SZ-Interview Sie wollen den Menschen nah bleiben

Kohlhof · Wie die Seelsorge für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter in der Klinik Kohlhof auf das Corona-Virus reagiert.

 Die Klinikseelsorgerinnen Britt Goedeking (links) und Martina Paulus.

Die Klinikseelsorgerinnen Britt Goedeking (links) und Martina Paulus.

Foto: Astrid Oertel/Marienhausklinikum

Pastoralreferentin Martina Paulus, im Dienst Bistum Trier, und Pfarrerin Britt Goedeking, im Dienst evangelischer Kirchenkreis Saar, bilden das Seelsorge-Team am Marienkrankenhaus St. Josef Kohlhof. Die Klinikseelsorgerinnen sind Ansprechpartner für Patienten, Angehörige und Mitarbeiter.

Wie verändert sich in dieser Corona-Krisenzeit Ihre Arbeit organisatorisch?

Paulus: Meine Seelsorgearbeit in der Klinik war immer eine zugehende Seelsorge. Jetzt gehe ich eher auf direkte Anfrage zu den Patienten. Dadurch finden weniger Kontakte statt. Vor allem, weil ich auch durch das Besuchsverbot fast keine Angehörigen mehr erleben kann. Schwieriger wird unsere Arbeit auch durch die Schutz- und Abstandsmaßnahmen. Ein Gespräch mit Mund-Nasen-Schutz ist nicht nur anstrengender, es fehlt auch eine wichtige Komponente der Kommunikation. Mimik und Gestik sind ja sehr eingeschränkt.

Goedeking: Wir beide haben unsere Dienstzeiten noch weiter abgestimmt. Bis auf Sonntag ist jeden Tag immer eine von uns im Haus. Wir können natürlich nicht mehr die Zimmer einfach so aufsuchen. Aber Patienten und Angehörige sind schriftlich informiert, dass sie uns immer erreichen können. Mit den Mitarbeitern sind wir ja immer im Gespräch. Wir selbst besprechen uns telefonisch, sind aber auch einmal die Woche gemeinsam hier, begegnen uns dabei in gebotenem Abstand. Wir haben auch die „Seelenzeit“ eingeführt“, ein Impuls, der in den Patientenzimmern zu empfangen ist.

Was ändert sich inhaltlich?

Paulus: Die Themen im Gespräch mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen haben sich verändert. Sie sind derzeit teilweise in großer Anspannung. Sie müssen sich auf neue Situationen, neue Stationen und Teamzusammensetzungen einstellen und teilweise auch auf drohende Kurzarbeit, was gerade im Gesundheitssektor überrascht und verunsichert.

Goedeking: Die Teamstrukturen auf den Stationen haben sich verändert, Teamsitzungen finden in verkleinerter Runde statt. Ich höre in Gesprächen mit Mitarbeitern, sie haben Angst, da droht noch Schlimmeres, die Welle kommt noch. Für Patienten ist die Situation auch belastend. Ihre Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, man kann ja nicht einfach überall rumlaufen. Besuche sind eingeschränkt. Das heißt, auch einsam im Zimmer sein.

Spüren Sie Verunsicherung bei Patienten oder Angehörigen, Corona drängt anderes in den Hintergrund?

Paulus: Die Behandlungen, die stattfinden können und müssen, werden sicherlich auf gleichem hohen fachlichem Niveau gewährleistet. Die Verunsicherung wegen einer möglichen Ansteckung begleitet aber die Patienten und das Personal.

Goedeking: Es gibt viel Verständnis. Für die Menschen hier wird gesorgt, mit allem, was möglich ist. Auch Besuche bei Schwerkranken, bei Sterbenden werden möglich gemacht im Rahmen der Sicherheitsvorschriften.

Was bedeutet diese Krisenzeit für Ihr Selbstverständnis als Klinikseelsorgerinnen?

Paulus: Diese Zeit zeigt mir nochmals mehr, wie wichtig Präsenz ist. Ansprache und Zuspruch brauchen gerade unsere kranken Menschen. Gottesdienste und Rituale hatten in den letzten Jahren hier im Krankenhaus schon an Bedeutung verloren. Kleine Mut machende Impulse in der Fernsehübertragung aus unserer Kapelle wie auch als Kärtchen auf dem Essenstablett werden aber wohlwollend wahrgenommen. Das Abstandhalten widerspricht eigentlich dem seelsorgerischen Selbstverständnis, dem Menschen nahe zu kommen und zu sein, bis hin zu tröstenden Berührungen.

Goedeking: Ja, es ist für mich eine belastende Situation und sie wird auch belastender, je länger sie dauert. Dem Menschen ins Gesicht zu schauen, die Hand zu halten, das fehlt mir schon.

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