Roth: Große Koalition nur bei "Politikwechsel"

DGB-Chef Eugen Roth fordert mit Blick auf die Sondierungsgespräche über die Bildung einer großen Koalition einen "Politikwechsel". Nötig sei insbesondere ein "echtes" Tariftreue-Gesetz zum Schutz vor Lohndrückerei, um den "Billiglohnsektor" im Land einzudämmen, sagte Roth. Das von Jamaika verabschiedete Gesetz enthalte zu viele Schlupflöcher

DGB-Chef Eugen Roth fordert mit Blick auf die Sondierungsgespräche über die Bildung einer großen Koalition einen "Politikwechsel". Nötig sei insbesondere ein "echtes" Tariftreue-Gesetz zum Schutz vor Lohndrückerei, um den "Billiglohnsektor" im Land einzudämmen, sagte Roth. Das von Jamaika verabschiedete Gesetz enthalte zu viele Schlupflöcher.Es fehle eine allgemeine Lohnuntergrenze, wie sie in anderen Bundesländern bereits Praxis sei. Diese müsse bei 8,50 Euro festgesetzt werden. Das derzeitige Tariftreue-Gesetz sei auch deshalb mangelhaft, weil es im Verkehrsgewerbe durch Tarifverträge mit "Scheingewerkschaften" unterlaufen werden könne. Nötig sei zudem eine effektive Kontrolle des Gesetzes durch eine Kommission nach Hamburger Vorbild.

Notwendig sei ferner eine Bundesratsinitiative für einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und zur Begrenzung der Leiharbeit. Hier muss laut Roth künftig der Grundsatz gelten: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit."

In der Industriepolitik schlug er die Errichtung eines "Forschungszentrums Stahl" vor, um eine enge Kooperation der Saar-Hochschulen mit der Stahlbranche zu initiieren. Die Wirtschaftsförderung müsse transparenter werden. Man müsse die Fördermittel treffsicherer verwenden und ihren Einsatz an Arbeitsplatz-Zusagen binden.

Es gehe zudem nicht an, dass die Technologieberatungsstelle BEST bei der Arbeitskammer, die eine hervorragende Arbeit mache, von Fördermitteln ausgeschlossen werde, während arbeitgebernahe Einrichtungen massiv gefördert würden. Roth forderte darüber hinaus eine gesetzliche Erleichterung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen.

Er stellte klar, dass der DGB einen drastischen Personalabbau im öffentlichen Dienst zwecks Umsetzung der Schuldenbremse nicht mittragen werde. Die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst müsse durch eine Reform des Personalvertretungsgesetzes gestärkt werden. Private Unternehmen, die gewerkschaftliche Betätigung nicht zulassen, seien von der Wirtschaftsförderung auszuschließen. Bei Investitions-Entscheidungen müsse "für die Belegschaften über ihre Betriebsräte und Aufsichtsratsmitglieder ein Mitspracherecht sichergestellt werden". Außerdem müsse man "endlich mit der Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben Ernst machen".

Nicht zuletzt benötige das Saarland "mehr echte Ganztags- und Gemeinschaftsschulen ohne die Aufteilung der Schüler in vermeintlich gute und schlechte Schüler". In der Bildung bestehe die Herausforderung ferner darin, trotz Schuldenbremse den kostenfreien Zugang zu frühkindlicher, qualifizierter Bildung in den Kindergärten zu ermöglichen.

Arbeitnehmer sollten mehr Möglichkeiten erhalten, sich für Weiterbildungszwecke von der Arbeit freistellen zu lassen. Die von der alten CDU-Alleinregierung durchgesetzte Gesetzesänderung, mit der die Anspruchsdauer von fünf auf drei Tage im Jahr verkürzt und zudem daran gebunden wurde, dass der Arbeitnehmer im gleichen Umfang weitere arbeitsfreie Zeit für die Weiterbildungsveranstaltung opfert, müsse wieder kassiert werden.

Die "rabiaten Kürzungen" des Bundes bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik müssten zumindest teilweise durch Landesmittel für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor kompensiert werden, so Roth. Es könne nicht sein, dass die Schuldenbremse "zu Lasten der Schwächsten" gehe, nämlich zu Lasten derer, die am Arbeitsmarkt die geringsten Vermittlungschancen haben.Foto: Oliver Dietze

"Wir müssen den Billiglohnsektor eindämmen."

DGB-Chef Eugen Roth

Auf einen Blick

Vor dem ersten Sondierungsgespräch zwischen CDU und SPD an diesem Sonntag haben beide Parteien ihre Verhandlungskommissionen benannt. Sie setzen sich wie folgt zusammen:

CDU: Annegret Kramp-Karrenbauer (Ministerpräsidentin und CDU-Landesvorsitzende), Klaus Meiser (CDU-Fraktionschef), Andreas Storm (Chef der Staatskanzlei), Peter Jacoby (Finanzminister), Stephan Toscani (Innenminister), Monika Bachmann (Sozialministerin), Roland Theis (Generalsekretär)

SPD: Heiko Maas (SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzender) Charlotte Britz (Saarbrücker Oberbürgermeisterin und stellvertretende SPD-Landesvorsitzende), Reinhold Jost (Generalsekretär), Anke Rehlinger, Ulrich Commerçon (beide stellvertretende Fraktionsvorsitzende), Cornelia Hoffmann-Bethscheider (Landrätin des Landkreises Neunkirchen und stellvertretende SPD-Landesvorsitzende), Stefan Pauluhn (Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion) red

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