Geologen haben Spannendes zu berichten Als der Höcherberg noch Feuer spuckte

Bexbach · Geologen haben im Saarpfalz-Kreis im Laufe der Jahre Spannendes entdeckt. Eine Geschichte über Vulkane, Wüsten, Urwälder und mehr.

 Geotop mit Sand vom Homburger Schlossberg auf dem Bliesbergerhof: Die Sanddüne in Limbach ist Naturschutzgebiet und bietet seltenen Pflanzenarten Lebensraum.

Geotop mit Sand vom Homburger Schlossberg auf dem Bliesbergerhof: Die Sanddüne in Limbach ist Naturschutzgebiet und bietet seltenen Pflanzenarten Lebensraum.

Foto: Martin Baus

Der Höcherberg ein Feuer und Lava speiender Vulkan, an dessen Abhängen gigantische Farne und riesige Schachtelhalme undurchdringlichen Urwald bilden? Die Region zwischen Homburg, Kirkel und St. Ingbert eine sandige Wüste, über die heiße Winde fegen und große Wanderdünen auftürmen? Der Bliesgau überdeckt von einem flachen Meer, in dem es vor Muscheln, Austern und sonstigem Getier nur so wimmelt?

Was sich ausnimmt wie die Kulisse für einen verfilmten Fantasy-Roman, ist gar nicht so weit hergeholt – alles schon mal dagewesen, sagen die Fachleute für die Erdgeschichte, die Geologen. Es war halt alles nicht gleichzeitig da, sondern zeitlich versetzt voneinander. Und es ist alles schon ziemlich lange her, dass die erwähnten Zustände herrschten, mehr oder weniger Abermillionen von Jahren sozusagen. An Menschen, Säugetiere oder Vögel war da bei Weitem noch nicht zu denken, allenfalls Amphibien und Reptilien, Fische und Insekten gab es, als die bis heute vorherrschenden geologischen Verhältnisse sich heranbildeten. Im Saarpfalz-Kreis sind es vornehmlich der Buntsandstein im nördlichen Teil und der Muschelkalk im Süden, die als natürliche Gegebenheiten seit Menschengedenken Alltag und Leben bestimmen. Während der Blies-„Gau‟ schon mit seinem Namen darauf hinweist, dass es sich um eine fruchtbare Gegend handelt, bilden die sandigen, felsigen Böden im Raum Homburg eine denkbar schlechte Grundlage für die Landbewirtschaftung. Abgesehen von der über Jahrtausende üblichen Nutzung der natürlichen Wälder und der Verwendung des Gesteins zur Errichtung von Bauwerken, sollte die wichtigste Funktion des Buntsandsteins nicht vergessen werden: Diese geologische Formation, die sich vor ungefähr 200 Millionen Jahren ausbildete, ist ein hervorragender Grundwasserspeicher und hält qualitativ hochwertiges Trinkwasser in großen Mengen vor.

Die ältesten, von Natur aus sichtbaren Gesteine des Saarpfalz-Kreises finden sich zwischen Oberbexbach und Frankenholz unweit der Steinberghütte im Bereich der Gemarkung „Steinerner Mann‟. Dabei handelt es sich um sogenannten „Arkosesandstein‟, der besonders reich an Feldspat-Mineralen ist und der vor zirka 300 bis 250 Millionen gebildet wurde. „Arkose ist ein Sedimentgestein detritischer Klassifikation, deren Herkunft sowohl im Meer- als auch Süßwasserbereich begründet sein kann‟, wird die Entstehung der Schicht in einem geologischen Handbuch beschrieben. Will heißen: Das Gestein am Südhang des Höcherbergs ist zurückzuführen auf fließende oder strömende Gewässer, die mitgeführtes Material zermalmten oder zerrieben. Lage für Lage setzte sich dann übereinander ab, das aufeinander getürmte Gewicht führte durch immensen Druck zur Bildung fester Felsen. In Augenschein zu nehmen ist der Arkosesandstein in einem Steinbruch im beschriebenen Bereich in Oberbexbach.

