Sozialpolitik Mehr Arme und Obdachlose brauchen Hilfe

Saarbrücken · Privatleute und private Organisationen bekämpfen die Folgen der Armut in Saarbrücken: Bruder-Konrad-Haus, Wärmestube, Notschlafstelle, Kältebus.

 Anja Jenal und Linus Blacha vom Verein „Hilfe für obdachlose Menschen im Winter“ bei der Arbeit im neuen Kältebus

Anja Jenal und Linus Blacha vom Verein „Hilfe für obdachlose Menschen im Winter“ bei der Arbeit im neuen Kältebus

Foto: Heiko Lehmann

Die Kälte der Nacht ist noch spürbar an diesem Vormittag in der Brückenstraße 26 in Malstatt. Hier befindet sich eine der ältesten Einrichtungen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe in Saarbrücken: die Notschlafstelle der Arbeiterwohlfahrt (Awo).

„Die Notschlafstelle gibt es seit 30 Jahren, sie ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet und verfügt über insgesamt 10 Betten. In einem abgetrennten Bereich sind vier davon nur für Frauen vorgesehen“, sagt der Leiter der Einrichtung Thorsten Lillig. Diese separaten Zimmer für Frauen seien durch Umbaumaßnahmen in den letzten zehn Jahren ermöglicht worden.

Neben den Schlafräumen verfügt die Notschlafstelle auch über einen Aufenthaltsraum, der täglich von 7 bis 13 Uhr geöffnet ist. Dort erhalten die Menschen kostenlos Getränke und eine warme Mahlzeit. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, kostenfrei zu duschen und Kleidung zu waschen. Abends hat die Notschlafstelle ab 18 Uhr für Übernachtungen geöffnet.

Der Etat der Notschlafstelle wird zu 80 Prozent vom Land und zu 20 Prozent von der Awo Saarland getragen. Das Angebot richtet sich an volljährige Männer und Frauen. „Grundsätzlich darf jeder hier übernachten. Es gibt auch keine Begrenzung hinsichtlich der Anzahl der Übernachtungen. Wir erwarten allerdings eine gewisse Bereitschaft von den Menschen, ihre Situation mit unserer Hilfe verbessern zu wollen“, sagt Lillig. Die Nachfrage nach ihren Angeboten sei in den letzten Jahren stark angestiegen und es komme vor, dass man Leute ablehnen müsse.

Etwas weiter stadteinwärts gelegen ist die Wärmestube Saarbrücken. Die Wärmestube wurde im Jahr 1995 ins Leben gerufen und befindet sich in der Trierer Straße direkt an der Westspange. „Die Wärmestube hat im Winter täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Im Sommer sind wir an sechs Tagen die Woche für die Menschen da. Zu uns kommen nicht nur Wohnungslose, sondern auch Suchtkranke oder Menschen, die von Altersarmut betroffen sind“, sagt Klaus Birkenberger, seit 2017 Leiter der Wärmestube.

Neben günstigen und abwechslungsreichen Mahlzeiten bietet die Wärmestube unter anderem auch Dusch- und Waschmöglichkeiten. Zudem besteht beispielsweise auch die Möglichkeit, eine Postadresse einzurichten. „Vor allem aber ist uns wichtig, dass wir ein offenes Ohr für die Menschen haben und ihnen das Gefühl geben, dass sie nicht vergessen werden. Wir unterstützen sie auch mit der Vermittlung an andere Hilfseinrichtungen wie die Kleiderkammer“, sagt Birkenberger.

Die Einrichtung wird vom Initiativkreis Wärmestube Saarbrücken getragen. Sie finanziert sich sowohl aus öffentlichem Geld von Stadt und Land als auch aus privaten Spenden. „Die Spendenbereitschaft in Saarbrücken und im Saarland ist enorm. Und zwar nicht nur kurz vor Weihnachten, sondern generell über das ganze Jahr hinweg“, berichtet Birkenberger. Die Räume in der Trierer Straße habe die Wärmestube vor über zehn Jahren bezogen, man gelange jedoch am Standort langsam an die Kapazitätsgrenzen.

In der Fichtestraße im Herzen von St. Johann ist mit dem Bruder-Konrad-Haus eine weitere Institution der Obdachlosenhilfe zu finden. Das Haus wurde 1982 eröffnet und gehört zum Caritasverband Saarbrücken. 2017 wurde der Neubau bezogen, der durch die Zusammenarbeit von Caritas, Stadt Saarbrücken und dem saarländischen Sozialministerium realisiert werden konnte.

„Der Neubau hat für eine erhebliche Verbesserung der Wohnsituation der Hausbewohner gesorgt“, sagt Einrichtungsleiter Wolfgang Höfner. Insgesamt hat das Bruder-Konrad-Haus 65 Plätze und ist nur für Männer ab 18 Jahren ausgelegt. Aktuell sind 62 Plätze belegt, doch Höfner betont: „Wir lassen niemanden im Regen stehen, auch wenn wir voll belegt sind.“

Die Finanzierung der Einrichtung läuft über den Vergütungssatz von Sozialhilfeträgern aus dem gesamten Bundesgebiet. „Die Männer erhalten bei uns Vollverpflegung und ein Taschengeld von knapp 30 Euro pro Woche. Der Aufenthalt im Bruder-Konrad-Haus ist zeitlich befristet“, sagt Höfner. Man habe das Ziel, jeden Bewohner innerhalb weniger Monate wieder aus der Wohnungslosigkeit herauszuführen und es gebe auch Beispiele, die zeigen, dass das System funktionieren könne. „Solche positiven Beispiele geben nochmals Motivation für unsere tägliche Arbeit. Ich sehe allerdings auch die Politik in der Verantwortung. Es gibt einen massiven Bedarf an sozialem Wohnungsbau, und daher fehlt bezahlbarer Wohnraum“, stellt Höfner fest. Wohnraum dürfe kein Luxusgut werden.

Der Kältebus Saarbrücken ist seit 2014 am Römerkastell beheimatet und im Laufe der letzten Jahre zu einem kleinen Kältedorf mit Küche, Lagerräumen und sanitären Anlagen geworden. Der Trägerverein „Kältebus Saarbrücken – Hilfe für obdachlose Menschen im Winter“ hat das Projekt 2013 ins Leben gerufen und wird ausschließlich durch Spenden finanziert. „Der Grundgedanke damals war, dass es bedürftige Menschen gibt, die Hilfe brauchen“, sagt Vorstandsmitglied Holger Fuchs.

Das Gelände am Römerkastell stelle die Stadt Saarbrücken kostenlos zur Verfügung, sie unterstütze den Verein auch in anderen Dingen. Der Bus stehe dabei nicht nur Obdachlosen, sondern auch generell Bedürftigen offen. „Die Menschen können hier nicht nur schlafen, sondern bekommen auch etwas zu essen und zu trinken. Manch einer sucht auch einfach nur die Gemeinschaft“, sagt Fuchs.

Der Kältebus selbst ist in verschiedene Bereiche unterteilt. Im vorderen Bereich befindet sich die Essen- und Getränkeausgabe, während sich der Schlafbereich im hinteren Teil befindet. Das Kältedorf öffnet in der Regel von Dezember bis März täglich von 21 bis 6 Uhr.

„In den vergangenen Jahren registrieren wir eine zunehmende Zahl von Menschen, die unsere Hilfe brauchen, und es ist gut, dass wir ihnen helfen können“, sagt Holger Fuchs, „doch es macht schon betroffen, dass so viele Menschen unser Angebot in Anspruch nehmen müssen.“

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