Theaterverein Spieltrieb „Es war ein Traum, der geplatzt ist“

Interview mit Sibille Sandmayer und Philipp Allar vom Theaterverein Spieltrieb zur verschobenen Welturaufführung ihres Musicals.

 Wenig Grund zum Lachen haben die Darsteller zurzeit: Keine Proben und vor allem: Die Premiere in der Gebläsehalle am 2. Mai findet nicht statt. Nun soll die Uraufführung im September in Waldmohr sein. Die Darsteller: hinten von links Philipp Allar (auch Komponist), Yannick Meisberger, Thorsten Sprengart, Rebecca Bruckmann, vorne von links Ida Jacobi, Sibille Sandmayer (auch Autorin und Vorsitzende) sowie Melanie Kamara.

Wenig Grund zum Lachen haben die Darsteller zurzeit: Keine Proben und vor allem: Die Premiere in der Gebläsehalle am 2. Mai findet nicht statt. Nun soll die Uraufführung im September in Waldmohr sein. Die Darsteller: hinten von links Philipp Allar (auch Komponist), Yannick Meisberger, Thorsten Sprengart, Rebecca Bruckmann, vorne von links Ida Jacobi, Sibille Sandmayer (auch Autorin und Vorsitzende) sowie Melanie Kamara.

Foto: Christian Schneider/Lightwork Photography by Alexander Scherer

Am 2. Mai sollte die Uraufführung sein. Dann wollte der Theaterverein Spieltrieb sein selbst geschriebenes Musical „Damals.Heute.Ewig.“ in der Neunkircher Gebläsehalle erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. Der Verein ist zwar in Waldmohr angesiedelt, seine Mitglieder sind aber in der Neunkircher und saarländischen Kulturszene wohlbekannt, durch Musical-Projekt und diverse Theatervereine. Das Interview mit Regisseurin und Autorin Sibille Sandmayer und Komponist Phillipp Allar wurde bereits vor den Ausgangsbeschränkungen, Aufführungsstopps und Probepausen geführt und jetzt aktuell ergänzt. Und übrigens: Wer bereits Karten hat, die behalten ihre Gültigkeit. Nähere Infos dazu und zu allem anderen: E-Mail: verein-spieltrieb@web.de.

Nach der geplatzten Premiere am 2. Mai, kann man jetzt nur auf die Aufführung im Herbst hoffen. Wie groß ist die Enttäuschung?

Sibille Sandmayer: Die Enttäuschung war riesig, da wir uns sehr darauf gefreut hatten, in der großen Gebläsehalle in Neunkirchen unser Stück zur Premiere zu bringen. Das war tatsächlich ein Traum für uns und vor allem für mich, der da geplatzt ist.

Proben sind zurzeit ja auch nicht möglich. Wie löst ihr das Problem?

Sandmayer: Jeder soll zu Hause seinen Text so vorbereiten, dass wir nach diesem ganzen Irrsinn proben können ohne Textbücher in der Hand. Zudem machen wir immer mal wieder Videochats, um uns auf dem Laufenden zu halten. Wenn hoffentlich bald alles vorbei ist, werden wir einen Sprung ins kalte Wasser wagen und einfach mal einen Durchlauf machen, um zu sehen, was noch da ist aus den Proben. Danach wird es einige Kompaktproben an den Wochenenden und intensive Proben unter der Woche geben, um die verlorene Zeit aufzuholen.

Mal weg vom Künstlerischen. Was bedeutet diese Verschiebung, diese Ausfälle, für einen noch so jungen Verein auch finanziell? Gibt es Sponsoren und bleiben die bei der Stange?

Sandmayer: Finanziell hatten wir großes Glück, dass wir aufgrund der außergewöhnlichen Situation keine Kosten tragen mussten. Allerdings ist zurzeit unklar, ob unsere Sponsoren noch an Bord sind. Das wird sich alles noch klären, sobald man absehen kann, wie sich alles entwickelt.

Wie sieht die weitere Planung aus?

Sandmayer: Die Premiere wird jetzt hoffentlich am 26. September in der Kulturhalle Waldmohr sein. Weitere Vorstellungen sind für den 27. September ebenfalls in Waldmohr und den 30. Oktober in der Breite 63 in Saarbrücken vorgesehen. Weitere Vorstellungen im Frühjahr 2021 sind in Planung. Die bereits gekauften Karten behalten übrigens ihre Gültigkeit.

Nun mal zum neuen Stück. Wieso ein Musical?

Sandmayer: Als ich den Verein gegründet habe, hatte ich von Anfang an in Planung, auch Musicals zu spielen und vor allem auch Stücke selbst zu schreiben und mit meinen Leuten umzusetzen. Dafür brauchte es allerdings noch drei Jahre Mut sammeln, bis ich der Meinung war, ich bin jetzt so weit, das Ganze zu stemmen.

