Impfzentren, Impfquote, Altenheime Was im Corona-Sommer schieflief – das sagt Ministerpräsident Hans

Saarbrücken · Im Saarland werden die Corona-Maßnahmen noch mal verschärft. Das erklärte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) heute in seiner Regierungserklärung. Und er erklärt auch, was in den vergangenen Wochen nicht funktioniert hat.

Saarland verschärft Corona-Regeln – Hans sagt, was im Sommer schiefging
Foto: dpa/Stefan Sauer

Das Saarland zieht die Zügel an. In seiner Regierungserklärung am Montagmorgen hat Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) schärfere Corona-Regeln angekündigt. „Mit jedem Tag, der vergeht, wird uns das klarer. Erneut stehen wir vor einer immensen Herausforderung. Viel größer, als noch vor wenigen Wochen geglaubt. Möglicherweise auch viel größer als alle bisherigen Wellen“, sagte Hans. Die Infektionszahlen sind auch im Saarland in den vergangenen Wochen rasant angestiegen. Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz liegt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts am Montag bei 441,6.

Sorge vor Virus-Variante Omikron

Sorgen bereitet Hans die neue Virus-Variante Omikron aus Südafrika, die möglicherweise noch ansteckender sei. Einige Fälle sind in Deutschland bereits nachgewiesen. „Ob sie den bestehenden Impfschutz umgeht, ob sie schwerere Krankheitsbilder hervorruft, möglicherweise sogar tödlicher ist, all das wissen wir noch nicht. Ich möchte nicht den Teufel an die Wand malen, aber beruhigende Nachrichten sehen anders aus“, betonte der Ministerpräsident. Man könne nicht ausschließen, dass „wir es in den kommenden Monaten mit einer anderen, gegebenenfalls sogar schlimmeren Pandemie zu tun haben werden“.

Saarland sei nicht untätig gewesen

Im Sommer habe das noch anders ausgesehen. „Überrascht“ habe, dass die Sieben-Tage-Inzidenz Anfang Oktober im Saarland sogar auf 40 gesunken war. „Die Impfquote von über 70 Prozent, so sah es aus, hatte die vierte Welle eingebremst.“ Das war die Zeit, als das Saarlandmodell Plus gestartet war – und als auch aus der Fachwelt „manche Entwarnung“ kam. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich für das Ende der epidemischen Lage ausgesprochen, gestützt auch auf „Stimmen aus der Wissenschaft und den Ärzteverbänden, die das ausdrücklich begrüßten“. Insofern stimme es nicht, was nun behauptet werde – dass die Wissenschaft gewarnt und die Politik nicht hingehört habe.

Das Saarland sei nicht untätig gewesen. Mobile Impfteams in sozialen Brennpunkten und niederschwellige Impfangebote an belebten Plätzen etwa hätten auch dafür gesorgt, dass das Saarland die höchste Impfquote aller Flächenländer in Deutschland erreicht habe. Was nicht geklappt habe sei, die Impfquote noch weiter zu erhöhen. Etwa zehn Prozent der saarländischen Bevölkerung sei ungeimpft, Kinder und Jugendliche nicht eingerechnet.

Aus heutiger Sicht wäre es besser gewesen, die Impfzentren offen zu lassen, sagt Hans. „Folgerichtig“ sei es auf Basis des damaligen Wissensstands aber gewesen, die Impfzentren zu schließen beziehungsweise auf den „Standby-Modus“ - in Bereitschaft - zu setzen. Denn im Sommer seien die Zentren fast leer gewesen.

„Infektionsdynamik“ gehe von Ungeimpften aus

„Überschätzt“ worden sei die Wirkungsdauer der Impfstoffe. Erst im Herbst seien Erkenntnisse wissenschaftlicher Studien publik geworden, wonach die Wirkung nach ein paar Monaten nachlasse. „Das hatte wohl auch mit der sehr viel ansteckenderen Delta-Variante zu tun“, sagte Hans. Erst Anfang Oktober habe die Ständige Impfkommission (Stiko) Auffrischungsimpfungen für über 70-Jährige empfohlen. Das Saarland habe schon einen Monat zuvor mit Booster-Impfungen in Alten- und Pflegeheimen begonnen. „Leider“ hätten auch hier nicht alle das Angebot angenommen, weshalb es auch dort Corona-Ausbrüche gebe.

