Bürgerinitiative macht Druck"Gemeinnutz" für Karlsbrunn

Karlsbrunn. Die künftige Nutzung der ehemaligen Tagesanlage Warndt stand am Montag auf der Tagesordnung des Ortsrats Karlsbrunn. "Wir wehren uns, bevor alles beschlossen ist! Wir sind nicht Stuttgart!" Mit Plakaten demonstrierte die Bürgerinitiative "Lebenswertes Karlsbrunn" im Sportheim gegen den aktuellen Bebauungsplanentwurf

Karlsbrunn. Die künftige Nutzung der ehemaligen Tagesanlage Warndt stand am Montag auf der Tagesordnung des Ortsrats Karlsbrunn. "Wir wehren uns, bevor alles beschlossen ist! Wir sind nicht Stuttgart!" Mit Plakaten demonstrierte die Bürgerinitiative "Lebenswertes Karlsbrunn" im Sportheim gegen den aktuellen Bebauungsplanentwurf. Investor Albert Winzent will auf einer 26,7 Hektar großen Fläche der früheren Grube erneuerbare Energien erzeugen. Unter anderem plant er eine Photovoltaikanlage und eine Biomassevergasungsanlage. Nachdem der Ortsrat seine Sitzung unterbrochen hatte, konnten die Kritiker ihre Bedenken auch mündlich äußern. Vertreter der Bürgerinitiative wie auch Ortsratsmitglieder sprachen zwei zentrale Forderungen an: Das Karlsbrunner Feld soll für alle Bürger zugänglich bleiben. Und der Lärm, etwa verursacht durch die Hächsler-Maschine bei Saarforst, soll eingedämmt werden. Die sachliche Diskussion zeigte: Winzents Aussage, die ursprünglich vorgesehene Klärschlammtrocknung sei vom Tisch, trauen nicht alle Bürger. Sie wollen verbindlich wissen, was der Investor vorhat. Deshalb fordern sie einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Zurzeit wird ein flächenbezogener Bebauungsplan aufgestellt. Und der, so Bauamtsleiter Eduard Rupp, lässt dem Investor einen gewissen Spielraum. Konkrete Fragen, etwa nach Lärm -oder Geruchsbelästigung, würden aber geprüft, wenn der Unternehmer eine Baugenehmigung beantrage. Sollte der flächenbezogene in einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan umgewandelt werden, so Rupp, müsse man im Prinzip das ganze Verfahren neu aufrollen. Und wie geht es jetzt weiter? Die Stellungnahmen und Bedenken der Bevölkerung, erklärte der Bauamtschef, werden vom zuständigen Planungsbüro, der RAG Montan Immobilien, zusammengefasst. Die Verwaltung wägt die Bedenken dann ab und unterbreitet den zuständigen Gremien einen Bewertungsvorschlag. Über mögliche Ergebnisse wollte Rupp nicht spekulieren. Er versprach jedoch: "Wir gehen offen und ehrlich mit jeder Anregung um." Voraussichtlich im November oder im Dezember werden sich die Ortsräte Karlsbrunn und Dorf im Warndt sowie der Gemeinderat wieder mit dem Bebauungsplan beschäftigen. So lange will die Bürgerinitiative nicht auf eine Aussage der Politik warten. Sie hat ihre Bedenken schriftlich formuliert und unter anderem an die vier Bürgermeisterkandidaten geschickt. Bis zum 20. Oktober erhofft sie sich eine Antwort. "Wir werden am Ball bleiben", versprach Sprecher Ewald Schmeer (Foto: bub).Karlsbrunn. Die Vorwürfe, die Karlsbrunner Nachbarn gegen die Einrichtungen des Saarforst-Landesbetriebs auf der einstigen Tagesanlage Warndt erheben, empfinden Saarforst-Vertreter als ungerechtfertigt. Lärm? Gewiss, die Maschine, die Baumstämme zu Hackschnitzeln schreddert, sei recht laut. Aber sie laufe höchstens 30 Tage im Jahr und dann nur tagsüber, kein Vergleich zum Dauerschall des früheren Bergwerksbetriebs. Und man arbeite ja auch längst an Schallschutz-Lösungen (siehe Bericht auf Seite C 1).Ansonsten, so argumentieren die Saarforst-Leute, bringe ihre Arbeit dem Warndt enormen Nutzen. Thomas Steinmetz, Leiter des Holzverkaufs, erinnert daran, dass in der Region 5000 Hektar Wald naturnah bewirtschaftet werden - umweltfreundliche Holzproduktion und grüne Erholungslandschaft. Und er weist aufs Evonik-Biomassekraftwerk nebenan, das ebenfalls hohen Öko-Ansprüchen genügt: "Das gäbe es ohne Saarforst im ganzen Saarland nicht", sagt er. Hubertus Lehnhausen, Leiter der Immobilienabteilung, betont, speziell Karlsbrunn habe durch Saarforst profitiert. Er lässt das letzte Jahrzehnt Revue passieren: Im Jahr 2000 habe der Forst-Regionalbetrieb Süd im Jagdschloss, "einem eigentlich aufgegebenen Standort", seinen Sitz bezogen. Der denkmalgeschützte Bau wurde renoviert, der Forstgarten angelegt, auch mit Blick auf künftigen Tourismus. Wander- und Radwege wurden angelegt, "mit Karlsbrunn im Zentrum". Auch bei Umstruktrierungen seien Forst-Dienststellen am Standort geblieben, "um Gemeinnutz daraus zu ziehen". Und bei der Umnutzung der Bergwerksbrache - für erneuerbare Energien, ganz im Sinne der Warndt-Bürgerwerkstatt 2004 - habe Saarforst eine Vorreiterrolle übernommen. Auch mit Investitionen - "ich kenne keinen Ort im Saarland, der so viel abgekriegt hätte wie Karlsbrunn", lautet sein Resümee. Meinung

Nur kühler Kopf bringt weiter

Von SZ-Redakteurin Doris Döpke Was ist bloß mit den Karlsbrunnern los? Dass sie die Pläne für die Neunutzung des Warndt-Bergwerksgeländes kritisch prüfen, ist gut und richtig. Aber wie weit sie dabei übers Ziel hinausschießen, lässt sich schwer verstehen. Selbst den Radlader, der den Holzschnitzelbunker des Biomassekraftwerks füllt, haben einige für zu laut befunden; dabei ist an der Wohnbebauung von ihm höchstens ein sachtes Brummen zu hören. Dennoch ist die Stimmung auf dem Siedepunkt. Angeheizt durch einen eigenartigen Mix aus Emotionen und - nicht offengelegten - privaten und/ oder politischen Interessen. Wollen die Karlsbrunner sich ganz verabschieden von Industrie? Das wäre fatal. Landwirtschaft hat sich in der Vergangenheit als unprofitabel erwiesen; nicht zufällig arbeitet im Ort kein Bauer mehr, die Böden geben wenig her. Tourismus taugt nur als wirtschaftliches Spiel- und nicht als Standbein, denn die Reize der Region haben Grenzen. Bei der Warndt-Zukunftswerkstatt 2004 haben die Bürger selbst die Weichen gestellt in Richtung erneuerbare Energie - Industrie, die Menschen und Umwelt schont und Brücken schlägt zur regionalen Tradition. Dafür hat sich nun ein Investor gefunden. Ihrer Zukunft zuliebe sollten die Karlsbrunner kühlen Kopf bewahren und den Glücksfall nutzen.

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