Donnerstags fällt der Mittagsschlaf aus

Kreis Neunkirchen/Wellesweiler. Donnerstags verzichten die drei Damen gern auf ihr Mittagsschläfchen. Da haben Gerlinde Bomm (77), Gisela Rucktäschel (83) und Leonie Nitschki (86) Wichtigeres zu tun. Ab 13.30 Uhr sitzen sie am runden Tisch in der Fenster-Nische der Awo-Begegnungsstätte in der Wellesweiler Bürgermeister-Regitz-Straße: "Wir trinken Kaffee, essen ein Stück Kuchen

 Zur Rommé-Runde in der Awo-Begegnungsstätte Wellesweiler trafen sich gestern wie jeden Donnerstag Gerlinde Bomm (77), Gisela Rucktäschel (83) und Leonie Nitschki (86, von links). Foto: Thomas Seeber

Zur Rommé-Runde in der Awo-Begegnungsstätte Wellesweiler trafen sich gestern wie jeden Donnerstag Gerlinde Bomm (77), Gisela Rucktäschel (83) und Leonie Nitschki (86, von links). Foto: Thomas Seeber

Kreis Neunkirchen/Wellesweiler. Donnerstags verzichten die drei Damen gern auf ihr Mittagsschläfchen. Da haben Gerlinde Bomm (77), Gisela Rucktäschel (83) und Leonie Nitschki (86) Wichtigeres zu tun. Ab 13.30 Uhr sitzen sie am runden Tisch in der Fenster-Nische der Awo-Begegnungsstätte in der Wellesweiler Bürgermeister-Regitz-Straße: "Wir trinken Kaffee, essen ein Stück Kuchen. Später vielleicht noch ein Hackschnittchen." Und bis 17.30 Uhr spielen die Drei auch Karten. Rommé. In dieser Besetzung treffen sie sich bereits seit acht Jahren jeden Donnerstagnachmittag zum "Stammtisch": "Da freuen wir uns drauf."Von B wie Basteln über K wie Kaffee und Kuchen bis T wie Tagesausflüge - vielfältig ist das Angebot der mehr als 40 Altenbegegnungsstätten im Landkreis Neunkirchen.

"Ganz nah an den Menschen"

Aber unabhängig, was die Menschen tun: "Im Mittelpunkt steht das Treffen", wie es Nicole Cayrol, Öffentlichkeitsarbeiterin beim Kreis, formuliert. Soziale Kontakte pflegen, den Alltag strukturieren, Unterhaltung haben. "Altenbegegnungsstätte lässt sich deshalb auch weniger über das Lebensalter definieren als über die Lebenssituation", sagt Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider beim Gespräch mit unserer Zeitung weiter: "Wenn man den Lebenspartner verloren hat, allein lebt, sucht man den Anschluss."

Den findet auch das Rommé-Trio bei seinem donnerstäglichen Kartenspiel. Gerlinde Bomm ist Witwe ("ich habe aber nochmal einen lieben Menschen kennen gelernt"), hat einen Sohn und eine Enkelin. Gisela Rucktäschel ist ebenfalls verwitwet, musste den Tod ihrer beiden Kinder hinnehmen, hat ein Enkelkind. Und auch Leonie Nitschki ist Witwe, hat einen bereits verstorbenen Sohn, zwei Enkelinnen und eine Urenkelin.

Die Nachfrage für Begegnungsstätten hat ein weibliches Gesicht. "90 Prozent sind Frauen, ab und zu verirrt sich auch mal ein Mann dahin", schildern Volker Schwarz und Sabine Schmidt von der Leitstelle Älter werden des Landkreises Neunkirchen. Die Angebote im Kreis seien flächendeckend, sagt Schwarz weiter: "Wir haben Angebote in allen Gemeinden, aber auch in den Ortsteilen. Angebote für Ältere müssen auch quartiersbezogen sein, ganz nah an den Menschen."

"Klar bleiben im Kopf"

Ob beim Stricken, Turnen, Backen oder Rommé - oft kommen Menschen zusammen, die sich vielleicht schon lebenslang kennen. Schwarz: "Es ist eine Generation." Wie Gisela Rucktäschel und Gerlinde Bomm. Beide kennen sich schon seit Kindertagen. Sie sind nur wenige Straßenzüge auseinander in Wellesweiler aufgewachsen.

Was man zusammen macht, hängt von den Interessen ab. Die Angebotspalette in den Begegnungsstätten wandelt sich mit der Zeit. Handarbeitskreise etwa schwinden, Bewegungsstunden nehmen zu: "Wir haben zunehmend mehr fitte ältere Menschen", stellt die Gesprächsrunde fest. "Und die Menschen tun auch was, um möglichst lange fit und damit unabhängig zu bleiben."

Rommé, sagt das Wellesweiler Damen-Trio, hält geistig fit: "Wir wollen klar bleiben im Kopf." Miese schreiben sie inzwischen nicht mehr auf. Aber die Siegerin jeder Partie bekommt ein Kreuzchen unter ihrem Namen auf dem Spielzettel. Und wer hat die meisten? Wie auf ein Kommando richten sich zwei Finger von links und rechts auf die Frau in der Mitte: Gisela Rucktäschel. Deren Erfolgsrezept: "Man muss immer aufpassen."

Auf einen Blick

Im Kreis Neunkirchen leben bei 138 600 Einwohnern rund 31 800 Menschen, die älter sind als 65 Jahre (aktuelle Zahlen der Leitstelle Älter werden). Das entspricht 23 Prozent. Nach Hochrechnungen des Statistischen Landesamts wird sich dieser Wert bis 2020 auf 26 Prozent erhöhen (126 000/32 000), bis 2030 auf 32 Prozent (115 900/38 000). cle

Hintergrund

Im Dezember hat die Landrätin wieder Zuwendungsbescheide an die Träger der Altenbegegnungsstätten im Kreis Neunkirchen übergeben. Finanzielle Unterstützung für bürgerschaftliches Engagement. Ehrenamtliche spenden Arbeitszeit. So betrugen die Öffnungszeiten im Kreis 2011 insgesamt 7789 Stunden, hat der Kreis errechnet. Pro Arbeitsstunde sind oft drei oder vier Menschen im Einsatz. So kommen an die 40 000 Jahresarbeitsstunden zusammen.

Das Angebot für die ältere Generation reicht von monatlichen Seniorentreffen bis hin zu täglich geöffneten Begegnungsstätten mit Bewegungsstunden, Gedächtnistraining, Gesprächskreisen oder Unterhaltungsnachmittagen.cle

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