Es begann am letzten Tag des 19. Jahrhunderts

Medelsheim. Die Augen funkeln, die Sätze sprudeln nur so heraus - Erna Maria Folz-Philipp ist in ihrem Element. Im schmucken Wohnzimmer ihres Hauses erzählt sie Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck und der Medelsheimer Ortsvorsteherin Imelda Frenzel von ihrer Mutter Berta

Medelsheim. Die Augen funkeln, die Sätze sprudeln nur so heraus - Erna Maria Folz-Philipp ist in ihrem Element. Im schmucken Wohnzimmer ihres Hauses erzählt sie Gersheims Bürgermeister Alexander Rubeck und der Medelsheimer Ortsvorsteherin Imelda Frenzel von ihrer Mutter Berta. Deren Leben hat sie niedergeschrieben, in Buchform gegossen, und wie gut ihre Familie die Geschichte aufgenommen hat, die das Leben ihrer Mutter Berta erzählt. Gesprochen wird von einem außergewöhnlichen, mitunter tragischen Leben, das am letzten Tag des 19. Jahrhunderts in der Parr begann und sich viele Jahre auf dem Drehbrunner-Hof zwischen Medelsheim und Niedergailbach abspielte - zuerst als Magd und später als Bäuerin.Die 78-jährige Wahl-Medelsheimerin, die 1992 zusammen mit Ehemann Werner Philipp ein Haus in Medelsheim baute und in den Ort der Jugendjahre ihre Mutter umzog, erzählt, dass ihre Mutter lange darüber geschwiegen hatte, was sie im tiefsten Inneren bewegt hat. Das Buch, das sie vor zehn Jahren in einer Kleinstauflage, nur für Familienglieder und den engeren Freundeskreis bestimmt, herausbrachte, ist voll von Erlebnissen. Der Leser erfährt, von einer unerfüllten Liebe Bertas mit dem Notariatsgehilfen Peter aus Riesweiler, dessen Makel es war, evangelisch und damit für die katholischen Engelberts nicht akzeptabel zu sein.

Viel Arbeit im Sommer

Der Vater beendet die Zweisamkeit, verdingt Berta als Magd auf den großen Hof, wo schon Folze Schorsch ein Auge auf das bildhübsche Mädchen geworfen hat. Karg im Winter, arbeitsreich im Sommer, als sie bis zu 15 Tagelöhner verpflegen musste, gestaltet sich ihr Leben, in dem der Herbst für die lebenslustige Abwechslungen sorgt. Ausgelassen werden die Kirmes- und Erntedankfeste in den umliegenden Dörfern gefeiert, und Berta kann für Stunden in das vitale Leben der Bauerndörfer eintauchen. Einfühlsam und fesselnd erzählt die Autorin von der Ehe ihrer Mutter mit dem 15 Jahre älteren Ehemann Schorsch, der in seiner großen Liebe sein ganzes Vermögen für die "neue Gutsherrin wider Willen" opfert, mit ihr den Hof sogar aufgibt und nach Hanweiler zieht. Auch beschreibt sie die Jahre der beiden Weltkriege, in denen Berta ihre beiden Brüder verlor. Was danach kam war Flucht, Hunger sowie der Verlust von Hab und Gut. Im Prolog des 286 Seiten umfassenden Paperback-Bandes, den die Autorin mit Hilfe ihres Sohnes Lutz jetzt neu auflegte, ist nachzulesen, dass Berta, die in den letzten vier Jahren ihres Lebens bei ihrer Tochter lebte, während vier Stunden eine "Lebensbeichte" ablegte. Herausgekommen ist ein Dokument saarländischer Heimatgeschichte, spannend und bewegend erzählt. Bis 1939 biografisch aufbereitet, wechselt die Hobby-Schriftstellerin mit dem Kriegsbeginn in die autobiografische Form und erzählt damit ihr eigenes Leben.

Das Buch kostet 19,90 Euro und ist bei der Autorin in Medelsheim, Im Allmend 9, beim Kulturamt der Gemeinde Gersheim im Rathaus, Telefon (06843) 8 01 46, aber auch bei Amazon.de erhältlich.

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