Jubiläum „Gottes Burg und Bergmanns Stollen“

St. Ingbert · Mit einem festlichen Hochamt wurde am Sonntag der 90. Geburtstag der Hildegardskirche gefeiert. Sie ist nicht nur ein Gotteshaus, sondern ebenso ein wertvolles Stück Kultur.

 Der Festgottesdienst war der erste Teil der Feierlichkeiten zum 90.Geburtstag der Hildegardskirche.

Der Festgottesdienst war der erste Teil der Feierlichkeiten zum 90.Geburtstag der Hildegardskirche.

Foto: Cornelia Jung

„Hier kommen seit 90 Jahren Menschen zusammen um zu beten und ihre Sorgen anzuvertrauen“, sagte Pfarrer Daniel Zamilski über die Kirche. Deren runder Geburtstag wurde am vergangenen Sonntag mit einem Festgottesdienst begangen. Trotz ihrer Bedeutung als Gotteshaus sei es aber eben auch „nur“ ein Gebäude aus Stein. Aber eins, das lebe. Verantwortlich dafür seien die Menschen in der Pfarrei. „Immer wieder habe ich gesehen, dass es Orte braucht, die den Menschen wichtig sind“, sagte auch Diakon Holger Weberbauer. Solch ein Ort des Glaubens ist die Hildegardskirche.

Sie sei eine „Burg Gottes“, die „mit einem Finger, dem Turm, auf jenen zeigt, auf den es ankommt. Ein Ort, an dem man in Verbindung tritt mit Gott“. Hier spreche Gott mit der Gemeinde, an dem Platz, wo Menschen getauft wurden, zur Kommunion gingen, geheiratet haben oder der Verstorbenen gedachten. Die Kirche könne ebenso ein Haus sein, in das man sich zurückziehen könne, in dem man beschützt und geborgen ist. „Wir dürfen da aber nicht drin bleiben, weder wir als pastorale Mitarbeiter noch Sie als Gemeindemitglieder“, wandte sich der Diakon an diese, „wir müssen die Botschaft Jesus draußen erzählen, gerade in den Stürmen dieser Zeit. Auch wenn wir manchmal Kritik einstecken.“

Doch die Hildegardskirche ist nicht nur ein Ort des Gebets und der laut Weberbauer „engelsgleichen“ Musik, für die beim Hochamt der „Chorklang Caecilia“, die Singschule und das Bläserensemble sorgten. Sie ist nämlich trotz ihrer Größe auch ein architektonisches Kleinod, wie Delf Slotta sagte. Der Regierungs-Direktor, studierte Geograph und ausgezeichneter Kenner der Landeskunde und Industriekultur-Landschaft muss es wissen, denn er ist regelmäßig in dieser Kirche zu Gast. So ist die Kirche Schlusspunkt einiger seiner Exkursionen im Rahmen der Reihe „Kirchen in der Industriekultur“. Bröckelnder Putz, der schlechte Zustand der Orgel und fehlende Gelder für die Renovierung seien nicht schönzureden und trotzdem sei die Kirche ein saarländisches Highlight. Von Berufs wegen habe er sich mit dem Bergbau beschäftigt und die 90-jährige Kirche „oben auf dem Hügel“ sei eine typische Bergbaukirche.

 Delf Slotta referierte über die besondere Architektur des sakralen Bauwerkes.

Delf Slotta referierte über die besondere Architektur des sakralen Bauwerkes.

Foto: Cornelia Jung

Und St.Hildegard sogar eine „par excellence“. Ihr Inneres erinnere mit den dem deutschen Türstock nachempfundenen Streben an Untertage. Im Vortrag bettete er das Gebäude in den historischen Kontext ein und stellte so ihre Entstehungsgeschichte vor. „Viele Menschen, die wegen der Industrialisierung und wegen des Bergbaus herkamen, brauchten auch viele Kirchen“, so Slotta. 1917 habe die Kirchenverwaltung deren Bau beschlossen und erst zehn Jahre später wurde die tatsächliche Errichtung verkündet. Bereits 364 Tage nach Grundsteinlegung sei die Kirche geweiht worden. Ein Gebäude „aus einem Guss“ von Architekt Albert Boßlet, beeinflusst vom Bauhaus und deshalb „funktional, modern und ohne Schnickschnack“. Alle Formen dieser „St. Ingberter Stadtkrone“ würden sich aus der Notwendig- und Zweckmäßigkeit ergeben und bildeten ein Pendant zum Beckerturm. Mit St. Hildegard, dem Bau, der Spannung zwischen Tradition und Moderne erzeuge, habe man bewusst einen Kontrapunkt zur Josefskirche setzen wollen. Es sei zum Zeitpunkt der Einweihung mutig gewesen, ein solches Gotteshaus zu bauen. Der wuchtige Turm trägt heute fünf Glocken mit fast 10000 Kilogramm Gewicht. Deren Konzert bildete dann auch den Abschluss der Geburtstagsfeier dieses besonderen „Zelt Gottes“.

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