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt auf einem Höchstwert. Aktiv infiziert seien im Saarland derzeit fast 8000 Menschen. Auch wenn die Zahl der auf der Intensivstation behandelten Corona-Patienten „deutlich unter dem bisherigen Höchstwert von 87 im Januar“ liege, sei das kein Grund zur Entwarnung. Die Zahlen würden weiter steigen. Am stärksten betroffen seien Nicht-Geimpfte. Die Sieben-Tage-Inzidenz in dieser Gruppe liege bei über 1200, bei den Geimpften und Genesenen bei 80. „Die Infektionsdynamik geht von denen aus, die sich der Impfung verweigern beziehungsweise zu lange verweigert haben“, sagte Hans. Er schließe nicht aus, dass eine generelle Impfpflicht kommen müsse, die Debatte helfe aktuell aber nicht weiter.

Impfen, Testen und Kontaktbeschränkungen

Hans ist der Meinung, „dass wir nach wie vor in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite sind. Ich denke, die aktuelle Situation fordert die Republik als Ganzes heraus“. Das Saarland werde „heute“ schon handeln. Hans will auf drei Instrumente setzen: Impfen, Testen – und Kontaktbeschränkungen. Die Corona-Regeln sollen wieder verschärft werden.

Hinsichtlich privater Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum soll für Ungeimpfte gelten: Nur noch ein Haushalt plus eine nicht diesem Haushalt angehörige Person dürfen sich treffen. Für Geimpfte, Genesene, Schülerinnen und Schüler und Kinder unter sechs Jahren soll dies nicht gelten.

Die Maskenpflicht soll wieder erweitert werden. Im Außenbereich dort, wo der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, im Innenbereich, beispielsweise in der Gastronomie, immer dann, wenn man seinen Platz verlässt.

Die 2G-Regel, also Zutritt nur für Genesene und Geimpfte, soll künftig gelten für Freizeitaktivitäten nun auch im Außenbereich wie etwa in Freizeitparks, bei kulturellen Betätigungen in Gruppen, bei der Teilnahme am Freizeit- und Amateursportbetrieb, ebenso im Außenbereich von Tanzschulen, Fitnessstudios und auch der Außengastronomie. Zudem soll 2G auch im Einzelhandel gelten, ausgenommen diejenigen, die der Grundversorgung dienen.

2G-Plus, also Zutritt nur für Genesene und Geimpfte, die zusätzlich einen tagesaktuellen Schnelltest vorlegen müssen, soll im Innenbereich der Gastronomie festgeschrieben werden, ebenso für die Hotellerie, für körpernahe Dienstleistungen, für Freizeiteinrichtungen wie Schwimm- und Spaßbäder, Thermen und Saunen, für jegliche sportliche Betätigung in Innenräumen (also auch Fitnessstudios innen) und für alle kulturellen Einrichtungen und Veranstaltungen. Zu Regeln in Clubs und Diskotheken hat sich Hans nicht explizit geäußert

Neue Regeln gelten wohl ab Donnerstag

Der Ministerpräsident erklärte, dass sich die Landesregierung vergangene Woche auf die oben genannten Eckpunkte geeinigt habe. Weitere Details sollen in dieser Woche in einer neuen Rechtsverordnung festhalten werden. Der Ministerrat kommt wohl am Dienstag erneut zusammen. Die aktuelle Rechtsverordnung gilt noch bis kommenden Freitag, 3. Dezember. Die neuen Regeln sollen wohl aber schon am Donnerstag in Kraft treten.

Hans kündigte an, dass „vermehrt scharfe Kontrollen“ durchgeführt werden und man „überall dort vor harten Sanktionen nicht zurückschrecken“ werde, „wo gegen unsere Auflagen verstoßen wird“. Hans appellierte: „Nehmen Sie die Beschränkungen nicht auf die leichte Schulter. Nehmen Sie sie ernst – zu Ihrem eigenen Vorteil.“

Er geht davon aus, „dass diese Maßnahmen die vierte Welle in unserem Land einbremsen werden“, sagte Hans. Ob sie angesichts der bundesweiten Entwicklung hinreichend seien, „muss auf anderer Ebene erörtert werden. Wir jedenfalls nutzen unseren Handlungsspielraum weitgehend aus“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort