Kolumne für St. Ingbert Glasfaser – so schnell wie kompliziert

Die Frage, ob in St. Ingbert der geplante Aufbau eines Glasfaserkabel-Netzes gelingt, bleibt ebenso offen wie spannend. Und es gibt durchaus Gründe, mit einer Entscheidungshilfe für die Bürger eher vorsichtig zu sein.

Kolumne von Manfred Schetting zu Glasfaser in St. Ingbert
Foto: Robby Lorenz

Die Idee des Unternehmens Deutsche Glasfaser, in Kooperation mit der Stadt in St. Ingbert flächendeckend für schnelles Internet zu sorgen, geht jetzt in die heiße Phase. Das geringe Interesse an einem Infoabend zum Glasfaserausbau in Oberwürzbach zeigte, das Projekt hängt eher an einem seidenen Faden. Und auch das Balkendiagramm zur Netzbündelung in ganz St. Ingbert auf der Homepage des Unternehmens stand zum Ende der Woche bei gerade einmal 17 Prozent . Bis zu den 40 Prozent, die in St. Ingbert bis zum 7. Mai erreicht werden sollen, um den Glasfaserausbau in der Mittelstadt wirtschaftlich umzusetzen, klafft also eine große Lücke. Dass sich die Nachfrage der Bürger und Unternehmen nach dem Angebot noch in Grenzen hält, kann aber auch bedeuten, dass es etliche Unentschlossene gibt, die noch überlegen, ob sie derzeit überhaupt schnellstmögliches Internet brauchen. Und die Reaktionen einiger unser Leser zeigen: Es wird gerade jetzt nach mehr eindeutiger Entscheidungshilfe gesucht.

Die wird zum einen bei den Preisen für die Glasfaser-Nutzung gewünscht, die schon im vergangen Herbst in unserer Zeitung zu lesen waren und noch immer auf der Homepage der Deutschen Glasfaser nachzulesen sind. Ist das vergleichsweise günstig, angemessen oder überteuert? Das ist objektiv schwer zu sagen. Es gibt nur einen Anbieter und keinen Konkurrenten, der in St. Ingbert das gleiche bietet. Und es wird für einen Telekommunikationsvertrag geworben. Mit allem, was an Kleingedruckten dazu gehört. Ein kostenloser Hausanschluss, Neukunden-Tarif im ersten und deutlicher Steigerung der monatlichen Nutzungsgebühr im zweiten Vertragsjahr, Bonusrechnungen je nach Tarifdetails. Was sich da wann lohnt, muss jeder einzelne Kunde bewerten. Ebenso wie die Frage, ob er einen bestehenden und womöglich zufriedenstellenden Vertrag mit einem anderen Anbieter aufgeben will.

Ein zweiter Wunsch bei der Entscheidungshilfe fordert mehr Transparenz bei den technischen Details. Aber auch hier stellen sich nur weitere, individuell zu beantwortende Fragen: Womit wird das Angebot verglichen, wie viel Internet-Speed kann die vorhandene oder noch anzuschaffende Hardware in einem Kundenhaushalt jetzt oder in nächster Zukunft nutzen? Zudem muss jeder Endkunde für sich entscheiden, für wie zukunftsfähig er das Glasfaserkabel hält. Ist man ohne diesen Schritt schon bald benachteiligt und abgehängt oder wartet man auf den nächsten Temposchub im Internet? Und es gibt noch die Grundsatzfrage: Bin ich als privater Nutzer bereit, eine Infrastruktur mitzufinazieren, von der zunächst einmal vor allem die Betriebe in den Gewerbegebieten oder Bildungseinrichtungen in meiner Stadt profitieren werden?

Bleiben die 40 Prozent. Was passiert, wenn die angestrebte Zahl von Glasfaser-Kunden verfehlt wird? Hier lohnt sich der Blick ins Saarland, wo Glasfaserkabel überall ein Thema sind. Einige Kommunen haben die nötige Zahl der Anschlusswilligen erreicht, der Ausbau läuft wie geplant. Andere haben das Ziel verfehlt. Mit unterschiedlichen Konsequenzen: Komplettes Ende der Ausbaupläne, eine Verlängerung der Aquirierungsfrist oder neue Ausbaupläne durch ein anderes Unternehmen. All das gab es schon in saarländischen Gemeinden. Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich, und der Redakteur drückt sich vor einer klaren Antwort. Es ist kompliziert mit dem Glasfaser. Aber wie bei allen Zukunftsfragen zugleich besonders spannend.

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