Finanzhilfe von außen erforderlich

Gersheim · Aus eigener Kraft ist der Lückenschluss zur Haushaltskonsolidierung in der Gemeinde Gersheim nicht mehr möglich. So lautet das Ergebnis der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, wo allenthalben Tristesse die Szenerie beherrschte.

 Viel Verwaltungsarbeit, aber kaum Gestaltungsmöglichkeiten hat Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck, hier vor dem großen Sitzungssaal im Rathaus. Foto: Wolfgang Degott

Viel Verwaltungsarbeit, aber kaum Gestaltungsmöglichkeiten hat Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck, hier vor dem großen Sitzungssaal im Rathaus. Foto: Wolfgang Degott

Foto: Wolfgang Degott

Der Gemeinderat Gersheim hat in seiner jüngsten Sitzung den Haushalt 2015 verabschiedet. Zuvor waren Steuern- und Gebührenerhöhungen beschlossen worden. Trotzdem wird in diesem Jahr auch investiert (wir berichteten). Bürgermeister Alexander Rubeck (CDU ) hatte in seiner Haushaltsrede darauf hingewiesen, dass das Gutachten "Kommunalfinanzen im Saarland" von Professor Martin Junkernheinrich die Finanzlage der saarländischen Städte und Gemeinden schonungslos aufzeige. Demnach gehöre Gersheim zu den neun Kommunen in der Kategorie C 4, die aus eigener Kraft den Lückenschluss zur Haushaltskonsolidierung nicht mehr schaffen können. Die Erhöhungen von Steuern und Gebühren und Ausgabenkürzungen berücksichtige auch in Gersheim die im Gutachten hervorgehobenen, im Bundesvergleich unterdurchschnittlichen Steuer- und Gebührensätze der saarländischen Kommunen.

Weniger als 10 000 Einwohner

Für die CDU hatte Fraktionschef Jürgen Wack betont, dass ohne Konsolidierungshilfen von Bund und Land der Gersheimer Haushalt nicht zu sanieren sei. Verschlimmert werde die Lage noch dadurch, dass Gersheim zu den vier Gemeinden gehöre mit weniger als 10 000 Einwohnern. Das bedeute, dass der demografische Wandel die Perspektiven der Gemeinde noch zusätzlich verschlechtern werde. "Wir müssen uns wieder lokale Handlungsspielräume eröffnen, sonst sind wir in Kürze handlungsunfähig. Alle finanziellen Entscheidungen trifft dann ein Sparkommissar", so Wack. Man müsse die zunehmende Entkoppelung der Ausgaben von den Einnahmen stoppen. Alles müsse hinterfragt werden. In der kommunalen Zusammenarbeit sei man schon einen Schritt weiter. Das Standesamt wurde mit Mandelbachtal und Blieskastel zusammengelegt, weitere Kooperationen seien in den Überlegungen. Um die Einnahmesituation der Gemeinde zu verbessern, seien die Erhöhung der Steuern und Hallennutzungs- und Friedhofsgebühren unerlässlich. "Eine Liste von Maßnahmen, die ganz gewiss niemandem Spaß macht, die aber ohne Alternative ist", so CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Wack.

Für die SPD hatte Fraktionschefin Christine Streichert-Clivot erklärt, dass Gersheim hinter Saarbrücken auf Platz zwei der Pro-Kopf-Verschuldung stehe. Ein solidarisches Miteinander der Bliestalkommunen sei wichtig, mache aber "den Patienten auch nicht gesünder, wenn noch zwei kranke Patienten mit aufs Zimmer kommen". Das Lamento von Bürgermeister Rubeck zu der stark gestiegenen Kreisumlage konterte die SPD-Frontfrau mit ihrer Aussage, dass Gersheim immer noch eine Empfängergemeinde sei, die vom Kreis unterstützt werde. Allein 530 000 Euro seien im vergangenen Jahr in die Gemeinschaftsschule geflossen. Der größte Anteil fließe in soziale Transferleistungen im Bereich der Grundsicherung mit 1,4 Millionen Euro.

"Politische Show"

Angesichts der Fülle von Leistungen, die Gersheim erhalte, seien die Angriffe der Verwaltung auf den Kreis "politische Show". Streichert-Clivot betonte, dass das Walsheimer Freibad auf der Kippe stehe. Mit der Aufnahme des Freibades in den Haushaltssanierungsplan für das Jahr 2018 seien die Tage des Bades gezählt. Die SPD fordere die Gemeindeverwaltung auf, über die Einnahmesituation in regelmäßigen Abständen zu berichten und frühzeitig im Vorfeld der kommenden Haushaltsberatungen die Ratsseite mit einzubeziehen, was in diesem Jahr nicht ausreichend geschehen sei. Derzeit sehe die SPD keine Gestaltung, "sondern geringstenfalls noch eine Verwaltung der Haushaltsmisere ". Mario Fontana hatte für die Linke von einem "Ausverkauf der Gemeinde" gesprochen.

Meinung:

Der Letzte knipst's Licht aus

Von SZ-RedakteurJoachim Schickert

Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben: Über dem Himmel der Gemeinde Gersheim hängen tiefschwarze Wolken, die Folge von tiefroten Zahlen. Die Gemeinde ist überfordert, nach Saarbrücken auf Platz zwei der Pro-Kopf-Verschuldung. Die Kommune kann nur noch verwaltet, in geringem Maße gestaltet werden. Ernste Gesichter sah man deshalb auch im Gemeinderat, als es um den Haushalt ging. Triste Atmosphäre angesichts der Notlage, wenn nicht bald Hilfe von außen kommt. Lediglich die Anmerkung von SPD-Chefin Christine Streichert-Clivot, statt im Hamsterrad der Sanierungsvorschläge mitzulaufen, hätte dem Bürgermeister auch die Haltung des gallischen Dorfbürgermeisters nicht zuletzt aufgrund der hohen Frankreichkompetenz in der Gemeinde Gersheim gut zu Gesicht gestanden, brachte einen Anflug von Heiterkeit. Die Gemeinde kämpft (noch) um die Eigenständigkeit und Überlebensfähigkeit, auch wenn derzeit kein Licht am Ende des Tunnels zu erblicken ist. Für Gersheim mit 6600 Einwohnern ist klar: Bei der Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs muss die Situation der Saar-Kommunen gewichtet werden. Dann muss das Geld ohne Abstriche den Kommunen zufließen. Wenn keine effektive Hilfe in Sicht ist, sind wohl mittelfristig weitere Steuererhöhungen, die Schließung des Freibads und weitere Grausamkeiten nicht zu vermeiden. Dann kann in Gersheim bald der Letzte das Licht ausknipsen.

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