Wertvolle Aufgabe, wechselvolle Geschichte

Perl · Der Musikverein und der Kirchengesangverein in Perl feiern an diesem Wochenende ein Doppeljubiläum: der MV wird 150 Jahre alt, der Gesangverein 125 Jahre.

Gemeinsam feiern nun beide Vereine ihre Jubiläen am Wochenende 10. und 11. Juni im Park von Nell in Perl. Am Samstagwird das Polizeiorchester des Saarlandes ab 20 Uhr ein Konzert geben. Im Anschluss an dieses Konzert werden "Ed Stevens Voices" Folk- und Popmusik sowie Best of Country präsentieren. Der Schirmherr der Jubiläumsveranstaltung, der Chef des Bundeskanzleramtes Peter Altmaier, hat für diesen Abend seinen Besuch in Perl angekündigt. Der Sonntag beginnt mit einer Jubiläumsmesse um 10.30 Uhr im Park von Nell, der Chor der Pfarreiengemeinschaft Perl wird diese Messe mitgestalten. Ab 12 Uhr findet dann das große Jubiläumsfest statt. Zunächst gibt's ein schmackhaftes Mittagessen: Rahmbraten "Brasil", Gemüse, Kartoffeln. Musikvereine aus der Umgebung werden zum Ehrenspielen erwartet. Ebenso werden verschiedene Tanzgruppen der Region ihr Können zeigen. Gegen 21 Uhr findet ein "Großer Zapfenstreich" unter Mitwirkung der Musikfreunde Perl/Besch, des Kirchengesangvereins "Cäcilia" Perl, der Freiwilligen Feuerwehr Perl und des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Sulzbach statt.

Die Ursprünge des Perler Musikvereins sind bemerkenswert: Im Jahre 1865 fand in Perl eine große landwirtschaftliche Ausstellung des "Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen" im Hofgut und Park von Nell statt. Die Ausstellung hatte das Ziel, den "neuen Preußen" in Perl und Umgebung moderne Methoden und Techniken des Ackerbaues und der Viehzucht zu zeigen. Ohne Musik ging eine solche "Großveranstaltung" nicht. Also besorgte Kommerzienrat Christoph von Nell, der vom preußischen König Wilhelm I. geadelt worden war, die Garnisons-Militärkapelle aus der nahen preußischen Bundes-Festung Luxemburg. Die Militärkapelle wurde bei der Bevölkerung einquartiert und spielte danach noch wochenlang in Perl und Umgebung. Dadurch auf den Geschmack der Blasmusik gekommen, gründeten die Perler Musikfreunde nur zwei Jahre später selbst eine Kapelle. Ein pensionierter Militärmusiker aus der Garnison Diedenhofen konnte als Dirigent und Ausbilder gewonnen werden und aus Spenden und Haussammlungen wurden die ersten Blasinstrumente finanziert.

Nach dem Krieg von 1870/71 spielte die Kapelle unter einem Dirigenten aus Remich. Ab dem Jahre 1908 führte Herr Marx den Dirigentenstab über eine etwa 20 Mann starke Kapelle. Marx war ein pensionierter Militärmusiker von den Dragonern in Metz, der in Perl wohnte. 1913 wurde der Verein neu organisiert, indem man erstmals einen "Vorstand" wählte, den Präsidenten Matthias Blick und Geschäftsführer Matthias Pauly. Ebenfalls in diesem Jahre wurde als "Unterabteilung" ein Karnevalsverein gegründet, der "Dekken Thommes" hieß. Dieser Karnevalsverein war bis 1933 aktiv.

Ende 1913 übernahm Johann Meuer den Verein als Dirigent und wieder 1919 nach dem ersten Weltkrieg. Präsident wurde 1919 Fritz Mörle. Johann Meurer dirigierte bereits eine 27 Mann starke Kapelle, die auch schon Uniformen und einen Fanfarenzug hatte.

Der Zweite Weltkrieg riss den Verein auseinander und forderte weitere Opfer. Nach dem Krieg war kein Instrument und kein Notenmaterial mehr zu finden. Trotzdem kam es zur Wiedergründung. Ernst Hein kaufte beim Musikverein in Sierck gebrauchte Instrumente, die über Stiftungen, Spenden und Haussammlungen finanziert wurden, und im April 1949 waren wieder 15 Musiker zur ersten Musikprobe im Saal Herber erschienen. Mit dem neuen Präsidenten Bernhard Braunshausen und dem Dirigenten Johann-Peter Kiefer ging es wieder aufwärts. 1953 übernahm Ernst Hammes die Präsidentschaft, Franz Hubert den Vorsitz und der Dirigent Peter Trierweiler hatte wieder 30 Musiker.

Seitdem haben einige Präsidenten, Vorsitzende und Dirigenten den Perler Musikverein geleitet. Nachdem 1992 das 125jährige Vereinsjubiläum mit einer großen Festwoche gefeiert wurde, haben sich im Jahre 1998 die Musiker und die Vorstände aus Perl und Besch zusammengetan und den Grundstein für eine Spielgemeinschaft der beiden bis dahin selbständigen Vereine gelegte. Der Vorteil der nun angestrebten dauerhaften Spielgemeinschaft lagen auf der Hand: eine große, gemeinsame Kapelle mit starker Besetzung ist besser als zwei kleine Orchester für jeden Ortsteil. Unter der Leitung des damaligen Kreisdirigenten Stefan Weber gelang es schließlich, die Musikfreunde Perl/Besch auf die Beine zu stellen.

Offiziell feiert der Kirchenchor "Cäcilia" in diesem Jahre sein 125-jähriges Bestehen, sein genaues Alter ist jedoch nur schwer feststellbar. Dass es den Chor aber schon 1872 gegeben hat, geht aus einem Visitationsprotokoll vom 17.Oktober 1872 hervor. Somit existiert der Kirchenchor Perl bereits seit mindestens 145 Jahren, wahrscheinlich noch länger. Das jetzt das 125-jährige Bestehen gefeiert wird, hängt damit zusammen, das in Perl 1972 die 70-jährige Fahnenweihe mit dem 80. Wiegenfest sowie 1992 der 100. Geburtstag gefeiert wurde, ohne nach genaueren Gründungsdaten zu forschen. Man ging damals davon aus, dass der Chor 1892 gegründet wurde.

Bis zum Jahre 1897 ist der Kirchenchor von Lehrer Josef Sprung dirigiert worden. Unter Pfarrer und Präses Johann Peter Herber und Lehrer J. Dohm als Dirigent traten am 25. Januar 1898 die ersten Statuten des Vereins in Kraft und seit dieser Zeit trägt der Chor offiziell den Namen "Kirchengesangverein Cäcilia Perl". Als reiner Männerchor hatte der Verein damals 37 Mitglieder. Lehrer Dohm war als Dirigent von 1897 bis 1904 tätig. Am 7. September 1902 fand die Weihe der neuen Vereinsfahne statt. Diese Fahne wurde 1972 restauriert und stellt heute eine Kostbarkeit des Perler Vereinsinventars dar. 1904 löste Lehrer Johann Henning seinen Kollegen Dohm als Dirigent ab. Es sollte die längste Chorleiterzeit bis heute werden, sie dauerte bis 1933. Es ereignete sich unter seiner Leitung etwas für diese Zeit Revolutionäres: es traten Frauen, oder besser gesagt Mädchen, dem Kirchenchor bei, die jedoch vom Tag der Heirat an den Chor wieder verließen. Es war der Anfang des gemischten Chores, wie er sich bis heute bewährt hat. Johann Henning, der 1936 verstarb, hatte drei Jahre zuvor den Dirigentenstab an seine Tochter Gertrud übergeben, womit erstmals eine Frau das musikalische Kommando übernahm.

Nach den Kriegswirren wurde unter dem neuen Präses Pfarrer Dr. Sudbrack 1945 ein Neuanfang gestartet mit einem 50 Mitglieder starken Chor, den zunächst Lehrer Josef Arnoldy. Es folgten am Dirigentenpult Lehrer Alois Wagner (1947 bis 1952), Valentin Holler als Hauptamtlicher Küster und Organist von 1952 bis 1964, Lehrer Walter Hochgräfe übergangsweise von 1964 bis 1965, ehe Karl-Heinz Schüffler, bei Amtsantritt 17-jähriger Schüler, den Chor zehn Jahre lang bis 1975 musikalisch führte. Anschließend führte Gottfried Felka bis August 1983 den Dirigentenstab. Gottfried Heisel übernahm ab September 1983 das Organistenamt in Perl und die Leitung des Chores. Nachdem er im Sommer 1996 seinen Dienst beendete hatte, fand man zunächst keinen Nachfolger für den Chor. Was zunächst als "Notlösung" von Josef Kiefer gedacht war, erwies sich als Glückfall für den Chor und die Kirchenmusik in Perl: Unter Thomas Kiefer (damals 18 Jahre alt), der auch maßgeblich an der Planung der neuen Orgel beteiligt war (Einweihung 2000), gelangten neben der musikalischen Mitgestaltung der zahlreichen Gottesdienste auch anspruchsvolle Werke zur Aufführung: Oratorien, Kantaten, Chormusik mit Orchesterbegleitung und Orgelkonzerte.

Höhepunkt seines vielfältigen Wirkens in Perl war die Aufführung des Oratoriums "Die Schöpfung" von Joseph Haydn. Nachdem Thomas Kiefer sich beruflich im Frühjahr 2003 der Trierer Dommusik zugewandt hatte (heute ist er dort Domkapellmeister), erwies sich die Suche nach einem Nachfolger als schwierig. Nach wechselnden Dirigentschaften, die sich nicht positiv auf die Mitgliederzahl des Chores auswirkten, konnten mit Tobias Naumann (2003 bis 2005) und mit Thomas Rieff (2005 bis 2009), der neben klassischer Chormusik die Begeisterung für Gospels und Spirituals weckte, neue Sängerinnen und Sänger gewonnen werden. In diese Zeit fiel 2007 der plötzliche Tod von Josef Kiefer, dem langjährigen Vorsitzenden (von 1976 bis 1982 und dann wieder von 1986 an). Nach einer Übergangszeit im Jahre 2010, in der Frank Kockelmann, der Kantor der Pfarreiengemeinschaft Perl, dem Chor aushalf, übernahm Andrea Rüba im Mai 2011 bis heute den Chor. Mit Andrea Rüba als Chorleiterin und der Doppelspitze mit den beiden Vorsitzenden Klemens Heinz und Bettina Selzer im August 2008 hat der Verein wieder zu einer Kontinuität gefunden, auf deren Basis der Kinder- und Jugendchor "Con Spirito" und der Chor der Erwachsenen aufbauen und segensreich in Kirche und Öffentlichkeit zu wirken in der Lage sind. Erwähnenswert ist noch, dass der Kirchengesangverein "Cäcilia" Perl im Jahre 1992 die Palestrina-Medaille vom Bistum Trier und im Jahre 2000 die Zelter-Plakette vom Saarländischen Kultusministerium verliehen bekam.

Zum Thema:

Der Musikverein "Cäcilia Perl" wird seit 2003 vom Vorsitzenden Bernd Leisten geführt; Silvia Moersch ist seit 2005 im Präsidentenamt und Ralf Eberhardt schwingt seit 2014 den Dirigentenstab. Gerhard Hein ist seit 1997 Ehrenpräsident des Vereins.

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