Rühr-Marathon für in Not geratene Familien

Schiffweiler. Der Platz vor der Kirche Sankt Martin war drei Tage lang erfüllt von einem Duft aus Karamell, Anis, Zimt und Holzfeuer. In drei großen Kupferkesseln brodelte es kräftig, im Vierten wurden die Gläser mit heißem Wasser ausgekocht und auf das Füllen mit frischem Laxem vorbereitet

Schiffweiler. Der Platz vor der Kirche Sankt Martin war drei Tage lang erfüllt von einem Duft aus Karamell, Anis, Zimt und Holzfeuer. In drei großen Kupferkesseln brodelte es kräftig, im Vierten wurden die Gläser mit heißem Wasser ausgekocht und auf das Füllen mit frischem Laxem vorbereitet. Männer und Frauen der Schiffweiler-Dorfgemeinschaft standen beim vierten Laxem-Kochen stundenlang an den Kesseln und rührten kräftig so lange das Zwetschgenmus, bis Abschmecker Detlev Zägel mit einem leichten Nicken signalisierte: Der Kessel ist fertig. Das konnte gut und gerne zwölf Stunden dauern und Ausdauer war gefragt. "Ausdauer, die bei vielen jungen Menschen heute leider fehlt" wie Hans-Hermann Schulz feststellte. "Mit dem Smartphone kann man leider kein Laxem kochen", schmunzelt er und erzählt sich mit seinem "Rühr-Kumpel" Frank Freynhofer Witze, die so manche Pflaume noch nachträglich im Kessel rot werden ließ.1,3 Tonnen Zwetschgen aus dem Großhandel, 130 Kilo Zucker, Gewürze und das eine oder andere Gläschen "Quetscheschnaps" wurden insgesamt verarbeitet um den leckeren Brotaufstrich herzustellen. Doch das Laxem kochen bei bestem Spätsommerwetter war mehr. Es war ein kleines Volksfest rund um die Pfarrkirche. Insgesamt drei Tage lang wurde entkernt, gerührt, abgeschmeckt und abgefüllt. Und auch gelehrt, denn Heimatforscher Guido Jung erzählte den Kleinen aus der Grundschule und dem Kindergarten die Geschichte und Geschichten rund um das zur damaligen Zeitso wichtige Nahrungsmittel Laxem, das in jedem Haus zu finden war.

"Die Kinder waren ganz begeistert von dem Brotaufstrich, der mal nicht nach Nussnougat schmeckte", berichtet Pfarrerin Wiltrud Bauer. Am Samstagmittag gab es dann noch einen Kessel mit "Briebohnesupp" von den Schiffweiler-Hobbyköchen und Quetschekuche. Musik gab es auch: Dass die Arbeit beim Entkernen nicht langweilig wurde, dafür sorgte Rudi Karch mit seinem Akkordeon. Die Gruppe Grazy spielte am Freitagabend launige Musik unter der großen Linde auf dem Kirchplatz.

Wenn die Kessel gefüllt waren, das Feuer brannte, war auch Zeit zum "sproche". Schon bei der mühseligen Arbeit des "Entkernens" herrschte ausgelassene Stimmung, wie Ortsvorsteher Winfried Dietz berichtete. Er und seine Mitstreiter sind nach dem Rührmarathon auch ganz schön müde, aber sichtlich stolz auf das tolle Ergebnis.

Die Bilanz nach drei Tagen harter Arbeit: 860 verkaufte Gläser mit Laxem und 150 Gläser, die noch auf ihren Abnehmer warten. Die können noch in verschiedenen Schiffweiler Geschäften gekauft werden. So steht der Brotaufstrich noch in der Metzgerei Maas, bei Getränke Bechtel und den Kleingärtnern Schiffweiler zum Verkauf in den Regalen. Für fünf Euro erhält man einen traditionsreichen Brotaufstrich und tut auch noch was Gutes. Der Erlös aus dem Verkauf fließt ganz in den "Laxemfonds", aus dem Familien, die unverschuldet in Not geraten sind, unbürokratisch geholfen wird. ard

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