Ein Stück Integration

Neunkirchen · Im Diakonie-Klinikum sind derzeit junge Flüchtlinge als Praktikanten auf den Stationen unterwegs. Sie haben im Rahmen des Projekts Sommerschule des Landkreises zunächst zwei Wochen Sprachunterricht gehabt und schauen sich jetzt die Pflege im Krankenhaus an.

 Werner Stock

Werner Stock

Almasri geht mit zwei Wasserkästen auf dem stählernen Wagen auf Stationsrunde. Es ist 10 Uhr morgens, er hat Patienten gewaschen, Frühstück verteilt, Tische saubergemacht. Jetzt wird es für den Praktikanten etwas ruhiger auf der neurologischen Station des Diakonie-Klinikums Neunkirchen . Almasri ist 16 Jahre alt. Mit seinen beiden Brüdern ist er nach Deutschland gekommen. Die Eltern leben in Damaskus. Kontakt hat er täglich zu ihnen. Was man da so redet? Alltägliches. Wie es ihm geht, was er über den Tag gemacht hat. Almasri lächelt vage. Ja, seine Eltern sind froh, dass er die Flucht aus dem Bürgerkriegsland überstanden hat.

In der Onkologie streift sich Amir gerade blaue Einmal-Handschuhe über. Er hat es gemeinsam mit einem Freund aus Eritrea bis nach Deutschland geschafft. Der 18-Jährige wohnt in einer Wohngruppe in Wiebelskirchen. Wird er hier bleiben oder irgendwann wieder in seine Heimat zurückkehren? "Keine Ahnung", sagt er achselzuckend mit einem Lächeln, nicht ganz so scheu wie das von Almasri. Die Arbeit im Krankenhaus gefällt ihm jedenfalls. Einen Ausbildungsplatz finden, das ist nach der Schule sein Ziel. Almasri und Amir machen ein zweiwöchiges Krankenhaus-Praktikum im Rahmen des Projekts Sommerschule. Der Kreis Neunkirchen ist Initiator. Er will mit der Sommerschule die Sprach- und Integrationsförderung von jungen Flüchtlingen vorantreiben. Der Kreisbeigeordnete Karlheinz Müller sieht sich mit Tahsin Ehweich (Beschäftigungscoach), Christof Faber (Leiter Kreissozialamt) und Udo Zägel (Netzwerkbeauftragter Flüchtlingsarbeit) an diesem Dienstagmorgen an, wie das Praktikum läuft. Vier Wochen dauert das Projekt Sommerschule. In den ersten beiden Wochen haben die fast 30 jungen Leute, die daran teilnehmen, vormittags drei Stunden Deutsch gelernt am Technisch-gewerblichen Berufsbildungszentrum TGBBZ Neunkirchen . Jetzt sind die Flüchtlinge, die alle die beruflichen Neunkircher Schulen besuchen, in der praktischen Phase. Krankenhaus, Verwaltung, Baufirma, Friseurladen und Autowerkstatt haben Plätze angeboten.

 Amir macht sein Praktikum in der Onkologie.

Amir macht sein Praktikum in der Onkologie.

 Almasri lernt die Neurologie kennen. Fotos: Jasmin Alt

Almasri lernt die Neurologie kennen. Fotos: Jasmin Alt

Im Krankenhaus, sagt der stellvertretende Pflegedirektor Werner Stock, haben zehn junge Leute begonnen. Die Hälfte davon ist noch dabei. Stock: "Es ist ein Finden, ob man sich für den Beruf interessiert. Das sehen wir auch bei jedem, der ein Freiwilliges Soziales Jahr macht." Mancher junge Mann, erzählt Stock, habe zudem noch nie den nackten Unterarm einer Frau gesehen. Eine kulturelle Hürde. Mit den verbliebenen Praktikanten ist er sehr zufrieden: "Es läuft rund auf den Stationen." Während sich die Delegation auf dem Flur der Neurologie noch über die Praktikanten unterhält, klopft Almasri behutsam an die nächste Tür. Er öffnet langsam und verschwindet mit dem Wasser für die Patienten in dem Zimmer.

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