Philipp Allar: Ich bin von Herzen aus Musiker. Schon seit ich denken kann, denke ich nur in Musik. Sobald ich etwas im Alltag erlebe, dann höre ich schon die passenden Melodien zu dieser Situation in meinem Kopf. Zudem habe ich mit Sibille die passende Ergänzung gefunden: Sie hält mir den dramaturgischen Rücken frei, damit ich mich zu 100 Prozent auf die Musik konzentrieren kann. Es gibt nichts Schöneres, als sich blind und frei in eine neue Geschichte fallen zu lassen.

Und wieso überhaupt was Selbstgeschriebenes?

Allar: Es gibt heutzutage so viele tolle Musicals von großen Produktionshäusern, aber auch von kleineren, etwas unbekannteren Schreibern und Autoren. Im Vergleich zu einem Popsong bietet mir das Schreiben eines Musicals unendliche Tiefen und Falsetten. Weg von der Schablone, hin zum mutigen Freigeist. Wir haben mit „Damals.Heute.Ewig.“ ein ganz eigenes Universum erschaffen, das all unsere Ideen und Emotionen in sich trägt, was Besseres könnte ich mir nicht vorstellen.

Wie muss man sich die Entstehung vorstellen? Hieß es da einfach: Lass uns mal ein Musical machen und los ging’s?

Allar: Wenn ich mich zurückerinnere, gab es nicht wirklich einen festen Impuls. Sibille und ich kommen beide aus der Szene, trafen uns bei der Produktion eines anderen Musicals, für das wir beide engagiert waren, und nach und nach wurde es eigentlich immer klarer: Wir wollen ein Musical schreiben. Sibille trug auch schon immer die Idee mit sich, aus der letztendlich diese Produktion auch gewachsen ist. Nach ein paar Treffen und etwas Brainstorming standen dann auch schon meine musikalischen Vorstellungen fest. Dann ging es darum, den Cast zusammenzustellen. Klar, sind wir nicht alle ausgebildete Tänzer, Schauspieler und Sänger, allerdings brennen wir gemeinsam für die Sache. Das macht das Stück und unsere Leidenschaft dafür so unbezahlbar.

Gab es also von Anfang an schon eine feste Story?

Sandmayer: Unser Musical befasst sich mit den unterschiedlichen Schicksalen von sieben Freunden, die nach zehn Jahren ein Wiedersehen feiern und nicht wissen, was in den Leben der Anderen in der Zwischenzeit passiert ist. Das Musical verbindet die Geschichte ihrer Vergangenheit (Damals), beschäftigt sich mit ihrer teilweise schwierigen Gegenwart und gibt einen Blick darauf, was einem noch bleibt (Ewig). Das Ganze ist ein Drama, das durch die wunderschöne Musik von Philipp Allar ergänzt, unterstrichen und fortgeführt wird und den Zuschauer noch intensiver in die emotionale Welt der Figuren hineinzieht. Die Rahmenhandlung wurde von mir vergeben, die Details zur Geschichte und den Rollen und einzelnen Szenen aber in den Proben mit den Darstellern entwickelt. Durch Improvisationsübungen und verschiedene Schauspieltechniken wurden die Rollen ausgefeilt, und ich konnte die Story des Musicals durch den Input der Proben weiter schreiben.

Allar: Musikalisch war es erst mal wichtig zu sehen, wie die Stimmen miteinander harmonieren. Bevor ich große Chor-Arrangements schreibe, muss ich unbedingt wissen, ob die Stimmfarben in bestimmten Konstellationen miteinander funktionieren. Nach und nach ergaben sich dann gewisse musikalische Muster und Themen, die das Musical letztendlich zu einem modernen Popmusical transformiert haben.

Wie wurde das Stück erarbeitet?

Sandmayer: Dazu habe ich ja in der vorigen Frage schon einiges gesagt. In den Proben sind wir selbst teilweise sehr aufgewühlt und es kommt auch zu emotionalen Momenten, da jeder Darsteller in seiner Rolle natürlich auch einen Teil von sich selbst eingebaut hat, um sie so authentisch spielen zu können. Wir hoffen, dass wir unser Publikum zum Lachen, aber auch zum Weinen bringen und sie berühren können.

Welchen Anteil und welchen Stellenwert nimmt die Musik ein?

Allar: Generell wäre ein Musical kein Musical, wenn die Musik fehlen würde. In diesem Fall arbeiten wir in der gesamten Produktion mit musikthematischen Zusammenhängen. Das bedeutet, dass jeder Charakter, jede Emotion, jede Handlung in ein ganz individuelles musikalisches Setting gestellt wird. Ich möchte den Zuschauer quasi an der Hand nehmen und ihn von Anfang bis Ende blind durch das Stück führen, ohne ihn zwischendrin zu verlieren. Letztendlich ist die Musik für mich der Kleber, der die ganzen Dialoge und Handlungen miteinander verknüpft und zu einer Einheit werden lässt.

An welcher Stelle fiel es denn am schwersten, Musik und Text zusammenzubringen?