Aber noch älteres Gestein findet sich am Höcherberg: Wenn es keinen Kohlenbergbau in den Gruben Bexbach, Frankenholz oder Höchen gegeben hätte, wäre davon allerdings nichts zu sehen. Denn als vor mehr als 100 Jahren das schwarze Gold Hochkonjunktur hatte, wurden auch „Berge‟ aus der Tiefe zu Tage gefördert, das sogenannte „taube‟ Gestein, das von der wertvollen Kohle getrennt wurde. Dieses unbrauchbare Material wurde zu „Halden‟ aufgetürmt – Bergehalden eben. Derlei erkennbar unnatürlich wirkende Aufschüttungen finden sich etwa in Bexbach am Blumengarten (von der Grube Frankenholz herrührend), zwischen Frankenholz und Höchen (von der Anlage Schacht 3 stammend) und im Wald von Höchen als Zeugnisse der Grube Nordfeld. Vor etwa 320 Millionen entstanden, ist eine schwarz-graue Farbe kennzeichnend für dieses Material. Die Farbgebung stammt von der Kohle, mit der die Berge abgebaut wurden und von der nicht unerhebliche Reste noch darin enthalten sind. Wer sich für Versteinerungen, Fossilien also, interessiert, der ist auf den Bexbacher Bergehalden an der richtigen Adresse – versteinerte Pflanzenreste und – abdrücke lassen sich entdecken, insbesondere Farne.

Und noch ein besonderes „Geotop‟, quasi ein erdgeschichtliches Naturdenkmal, hat die Stadt Bexbach zu bieten: den monumentalen „Melaphyrbruch‟ im Folloch. Es handelt sich hier am Rand des Feilbachs um die Hinterlassenschaft vulkanischer Ergüsse, die vor etwa 250 Millionen Jahren aus dem Höcherberg schossen und flossen. Bezeichnet wird der hier eins abgebaute Hartstein auch als „Kuselit‟, was auf die großen Vorkommen in der Umgebung der westpfälzischen Stadt Kusel hinweist. Die „Rammelsbacher Pflastersteine‟, die dort in großem Stil abgebaut bzw. bearbeitet werden, sind bis heute Sinnbild für eine gelungene Sanierung von Altstadt- oder von Dorfkernen. Das geologische Zeitalter, in dem der höchste Berg der Saarpfalz (518 Meter) Feuer und Magma spie, wird als „Rotliegendes‟ bezeichnet – in früheren Zeiten war sogar von „rotem totem Liegenden‟ die Rede.

Auf das Rotliegende folgt der Buntsandstein, der seiner vielfältigen Farbgebung wegen so heißt – das Spektrum reicht von weiß über gelb und orange bis hin zu dunkelrot oder braun. Die enthaltenen Eisenoxide, wenn man so will also Rost, sind für die Kolorierung verantwortlich. Im nördlichen Saarpfalz-Kreis fällt der bunte Sandstein in unterschiedlichen Festigkeiten ins Auge, und so manche Attraktion hat als von Wind und Regen besonders bizarr modellierte Figur besondere Reize: Der Stiefel in St. Ingbert ist ein gutes Beispiel dafür. Der auf einem recht schmalen „Stiel‟ stehende Felstisch wurde durch die Kräfte der Erosion in seine heutige Form gebracht. Die unteren, weichen Sandsteinschichten wurden stärker abgetragen als die festeren, massigen Schichten darüber, die zudem durch Kieselsäure härter sind. Auch der Felsenpfad im Kirkeler Wald ist ein Beispiel dafür, wie die Launen der Natur malerische Effekte zeitigen können. Die beiden genannten Sehenswürdigkeiten gehören übrigens der „Karlstalfelszone‟ an, einer bis zu 100 Meter „dicken‟ Gesteinsschicht, die nach der gleichnamigen Schlucht im Pfälzer Wald bei Trippstadt benannt ist. Diese wird wiederum dem Mittleren Buntstandstein zugerechnet, der bis zu 245 Millionen Jahre alt ist. Die härteren Schichten des Sandsteines wurden abgebaut und zu allerhand Bauzwecken verwendet. Steinbrüche als imposante Zeugnisse dieser Nutzung gibt es auf dem Homburger Schlossberg oberhalb der Lagerstraße oder in Kirkel-Neuhäusel am Westhang des Hirschbergs zu entdecken. Während diese Relikte recht beeindruckende Ausmaße haben, gibt es in nahezu jedem Ort auch kleinere Brüche, deren Steine lokal Verwendung fanden. Abgebaut wird nach wie vor Sand, und zwar oberirdisch in Gruben – in Bexbach etwa zwischen Rothmühle und Haseler Mühle oder in Lautzkirchen, wo schon seit 1927 Sand abgebaggert wird. Passé ist hingegen die unterirdische Gewinnung, für welche die Schlossberghöhlen in Homburg oder die Schlangenhöhle in Schwarzenacker gute Beispiele sind. Das über Jahrhunderte hinweg gewonnene Material, auch „Silbersand‟ genannt, wurde zum Scheuern und Polieren, als Abstreu und nicht zuletzt zur Glasherstellung verwendet. Dabei handelte es sich um den Sand einstiger Dünen. 1000 Jahre brauchte es, bis ein Zentimeter der Schicht gebildet war. Oberirdische Dünen gibt es noch in Homburg am Friedhof unweit des Käshofer Sträßchens sowie in Limbach auf dem Bliesbergerhof. Die „Sanddüne‟ dort, die als Naturschutzgebiet firmiert und auf der sehr seltene Pflanzen zuhause sind, wurde übrigens vom Homburger Schlossberg herüber geweht, wie Wissenschaftler nachgewiesen haben. Reichlich Ostwind dürfte dafür nötig gewesen sein. Manchmal bilden sich im Buntsandstein auch von selbst Höhlen oder wenigstens Klüfte – der Eichertsfels in Oberwürzbach oder „die Wolfsfels‟ in Lautzkirchen stehen dafür exemplarisch.

