemitisch verhalten, haben wahrscheinlich oft keinen Juden getroffen.“ Es sei beispielsweise wichtig, an Schulen Juden aus der Region einzuladen und nicht nur aus Israel. „Das Judentum ist nicht 2000 Kilometer weg“, betonte er. Die jüdischen Menschen seien Nachbarn.

Dem stimmte der Beauftragte des saarländischen Landtags für jüdisches Leben im Saarland und gegen Antisemitismus, Roland Rixecker, zu. „Mir ist wichtig, einen Beitrag zur Wiederbelebung oder zur Stärkung des jüdischen Lebens auch im Saarland zu leisten“, sagte er. Es gebe immer wieder Menschen, die fragten, warum man überhaupt noch über die Shoa spreche. „Erinnern ist eine ganz zentrale Aufgabe“, betonte Rixecker. „Nicht, um irgendwie Vergangenheitsbewältigung zu betreiben, sondern um uns zukunftsfähig zu machen.“ Wenn die aktuellen Entwicklungen in Deutschland so weitergingen, dann ständen allen Menschen schwierige Zeiten bevor und nicht nur jüdischen, muslimischen oder homosexuellen. Der Saar-Antisemitismusbeauftragte warb für Intoleranz gegenüber Hetzern. „Wir müssen auch manche Debatten aushalten, um zu erreichen, dass sie nicht mehr stattfinden“, sagte er. Es gehe darum, aktiv Meinungen zu widersprechen und diese nicht nur zu sanktionieren.

Der Historiker Alexander Friedmann berichtete von dem Umgang mit ihm als Wissenschaftler, wenn er Vorträge hält. Ihm werde unterstellt, dass er israelische Propaganda betreibe, weil er auch für die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem arbeite. „Ich bin ein Forscher, kein Propagandist“, sagte der Lehrbeauftragte an der Universität des Saarlandes und an der Duisburger Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW. Die Situation in Deutschland sei aber besser als in Großbritannien oder Frankreich. Ein Yad Vashem-Kollege und Holocaustforscher habe in Großbritannien drei Vorträge an Universitäten wegen heftiger Proteste absagen müssen.

„Ich reagiere auf den Antisemitismus, den ich regelmäßig in Deutschland erlebe, ziemlich gelassen, weil ich eine weißrussische Sozialisation habe“, betonte Alexander Friedmann. „Ich bin in einer Gesellschaft geboren und aufgewachsen, die antisemitisch ist.“ Beschimpfungen und Prügeleien auf dem Schulhof seien selbstverständlich gewesen. Er wisse aber nicht, wie er reagieren würde, wenn seine in Deutschland geborene Tochter das erlebe. „Meine Tochter hat diese Schutzmechanismen nicht“, sagte der Historiker.

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