Allar: Ich würde es nicht als „schwer“ bezeichnen, sondern viel mehr als „herausfordernd“. Es gibt eine Szene im Stück, die die Gedanken der Protagonisten beleuchten soll, jedoch ganz ohne Dialog, nur mit Musik. Hier war die Überlegung jedenfalls, mit musikalischen Motiven zu arbeiten, allerdings nicht individuell, sondern im Zusammenhang. Das bedeutet, dass die Brücke zwischen dem Denken (ohne Worte) und dem Verlangen nach Ausdruck (im Song) mit einer kleinen musikalischen Systematik geschlagen werden musste. Aber an dieser Stelle möchte ich nicht zu viel verraten . . .

Wie lange hat es von der Idee bis zum fertigen Musical gedauert?

Allar: Wir haben im Oktober 2018 mit der Umsetzung begonnen, also so etwa anderthalb Jahre.

Sagt mal was zum Titel.

Allar: „Damals.Heute.Ewig.“ ist eine Aneinanderreihung verschiedener Zeitpunkte, die wir alle unterschiedlich bewerten. Da hat Sibille ja eben schon ein bisschen was dazu gesagt. Für die Einen bedeutet „damals“ etwas Schönes, der Andere lebt lieber im Hier und Jetzt und würde am liebsten seine Vergangenheit vergessen. Ich finde, der Titel lässt viel Interpretationsspielraum und verrät gleichzeitig, dass es um Geschichten aus dem Leben geht, Um Geschichten, die du und ich jeden Tag erleben.

Wie viel eigene Erfahrung ist in dem Stück?

Allar: Ich denke, in dieser Produktion treffen sich viele Jahre geprägt von Expertise, Ausdauer, Vorstellungen, Wünschen, Niederlagen, Erfolgen und Leidenschaft. Der ganze Cast lebt für die Bühne, die Darstellung der Kunst und Musik.

Wie finanziert ein so junger Verein das?

Sandmayer: Die Finanzierung und die Organisation sind ein immenser Aufwand. Wir proben seit dem Spätherbst 2018, sind auf die Unterstützung von Sponsoren angewiesen und produzieren sogar eine eigene CD zum Musical. Dieses Musical soll ein Meilenstein für den Theaterverein Spieltrieb werden und deshalb wird auch ein so großer Aufwand betrieben.

Allar: Zunächst spielt das Wort „Eigenproduktion“ eine ganz große Rolle. Im wahrsten Sinne des Wortes werden Ressourcen zunächst auch mal aus dem direkten Umfeld gesammelt: Wen kenne ich, der sich mit Recordings (Tonaufnahmen) auskennt? Wen kenne ich, der von Bühnenbild und Ausleuchtung Ahnung hat? Wen kenne ich, der sich mit Live-Sound auskennt? Dann gilt es natürlich auch diese Ressourcen finanziell auszugleichen. Wir sind immer auf der Suche nach Sponsoren, die uns unterstützen. Egal ob finanziell oder in bestimmten Dienstleistungen.

Worauf freut sich das Ensemble am meisten und wovor habt ihr am meisten Angst?

Allar: Am meisten freuen wir uns natürlich auf die Premiere. Wir freuen uns darauf, dass wir den Menschen endlich unsere Vision, unsere Eigenkreation präsentieren dürfen. Wir freuen uns auf emotionale Vorstellungen und darauf, dass wir zusammen auf der Bühne stehen dürfen. Was das Thema Angst betrifft, kann ich nur für mich sprechen: Respekt habe ich vor der unvorhersehbaren Live-Situation. Es wäre nicht so toll, wenn zum Beispiel aus technischen Gründen Emotion verloren geht.

Bislang hat der Verein ja querbeet gearbeitet. Es gab eine vielumjubelte Komödie, ein sehr ernstes Stück – beide mit super Kritiken. Jetzt ein Musical. Wollt ihr weiter so breit aufgestellt bleiben?

 Die Schauspieler können auch gut gelaunt. Hier ein Foto von den Proben im Sommer 2019. Vorne von links Melanie Kamara, Ida Jacobi, Sibille Sandmayer, hinten von links Rebecca Bruckmann, Yannick Meisberger, Philipp Allar.     Foto: Hannah Cottone

Die Schauspieler können auch gut gelaunt. Hier ein Foto von den Proben im Sommer 2019. Vorne von links Melanie Kamara, Ida Jacobi, Sibille Sandmayer, hinten von links Rebecca Bruckmann, Yannick Meisberger, Philipp Allar.  Foto: Hannah Cottone

Foto: Hannah Cottone

Sandmayer: Wir wollen auch in Zukunft weitere Musicals aus eigener Feder auf die Bühne bringen, beim nächsten Mal soll auch unsere Jugendabteilung mit den Erwachsenen zusammen ein großes Stück konzipieren.

Allar: Ich glaube sogar, dass es wichtig ist, so breit aufgestellt zu sein. Je mehr man bieten kann, umso flexibler kann man auch in der Zukunft planen. Wenn ich jetzt weiß, wir haben eine gewisse Anzahl an starken Schauspielern, Sängern und Tänzern im Cast, dann kann ich auch meine Produktionen weiterhin an dieses Niveau anknüpfen und schauen, was passiert.

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