Nun sollen den Worten endlich Taten folgen

Lockweiler · Ihren Stuhl vor der Staffelei macht Ayse an diesem Morgen niemand streitig. Während die schnuckelige Maus in dem Malerkittelchen den Pinsel über das Papier tanzen lässt, kneten Lena, Hendrik, Jonas und all die anderen lustige Figürchen.

 Schön gelegen im Grünen ist die Kita Lockweiler. Aber drinnen sieht es an vielen Stellen ziemlich übel aus. An manchen Wänden blüht der Schimmel – die Zustände sind inzwischen untragbar geworden. Fotos: rup

Schön gelegen im Grünen ist die Kita Lockweiler. Aber drinnen sieht es an vielen Stellen ziemlich übel aus. An manchen Wänden blüht der Schimmel – die Zustände sind inzwischen untragbar geworden. Fotos: rup

 Elternsprecherin Miriam Klein-Bauer

Elternsprecherin Miriam Klein-Bauer

 Fördervereinsvorsitzender Patrick Reiter

Fördervereinsvorsitzender Patrick Reiter

 Kindergartenleiterin Ruth Marmitt

Kindergartenleiterin Ruth Marmitt

 Die Kinder haben ihren Spaß. Doch die Idylle trügt.

Die Kinder haben ihren Spaß. Doch die Idylle trügt.

 Dringend sanierungsbedürftig sind die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte in Lockweiler - wie hier der Heizungsraum.

Dringend sanierungsbedürftig sind die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte in Lockweiler - wie hier der Heizungsraum.

Hin und wieder statten Taylor, Collin, Victoria, Fabian oder Andrej den Schützlingen im Kunstraum einen Besuch ab. Doch die Idylle in der Kita von Lockweiler trügt. Das Gebäude, Anfang der 60er Jahre hochgezogen, ist zu eng und marode. "Der Haken, an den ich meinen Anorak vor mehr als 20 Jahren gehängt habe, ist noch der gleiche", sagt Miriam Klein-Bauer, Vorsitzende des Kindergartenausschusses. "Nichts hat sich verändert." Mehr als die Einrichtung der Marke Antik stören die Eltern die baulichen Mängel. Eine Fluchttür würden die Schützlinge der Kita und ihre Erzieherinnen im Notfall vergebens suchen.

Schimmel wächst an Wänden, wie Eltern klagen, etwas in der Turnhalle oder im Bereich des Eingangs. Seit einer Überschwemmung im Juni hat sich im Keller Salpeter breitgemacht - inklusive des modrigen Gestanks, beschweren sich die Eltern. "Wenn es kräftig regnet, sind die Wände im Keller immer feucht", weiß Hans Josef Ott, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates. Den Antrag für einen Neubau hatten die Verantwortlichen nach seiner Darstellung 2007 gestellt. Auf den 30 000 Euro Planungskosten wird die Kirchengemeinde wohl sitzen bleiben - Geld, das sie dringend braucht, wie Hans Josef Ott sagt. "Die Heizung in der Kirche ist defekt." Wegen dieser Ausgaben kann die Heizung nach seiner Darstellung erst mal nicht repariert werden.

"Vor gut acht Jahren wurde uns ein Neubau versprochen", sagt Kita-Leiterin Ruth Marmitt. Damals war nach ihren Worten der neu eingerichteten Kita Abhilfe zugesagt worden. "Doch bei den Ankündigungen ist es bislang geblieben", ergänzt Patrick Reiter, Vorsitzender des Fördervereins. Vieles haben Reiter und seine Mitstreiter vom Förderverein im Laufe der Zeit notdürftig ausgebessert - wie den Quetschschutz an den Türen. "Wir haben immer damit gerechnet, dass neu gebaut wird, daher wurde alles nur behelfsmäßig repariert. Es wäre ja Quatsch, wenn wir Geld für eine Renovierung ausgeben würden und wenige Wochen später neu gebaut wird", sagen Miriam Reiter und Thomas Michels.

Allmählich geht es den Eltern gegen den Strich, dass sie über Jahre mit einem schlechten Provisorium abgespeist werden. "Die Betreuung durch das Team ist klasse, der Zustand des Gebäudes eine Katastrophe", klagen die Eltern. "Einen Bewilligungsbescheid haben wir seit September vergangenen Jahres. Seitdem ist nichts passiert", meint Patrick Reiter enttäuscht. Verschaukelt fühlen sie sich nach ihrer Darstellung außerdem, da eine Stelle der anderen die Schuld für die Verzögerung zuweist: Ohne Zuschuss von der Stadt Wadern, dem Kreis und dem Land läuft nichts. Und die Drei scheinen aufeinander zu warten. Jetzt haben die Eltern die Ministerpräsidentin eingeschaltet. In einem Brief an die Landesmutter schildern sie nach Worten von Miriam Klein-Bauer den jämmerlichen Zustand der Kita und die Odyssee durch die Ämter und die Vertröstungen.

"Ich will aber endlich einen neuen Kindergarten", bringt der fünfjährige Fabian den Wunsch seiner Freunde, von Erzieherinnen und Eltern auf den Punkt.Dass der Neubau der Kindertageseinrichtung in Lockweiler nicht vorangetrieben werden kann, hängt leider an der Landesregierung", sagt Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich auf SZ-Anfrage. Das Ministerium hat nach ihren Worten mitgeteilt, dass alle Maßnahmen im Kreis vorrangig gefördert werden, die einen vorzeitigen Baubeginn haben. "Hierzu zählt Lockweiler leider nicht."

Kreistag für Neubau

Die ursprünglich geplante qualitative Verbesserung durch weitere Kita- und Krippenplätze sowie Funktionsräume mache aufgrund des schlechten Bauzustandes und wegen zu hoher Kosten wirtschaftlich keinen Sinn. "Stattdessen soll neu gebaut werden. Eine Mitfinanzierung des Neubaus durch den Landkreis haben wir zugesagt. Der Kreistag wurde über die entsprechenden Mehrkosten informiert und hat zugestimmt. "

Wegen der Verzögerungen bei Bewilligungen von anstehenden Baumaßnahmen hat es nach Darstellung von Schlegel-Friedrich im Juni ein Gespräch mit dem Ministerium für Bildung und Kultur und dem Kreisjugendamt gegeben. "Auch wir warten auf grünes Licht der Landesregierung, damit wir unseren Teil der Förderung leisten können."

Die Notwendigkeit, für die Schützlinge der Kita in Lockweiler eine neue Bleibe hochzuziehen, sieht das Bildungsministerium gegeben. Doch es wartet nach seiner Darstellung auf grünes Licht aus dem Waderner Rathaus. So heißt es auf SZ-Anfrage: "Bei der Maßnahme in Wadern-Lockweiler handelt es sich um einen Ersatzneubau am Standort der bestehenden Einrichtung." Bei Gesamtkosten von rund 1 550 000 Euro werden zehn Krippenplätze neu geschaffen und 50 bestehende Kindergartenplätze qualitativ verbessert. Das eingeschossige Kita-Gebäude wurde um 1960 errichtet und sollte nach ursprünglicher Planung erweitert und umgebaut werden. Bei einem Ortstermin im April 2012 wurde festgestellt, dass ein Ersatzneubau an gleicher Stelle die wirtschaftlich sinnvolle Lösung darstellt. Die baufachliche Prüfung des Ersatzneubaus mit Kostenfestsetzung ist erfolgt."

Die Katholische Kirchengemeinde St. Martin Lockweiler als Bauträger sowie die Zuschussgeber, der Landkreis Merzig-Wadern und Stadt Wadern, sind nach Darstellung des Ministeriums im September vergangenen Jahres um ihr Einverständnis zur Kostenfestsetzung beziehungsweise um ihre Finanzierungszusage gebeten worden. "Allerdings hat die Stadt Wadern die Finanzierungszusage bisher nicht erteilt und auch keine entsprechenden Mittel in den Doppelhaushalt 2013/2014 eingestellt. "Das Saarland wird den Krippenausbau nach Mitteilung des Bildungsministeriums weiter finanziell unterstützen." Als Kriterien, damit Geld fließt, nennt die zukünftige Landesförderung örtlichen Bedarf und Wirtschaftlichkeit der Maßnahme. "Dazu ist geplant, die vorliegenden Anträge, denen bisher keine konkrete Förderung in Aussicht gestellt werden konnte, im Rahmen eines neuen Landesprogramms auf ihre Förderfähigkeit hin zu prüfen."

Eine Förderung dieser Maßnahmen ist nach Darstellung des Ministeriums allerdings frühestens im Jahr 2014 nach Schaffung der haushaltsrechtlichen und damit finanziellen Voraussetzungen möglich. "Eine endgültige Entscheidung über die Förderung der Maßnahme in dem Waderner Stadtteil Lockweiler ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich", heißt es aus dem Ministerium weiter. Im Waderner Rathaus verweist man die Verantwortung auf die Katholische Kirchengemeinde, die Bauträgerin ist, sowie auf Kreis und Land. "Die Kita Lockweiler ist in katholischer Trägerschaft." Die Stadt ist nach Worten der Verwaltung gegebenenfalls Zuschussgeberin. Daher könne man zu dem aktuellen Stand keine Angaben machen. "Die Stadt Wadern war in der Vergangenheit mit der Angelegenheit befasst. Nach unseren Informationen ist die Angelegenheit auf Eis gelegt", heißt es in der Stellungnahme weiter. Die Begründung: "Nach Infos des Kreisjugendamtes und des Ministeriums für Bildung und Kultur werden zurzeit die gültigen Förderkriterien des Landes nicht erfüllt. Nähere Angaben können hierzu sicherlich die beiden Behörden machen." Es sind die kurzen Wege, für die Saarländer bei Lösungen von Problemen bekannt sind. Doch die Route vom Waderner Rathaus über das Landratsamt in Merzig bis Saarbrücken oder umgekehrt scheint verdammt lang. Vielleicht liegt es daran, dass die Nordsaarlandstraße noch nicht gebaut ist, und so mancher den beschwerlichen Weg in den Hochwald oder in die Landeshauptstadt meidet.

Aber Scherz beiseite: Doch daran darf es nicht scheitern, dass den Lockweilern seit Jahren der notwendige Bau einer Kindertagesstätte verwehrt bleibt. Moderne Telefone haben Konferenzschaltungen. Die können bei solch dringenden Dingen durchaus genutzt werden. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Statt sich Ausflüchte einfallen zu lassen und die Schuld bei anderen zu suchen, sollten sich die Verantwortlichen aus dem Waderner Rathaus, dem Bildungsministerium und dem Kreis der Sache wegen zusammenraufen und sich endlich auf einen Neubau verständigen. Kluge Sonntagsreden über Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen die Schützlinge der Kita nicht. Sie brauchen Taten und eine neue Kindertagesstätte.

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