„Hauptsach gudd gess“ Galaktisch gudd gess

Gronig/Blieskastel · Welche Saar-Spezialität nimmt Astronaut Matthias Maurer mit ins All? Auch zwei Blieskasteler Lokale kochen um die Wette.

„Hauptsach gudd gess“ — wie das im Weltraum funktionieren kann, zeigt dieses Kunstwerk von Michael Loch. Der       bemalte Stein gehört zur              Gruppe Happy Stones                  WND.

„Hauptsach gudd gess“ — wie das im Weltraum funktionieren kann, zeigt dieses Kunstwerk von Michael Loch. Der      bemalte Stein gehört zur             Gruppe Happy Stones                 WND.

Foto: Michael Loch

Gegen eine der wichtigsten Saarland-Regeln will Matthias Maurer auch im Weltraum nicht verstoßen. „Hauptsach gudd gess“ – gilt für ihn nicht nur auf der Erde, sondern ebenso auf der Internationalen Raumstation (ISS). Damit der Groniger Astronaut dort oben kulinarisch in den höchsten Sphären schweben kann, möchte er Verpflegung aus seiner Heimat mitnehmen. Allerdings gibt es ein Problem: Schwenken ist in der Schwerelosigkeit unmöglich. Es muss eine andere Lösung her. Und hier kommen nun die Gastronomen der Genussregion Saarland ins Spiel. „Sie können für mich ein Menü zusammenstellen, das ich mit zur ISS nehmen werde“, verrät Maurer. Fernab von Dibbelabbes und Lyoner solle dieses eigens kreierte Gericht die gute Küche und das moderne Saarland widerspiegeln. „Ich finde, es gibt in der Region sehr viel gutes Essen. Das wird nach außen ein bisschen unterbewertet und das möchte ich mit dieser Aktion korrigieren“, erläutert der 50-Jährige.

Um ihm seinen Wunsch zu erfüllen, haben die Europäische Weltraumorganisation (Esa), die Tourismuszentrale Saarland, der Airline-Catering-Spezialist LSG Group und der Saarländische Rundfunk (SR) einen Wettbewerb gestartet. Sie suchen das perfekte Weltraum-Dinner, bestehend aus Haupt- und Nachspeise. Zehn Gastronomen aus der Region (siehe Infobox) haben die Kochlöffel in den Ring geworfen. Sie möchten Teil von Maurers Mission werden. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Zunächst einmal müssen die Teilnehmer die Saarländer von ihren Kreationen überzeugen. In kurzen Filmbeiträgen stellen sie sich und ihre Sterne-Küche vor. Zu sehen gibt es die Videos auf der Webseite www.urlaub.saarland/maurermenue. Dort können Internetnutzer bis zum 7. November ihren Favoriten wählen. Während der Abstimmungsphase bieten die Gastronomen die jeweiligen Gerichte auch auf ihren Speisekarten an. So können sich Feinschmecker höchstpersönlich von der Qualität des Maurer-Menüs überzeugen. Die drei bestbewerteten Gerichte müssen schließlich noch vor einer fünfköpfigen Jury (siehe Infobox) bestehen. Deren Mitglieder verkosten die Speisen in einer Fernsehshow, die am 21. November ab 18.15 Uhr im SR ausgestrahlt wird.

Danach verwandeln Mitarbeiter der LSG Group das Sieger-Dinner in sogenanntes Space Food – sprich in Nahrung, die den extremen Bedingungen der Schwerelosigkeit standhält. „Vom Erhalt des Rezepts bis zum laborgeprüften Produkt benötigen sie mindestens 18 Wochen“, informiert die Esa. Da Maurer voraussichtlich im letzten Quartal 2021 zu seiner ersten Mission aufbrechen wird, dränge die Zeit. Um rechtzeitig an Bord zu gelangen, müssten die Rezepte bereits im November 2020 feststehen. Gleich im Anschluss beginne die Produktion. Im Frühjahr würden die Dosen ihre Reise nach Houston antreten. Von dort gehe es weiter nach Cape Canaveral und anschließend zur ISS. In rund 400 Kilometern Höhe wird sich Maurer über die kulinarischen Spezialitäten aus der Heimat freuen. „Ich darf vorher nichts davon probieren. Das soll eine Überraschung sein“, erklärt er.

Eine Überraschung, die sich der Astronaut auf keinen Fall selbst verderben möchte. Um die Gastronomen nicht zu beeinflussen, bleibt sein saarländisches Leibgericht ein Geheimnis. Nur so viel: Bei Heimatbesuchen freue er sich auf das gute Essen von Mama. „Sie kocht hauptsächlich mit Produkten aus dem Garten“, verrät Maurer. Oft gebe es Gemüse oder Salat als Beilage. „Das schmeckt unglaublich gut und ist nicht vergleichbar mit den Produkten, die man im Supermarkt kaufen kann.“

Während zu Hause also frische Kost auf den Teller kommt, stehen im Weltraum vor allem Lebensmittel auf dem Speiseplan, die mindestens zwei bis drei Jahre haltbar sind. Aber Maurer betont: „Die Nahrung, die wir auf der ISS bekommen, ist hervorragend.“ Die Zeiten, in denen sich hungrige Raumfahrer aus Tuben ernährt und trockene Riegel runter gewürgt haben, sind längst vorbei. Schon vor dem Flug dürfen sie eine Reihe verschiedener Speisen ausgiebig testen. Maurer hat dabei das russische Weltraumessen für sich entdeckt. Das schmecke „unglaublich lecker“. Um einen möglichst vielfältigen Speiseplan zusammenzustellen, möchte er aber auch noch Gerichte aus Europa und Japan ins Versorgungsschiff packen. Weitaus komplizierter ist hingegen die Getränke-Wahl. „Eine Alternative zu gutem Kaffee zu finden, hat für mich oberste Priorität“, erzählt der Astronaut.

Etwa 3000 Kalorien soll er auf der ISS pro Tag zu sich nehmen. Der Körper benötigt die Energie, um die anstrengende Forschungsarbeit und das tägliche Sportprogramm zu meistern. Allerdings sind nicht alle Lebensmittel für den Verzehr im All geeignet. Was krümelt, ist beispielsweise tabu. Schließlich könnten kleine Brocken davonschweben und technische Geräte in der ISS beschädigen. Gleiches gilt für Soßen und Suppen. Die müssen zu einem dicken Brei verarbeitet werden, damit sich keine Tröpfchen lösen können. Weil der Geschmackssinn in der Schwerelosigkeit nachlässt, muss Weltraumkost stärker gewürzt werden. „Da aber nur wenig Salz verwendet werden sollte, kann intensiverer Geschmack durch den verstärkten Einsatz von Kräutern erzielt werden“, heißt es in einem speziellen Leitfaden der Europäischen Weltraumorganisation.

Doch wie bereiten sich Astronauten in ihrer galaktischen Küche die Mahlzeiten überhaupt zu? Meist wird dem Essen die Flüssigkeit entzogen. Möchten sich Raumfahrer einen Snack wärmen, müssen sie dem Gericht nur heißes Wasser hinzufügen. Viele Speisen werden aber auch in Dosen gefüllt, die je zirka 200 Gramm wiegen dürfen. „Im Weltraum essen wir direkt aus den Plastiktüten oder Metalldosen“, sagt Maurer. Das sei optisch nicht gerade ansprechend. Umso wichtiger ist daher der Geschmack – auch, weil die Nahrungsaufnahme fernab der Erde eine willkommene Abwechslung bietet. Sie fördere somit nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das geistige Wohlbefinden. „Astronauten, die bereits geflogen sind, haben mir erzählt, dass das Essen im Weltraum eine deutlich höhere Bedeutung hat als auf dem Boden“, berichtet Maurer. Es sei auf der ISS ganz wichtig für die Motivation und den Teamgeist.

 Bei seinen Heimatbesuchen in Gronig freut sich Matthias Maurer besonders auf das gute Essen seiner Mama. Im kommenden Jahr wird der Astronaut darauf jedoch für eine Weile verzichten müssen. Denn voraussichtlich im letzten Quartal wird er zur ISS abheben.

Bei seinen Heimatbesuchen in Gronig freut sich Matthias Maurer besonders auf das gute Essen seiner Mama. Im kommenden Jahr wird der Astronaut darauf jedoch für eine Weile verzichten müssen. Denn voraussichtlich im letzten Quartal wird er zur ISS abheben.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Oft würden sich die Bewohner der Raumstation zum Essen verabreden. „Mal laden uns die russischen Kosmonauten in ihr Modul ein und teilen ihre Speisen mit uns. Mal umgekehrt“, erzählt der Groniger. Dadurch werde die Beziehung zu anderen Besatzungsmitgliedern gestärkt und die Moral an Bord verbessert. Außerdem sei es eine Möglichkeit, die unterschiedlichen Kulturen kennenzulernen. Deshalb habe er sich auch gewünscht, etwas aus seiner Heimat mitzunehmen: „An einem Feiertag möchte ich das saarländische Menü mit meinen Weltraumfreunden teilen und es gemeinsam mit ihnen genießen.“

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