Mit dem Buntsandstein beginnt übrigens das Erdmittelalter: Dieses „Mesozoikum‟ währte rund 160 Millionen Jahre lang, und die erste Phase bezeichnen Geologen als „Trias‟, in der auf den Buntsandstein der Muschelkalk folgte. In Blickweiler lässt sich dieser Übergang in Augenschein nehmen. Rötliche Sandsteine einerseits und gelblicher Tonmergel andererseits treffen dort in einer Sandgrube aufeinander. Es spezielle Erscheinung sind kalkige Kugeln, die von Sand und Eisenerz bänderartig durchzogen sind. Für Fossilienfreunde ist der Bliesgau ein dankbares Sondierungsrevier, allerhand Versteinerungen lassen sich in den unterschiedlichen Schichten entdecken. Hoch im Kurs stehen die Ammoniten aus dem Oberen Muschelkalk, der in Gersheim im Bereich des Kalkwerks gebrochen wurde. Bei diesen schneckenförmigen „Ammonshörnern‟ handelt es sich um versteinerte Kopffüßer, die weltweit über einen Zeitraum von 340 Millionen Jahre nachgewiesen sind und von denen es unvorstellbar viele Ausprägungen gab. Die Kirche in Herbitzheim hat in ihrer Bauform einen solchen Kopffüßer zum Vorbild. Am Sommerberg in Bliesmengen-Bolchen gab der Boden, als dort noch Kalksteine abgebaut wurden, die Stielglieder von Seelilien frei. Die Formation des Unteren Muschelkalks hat dann auch tatsächlich auch Muscheln zu bieten, zum Beispiel unterhalb der Steige in Niedergailbach. Auf Brudermannsfeld in Bebelsheim haben sich sogar Austernbänke aus jener Zeit erhalten, in welcher der Bliesgau von einem Meer bedeckt war. Es handelt sich um kugelige Bruchstücke eines Riffs der Auster „Placunopsis‟.

Vielfältig genutzt wurde der Kalk des Bliesgaus einst, vor allem der Einsatz in der Eisenverhüttung machte Kalk zu einem begehrten Rohstoff. Besagtes Gersheimer Kalkwerk, 1895 gegründet, ist nur eines von vielen Beispielen. Am Kalbenberg zwischen Wolfersheim und Ballweiler fand der Abbau ebenso im großen Stil statt wie auf dem Hanickel bei Rubenheim, und heute lässt der noch betriebene Steinbruch bei Rubenheim Einblicke in die Erdgeschichte zu. Keine Rolle spielen mehr die Gipsvorkommen, die vielerorts in den Kalk eingelagert sind. Gips wurde nach seiner Gewinnung gemahlen und als Dünger verwendet – in Altheim beispielsweise zeugen tiefe Gruben in der Landschaft von dieser Art Rohstoffgewinnung, auch in Breitfurt und Ormesheim wurde das Material abgebaut.

 In der „Schlangenhöhle‟ in Schwarzenacker wurde einst feiner Sand abgebaut, der auch für die Glasherstellung benutzt wurde. Die Rinne auf dem Boden zeugt davon, dass das abgebaute Material auf Karren nach draußen gezogen wurde.

In der „Schlangenhöhle‟ in Schwarzenacker wurde einst feiner Sand abgebaut, der auch für die Glasherstellung benutzt wurde. Die Rinne auf dem Boden zeugt davon, dass das abgebaute Material auf Karren nach draußen gezogen wurde.

Foto: Martin Baus
 In Rubenheim, rechterhand der Straße nach Erfweiler-Ehlingen, wird noch in größerem Stil Kalkstein abgebaut. Die meisten Kalkbrüche sind aber längst aufgegeben und der Natur überlassen.

In Rubenheim, rechterhand der Straße nach Erfweiler-Ehlingen, wird noch in größerem Stil Kalkstein abgebaut. Die meisten Kalkbrüche sind aber längst aufgegeben und der Natur überlassen.

Foto: Martin Baus
 Der „Stiefel‟ in St. Ingbert ist eine besondere Attraktion und Ausflugsziel der Region: Regen und Wind gaben dem Buntsandsteinfelsen seine bizarre Gestalt – im Laufe von Jahrtausenden.

Der „Stiefel‟ in St. Ingbert ist eine besondere Attraktion und Ausflugsziel der Region: Regen und Wind gaben dem Buntsandsteinfelsen seine bizarre Gestalt – im Laufe von Jahrtausenden.

Foto: Martin Baus
 In Bebelsheim haben sich Austernbänke aus jener Zeit erhalten, in welcher der Bliesgau von einem Meer bedeckt war. Bei den kugeligen Bruchstücken am „Brudermannskreuz‟, hier versehen mit Hinterlassenschaften von Pilgern, handelt sich um Bruchstücke eines Riffs.

In Bebelsheim haben sich Austernbänke aus jener Zeit erhalten, in welcher der Bliesgau von einem Meer bedeckt war. Bei den kugeligen Bruchstücken am „Brudermannskreuz‟, hier versehen mit Hinterlassenschaften von Pilgern, handelt sich um Bruchstücke eines Riffs.

Foto: Martin Baus
 Aus der Zeit, als der Höcherberg noch Feuer spie: Im Feilbachtal findet sich ein monumentaler Steinbruch, in dem „Melaphyr‟ abgebaut wurde. Das Material wurde auch für Pflastersteine verwendet.

Aus der Zeit, als der Höcherberg noch Feuer spie: Im Feilbachtal findet sich ein monumentaler Steinbruch, in dem „Melaphyr‟ abgebaut wurde. Das Material wurde auch für Pflastersteine verwendet.

Foto: Martin Baus

Und wer wissen will, wie Erdgeschichte quasi in Echtzeit funktioniert, der hat am Duppstein in Walsheim ein gutes Anschauungsobjekt. Dieser Felsblock in der Ortstraverse entstand durch Quellwasser, das viel Kalk enthielt und der sich im Laufe der letzten 10 000 Jahre dann zum „Duppstein‟ verfestigte – eine Art Tropfstein wenn man so will. Das junge Geotop ist allerdings nur noch in Teilen vorhanden – weil er dem Autoverkehr im Wege war, wurde ein gutes Stück des Geotops beseitigt. Beim Raulenstein in Wattweiler und der nur schwer zugänglichen Stein gewordenen Kalkgestein in der Duppklamm südlich von Mimbach handelt es sich um die gleichen geologischen Phänomene. Letzteres beschrieb der Mimbacher Chronist Karl Stucky als „Tropfsteinhöhle, aber nur für Zwerge gemacht‟.

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