Leben ohne Angst vor dem Schlachter

Dahn. Allzu oft, klagt Markus Guttenbacher, ist der Mensch seinen tierischen Mitgeschöpfen gegenüber gnadenlos. Bis auf die Knochen abgemagert stehen zwei Wallache in einem saarländischen Ort auf ihrer Koppel

 Tierfreund Markus Guttenbacher auf dem Gnadenhof. Foto: Seebald

Tierfreund Markus Guttenbacher auf dem Gnadenhof. Foto: Seebald

Dahn. Allzu oft, klagt Markus Guttenbacher, ist der Mensch seinen tierischen Mitgeschöpfen gegenüber gnadenlos. Bis auf die Knochen abgemagert stehen zwei Wallache in einem saarländischen Ort auf ihrer Koppel. Der Besitzer vergnügt sich auf Mallorca und lässt seine Tiere wochenlang ohne Futter zurück, schildert der ehrenamtliche Vorsitzende des Tierschutzvereins Wasgau einen schlimmen Fall von Tierquälerei. "Die Nachbarn schauten weg, Wanderer riefen uns schließlich auf den Plan", erzählt er. Die Tierschützer verständigten die Polizei: Jetzt dürfen die gequälten Pferde ihr Gnadenbrot auf einem weitläufigen, von hohen Tannen umsäumten Weidestück knabbern. Im südwestpfälzischen Dahn befindet sich die "Tier-Ranch Wacaya", der einzige Gnadenhof für Nutztiere in der Region, den der Tierschutzverein Wasgau vor sechs Jahren eingerichtet hat.Friedlich grast ein Pony, ein Rind zieht Heuhalme aus einer Futterkrippe. Auf einer Fläche von fast zwölf Fußballfeldern haben die Tiere Auslauf, Unterschlupf finden sie in offenen Ställen. Auf dem Hof im Wald finden Pferde, Kühe, Ziegen und Schafe bis zu ihrem Lebensende ein artgerechtes Asyl. "Für alte, ungeliebte oder ausgesetzte Tiere darf der Schlachthof nicht die Endstation sein", umreißt Guttenbacher die Idee der "Tier-Ranch".

Dort kümmern sich fünf Vereinsmitglieder ausschließlich um Nutztiere, die ihren Besitzern nutzlos geworden sind. Unterstützt werden sie von Ein-Euro-Jobbern und straffälligen Jugendlichen, die Sozialstunden ableisten müssen. Eng arbeiten die Tierschützer mit der Polizei und den Behörden, vor allem den Veterinärämtern, zusammen. Diese vermitteln Fundtiere oder missbrauchte Tiere aus dem ganzen Bundesgebiet. Rund 150 kleinere Wiederkäuer wie Schafe und Ziegen, 40 Pferde und zehn Rinder hat die Ranch aufgenommen.

Dort erhalten die Tiere nicht nur gesundes Futter, werden gepflegt und regelmäßig vom Tierarzt untersucht. Mitarbeiter des Tierschutzvereins betreuen sie auch täglich, führen sie aus, geben ihnen Nähe. Das gestörte Verhältnis vieler Menschen zu den "Naturgeschwistern" ist für Guttenbacher ein gesellschaftliches Problem: "Tiere werden juristisch als Sache, nicht als Lebewesen behandelt." Das Leid der Tiere lasse viele Menschen kalt. Daher lege der Verein Wert auf Bildungsarbeit vor allem mit Kindern und Jugendlichen. Arbeitslosigkeit, Krankheit und Überforderung seien oft die Ursache, dass Halter ihre Tiere zur "Tier-Ranch" brächten.

Ein ständiger Kraftakt sei es für den Tierschutzverein, das Geld für das Futter, die Pflege und die tierärztliche Behandlung zusammenzubekommen. Spenden seien daher willkommen. Auch die Übernahme von Tierpatenschaften und die Vermittlung von Tieren an neue, verlässliche Besitzer sei möglich. Regelmäßig suchen die Tierschützer mit Veranstaltungen auch die Öffentlichkeit. Kürzlich hat der Gnadenhof die Genehmigung erhalten, sich in ein Tierheim für Nutztiere umzuwandeln. Das neue Heim mit größeren Kapazitäten soll im September 2012 eröffnet werden. Verstoßene Tiere sollen weiter Gnade finden. "Sie müssen keine Angst vor dem Schlachter haben", sagt Guttenbacher. epd

Geöffnet: So, 14 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung. Infos unter Tel. (01 62) 2 19 37 37, E-Mail: tier-ranch-wacaya@gmx.de. Internet: www.gnadenhof-dahn.de

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