Ein echter Hansdampf des "Dooms"

Bous. Wie beneidenswert - ein Bube, der von den Eltern noch schöne Rockmusik-Platten vorgespielt bekam, anstatt Unterhaltungsradio-Singsang oder Märchenkassetten. So etwas verfeinert auf wundersame Weise das musikalische Empfinden, wovon wiederum die folgende Generation profitiert

 Jochen Klose in seinem Tonstudio in Bous. Foto: Thomas Seeber

Jochen Klose in seinem Tonstudio in Bous. Foto: Thomas Seeber

Bous. Wie beneidenswert - ein Bube, der von den Eltern noch schöne Rockmusik-Platten vorgespielt bekam, anstatt Unterhaltungsradio-Singsang oder Märchenkassetten. So etwas verfeinert auf wundersame Weise das musikalische Empfinden, wovon wiederum die folgende Generation profitiert.Jochen Klose aus Bous, 38 Jahre, ist so ein Glückskind: Rhythmus-Gitarrist der außergewöhnlichen Düster-Rockband No Hope, Tonstudio-Inhaber, Produzent, Promoter, Kritiker, Berater und DJ in Personaleinheit, alles selbst beigebracht, aber maßgeblich elterlich beeinflusst: "Von der Mutter habe ich das Talent, vom Vater die Leidenschaft", ist er auch im Erwachsenenalter noch dankbar für die Prägung.

Hauptberuflich ist der umtriebige, stämmige Mann in der Telefon-Branche sowie in der Nachmittagsbetreuung an der Gesamtschule in Ludweiler tätig. Die Musik spielt nebenher, als Rhythmus des Daseins, dafür aber in jeder freien Minute. Die Geschäfte seiner Produktionsfirma Locost Products könnten allerdings besser laufen. "Geil, Jochen!", schallt aus allen Richtungen die Begeisterung über seine Fähigkeiten als Produzent und seine technischen Möglichkeiten, aber selbst die sehr günstigen Stunden-Tarife kann sich kaum eine Band auf einem prallvollen Markt leisten.

120 Metal-Bands gibt es nach Beobachtung von Klose allein im Saarland. Hinzu kommt: Fast alle Metal-Gruppen wollen so klingen wie amerikanische Vorbilder, also eher wuchtig-steril, Bass-Drum-lastig, was man schön und billig mit Computern hinkriegt, ohne sehr gut spielen können zu müssen. Jochen Klose, der Analog-Techniker, "mag es aber eher natürlich".

Diese Einstellung würde einsam machen, wenn es nicht doch viele schöne Begegnungen gäbe, etwa mit der Rockband-AG in der Schule oder mit einem Rapper und einem Karaoke-Sänger, die seine Dienste in Anspruch nahmen und den Horizont erweiterten. Und da sind vor allem die Kollegen von No Hope, die es schon fast 20 Jahre gibt. