Redaktionshund Der Redaktionshund ist tot

Merzig · Chandler Bing verstarb am Samstagabend plötzlich. Seine letzte Ruhe fand er bei guten Freunden in Frankreich.

 Tot: Chandler Bing.

Tot: Chandler Bing.

Foto: Philipp Anton

Es war ein trauriges Pfingst-Wochenende für uns in der SZ-Redaktion Merzig. Chandler Bing, unser Redaktionshund, Freund und Kollege, ist von uns gegangen. Gerne hätten wir ihn noch bei uns behalten. Aber eine schwere Krankheit raubte ihm nach und nach seine Kräfte, ohne dass er es sich anmerken ließ. Das Ende, es kam am Pfingstsamstag schnell. Das war aber gut so, denn so blieb Chandler ein langes Leiden erspart - auch wenn das letzte Stück des Weges nicht leicht war, für ihn und für uns. Doch nun ist er erlöst, er hat seine Ruhe gefunden.

Was bleibt, ist die Lücke, die er hinterlässt. Vor rund fünf Jahren ist er, der hochgewachsene, schlanke Podenco zu uns in die Redaktion gekommen. Er stammte aus dem fernen Galizien, hatte in seiner spanischen Heimat sehr schwierige Zeiten erlebt und dank glücklicher Umstände Zuflucht in Deutschland gefunden - wie viele andere seiner Artgenossen. Als er die erste Zeit als Begleiter seines Herrchens (und unseres Redaktionskollegen) in unserem Büro erschien, machte der spanische Windhund mit seiner mächtigen Statur und dem muskulösen Körperbau Eindruck. Aber bald stellten wir fest, dass sich dahinter ein sehr gutmütiges, mitunter verspieltes, manchmal naives Wesen verbarg. Und so wurde Chandler Bing schnell ein Teil von uns. Wir haben unseren Alltag mit ihm geteilt, er hat unsere Arbeit begleitet, er hat sie oft aufgelockert, indem er dem Ernst unseres Tuns seine im wahrsten Wortsinn tierische Unbekümmertheit und seine Verschmustheit entgegensetzte. Er mochte es, gestreichelt zu werden, und er genoss das auch sichtlich - dabei war es ihm völlig egal, von wem er die Streicheleinheiten bekam. Er hat uns inspiriert - wie Sie als Leser unserer Ausgabe Woche für Woche in der Montags-Kolumne "Chandlers Welt" feststellen konnten, in der wir die Dinge durch seine Augen sahen. Doch da diese Augen nun für immer geschlossen sind, wird es auch das nicht mehr geben - Sie werden sicher Verständnis dafür haben. Die Redaktion hat vor ein paar Jahren die Idee zur Kolumne geboren. "Geburtshelferinnen" waren die damaligen Volontärinnen Frauke Scholl und Nadine Klees.

Viele junge Kollegen haben in der Folge mit dem Redaktionshund zusammen gearbeitet. Einige von ihnen schreiben auf dieser Seite.

Chandler Bing wurde zum Markenzeichen nicht nur für "seinen Menschen", den er in seinen Kolumnen immer wieder erwähnte, sondern auch für unsere Redaktion - und zu ihrem Aushängeschild. Er war ein beliebtes Fotomotiv, stand sogar mitunter Modell - was ihm dank seiner stoischen Ruhe glänzend gelang. Chandler Bing wurde zu einem Prominenten, dem wohl bekanntesten Vierbeiner in der Stadt Merzig, vielleicht im ganzen Kreis. Er ist zusammen mit uns durch dick und dünn gegangen, nichts konnte sein Zutrauen zu uns erschüttern. Er ist uns ans Herz gewachsen und wird uns fehlen, mit allem, was ihn ausmachte: sein Sanftmut, seine mitunter etwas tollpatschige Neugier, die für allerlei amüsante Momente gesorgt hat; seine ausgeprägte Vorliebe für Fruchtjoghurt in allen Geschmacksrichtungen oder Wiener Würstchen, die wir nur zu gerne mit dem ein oder anderen Leckerli bedient haben; seine großen, spitzen Ohren, die er in so unvergleichlicher Weise zu recken wusste und die viel mehr über seinen Gemütszustand verraten haben als jeder Blick, jedes Schwanzwedeln oder jedes Bellen (was er ganz selten tat). Mach's gut, Chandler. Wir vermissen dich.

Liebenswerter Kerl

Von Margit Stark
Ich erinnere mich noch genau, als Chandler zum ersten Mal in die Redaktion kam - scheu, verängstigt und voller Misstrauen gegenüber jedem. Doch das hat sich schnell gelegt. Aus dem gehemmten, schreckhaften Hund ist schnell ein zutraulicher, treuer und liebenswerter Kerl geworden, der uns Tag für Tag liebevoll begrüßt hat, immer für einen Gag gut war, bescheiden, die Ruhe in Person und immer ausgeglichen war - Charaktereigenschaften, an denen sich mancher zweibeinige Zeitgenosse eine Scheibe abschneiden kann. Unvergessen ist das Foto vom Merziger Weihnachtsmarkt, als er mit einer Rentiermütze saarlandweit Furore machte. Unvergessen ist auch die Begegnung einer jungen Dame mit dem längst populären Kolumnisten, die sein Herrchen bei einem Konzert am Losheimer Stausee fragte: "Ist das nicht der Hund aus der Zeitung?" Und sich stolz mit Chandler ablichten ließ.

Feinschmecker mit Hang zu Tacheles

Von Edmund Selzer
Ich hatte ihn ins Herz geschlossen, und er auch mich. Er war Teil des Redaktionsalltags. Wenn ich zum Dienstbeginn die Redaktionsräume betrat, kam er mir - es sei denn, er hielt gerade ein Schläfchen - freudig entgegen, ganz so, wie man einen guten Freund begrüßt. Saß ich bereits an meinem Schreibtisch und er kam in die Redaktion, stürmte er durch den Gang, um mir zu zeigen, dass er da ist. Da galt es, schnellstens die Glastür meines Büros zu öffnen, die er vor lauter Eifer wohl übersehen hätte.

Wenn Chandler, obwohl superschlank, auch einen leichten Hang zum Gourmand - wie alle Hunde - hatte, war er doch ein Gourmet. Als ich ihn mit selbst gemachtem "Schweinskäs" verwöhnte, genoss er nicht nur den ersten Happen. In den folgenden Tag schlich er immer wieder um mich herum, um wieder an solche Leckerlis zu kommen, ein Feinschmecker eben, dessem erwartungsvollen Blick man nicht widerstehen konnte.

Unvergessen bleiben seine Kolumnen, wenn er aus Hundesicht, in einer Mischung aus Ensthaften und Lustigem, Tacheles redete.

Er ist verstummt

Von Ute Kirch
Hunde, die bellen, beißen nicht. Chandler tat weder das eine noch das andere. Selbst als eine Radio-Reporterin dem sonst so wortgewandten SZ-Kolumnisten zum Thema "Tiere am Arbeitsplatz" ein Tönchen entlocken wollte, schwieg er vorbildlich. Chandler machte es Leuten wie mir, die Angst vor großen Hunden haben, leicht, ihn zu mögen. Denn schnell war klar: Er hatte zunächst die größere Scheu vor einem neuen Menschen. Wenn sich hingegen jemand liebevoll um ihn kümmerte oder wie zufällig ein Stück Lyoner vom Tisch fiel, war die Dankbarkeit des athletischen Podenco schier unendlich. Im Grünen Kreis ist er dank seiner scharfsinnigen Beobachtungen der hiesigen Menschen zu einer Institution geworden. Seine Stimme ist nun verstummt. Ruhe in Frieden!

Wegbegleiter

Von Maria Wimmer
Wenn der beste Freund des Menschen geht
Stürzt der Mensch in Trauer
Er war der beste Freund unseres Freundes
Und darum tut es auch uns weh
Wo andere kamen und gingen
War er stets an deiner Seite
War er dein Wegbegleiter
Den Tag erhellt
Mit seinem Hundelachen
Schwanz wedelnd
Da war jeder Zorn vergessen
Jetzt heißt es stark sein müssen
Und ihn gehen lassen
Denn könnte er dich traurig sehen
Dann würde er dich trösten
Und dir sagen:
Weil du mich aufgenommen hast
Hatte ich ein schönes Leben
Dafür bin ich dir dankbar
Bitte sei nicht traurig
Mir geht es gut
Wo ich jetzt bin
Und das wünsche ich mir auch
Für dich

Mein Reh und ich

Von Frauke Scholl
Ein bisschen war er auch mein Hund. Nein, das stimmt nicht. Er war mein Reh. Wir waren beide noch neu in der Redaktion Merzig, Chandler Bing und ich. Damals, vor fünf Jahren, hatte der schönste Podenco der Welt gerade als Kolumnist angefangen, ich als Volontärin. Die Mittagspause gehörte uns, Spazieren im Stadtpark, jedes Mal ein Ereignis.

Denn schnell war mein Kollege bekannt wie der leibhaftige bunte Hund.

Diese langen Ohren, dieses zauberhafte Gesicht, diese langen Beine - kein Bing von dieser Welt. Also kam es, wie es kommen musste. Ein Kind an der Hand seiner Mutter sah uns und fragte ganz erstaunt: "Mama, is dat e Reh-schi?" Ja, ein bisschen sah er aus wie ein Rehchen, der Kollege Bing. Mein Rehchen. Und das wird er immer bleiben.

Ein Blick, der bereicherte

Von Sonja Riedel
Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos. Wer wüsste das besser als dein bester Kumpel Wolf. Nun bist du leider viel zu früh von uns gegangen. Aber die Erinnerung an dich wird in unseren Herzen weiterleben. Denn du hast mit deinen vier Pfoten und deinem treuen Blick das Leben vieler Zweibeiner bereichert. Wir werden dich alle sehr vermissen! Chandler, mach's gut!

Herzen gewonnen

Von Elsa Middecke
Vier Kandidaten, ein Moderator, ein Hund. Darauf richteten sich im Mai 2014 in der Waderner Herbert-Klein-Halle sämtliche Augen. Für Unruhe sorgte kurz zuvor beim Kandidaten-Podium im Vorfeld der Bürgermeisterwahl eine ungewohnte Stimme: Für den Hund von Moderator Wolf Porz, Chandler Bing, war eindeutig zu viel Abstand zwischen der Gruppe ganz vorne und dem Journalistentisch. Dort saß er neben Porz' Kolleginnen. Jipp, japp, jaul - mitten im Satz unterbrach sich sein Herrchen und holte seinen vierbeinigen Freund mit nach vorn. Ein Blick ins Publikum zeigte: Damit hatten Herr und Hund einige Herzen der Gäste gewonnen.

Unendlich viele Bing-Momente

Von Sarah Umla
Drei Monate verbrachte ich während meines Volontariats bei der Saarbrücker Zeitung in der Merziger Lokalredaktion - und damit auch drei Monate gemeinsam mit Chandler Bing. Es gab etliche Bing-Momente, die ich nicht missen möchte. Ob die Kuscheleinheiten oder gemeinsame Spaziergänge durch die Merziger Innenstadt.

Ein Arbeitstag ohne den Bing war kein richtiger Arbeitstag.

Mit dem Tod Chandlers wird sich in Merzig einiges ändern und ein Teil des Redaktionscharmes geht verloren. Ich werde dich vermissen, Bing!

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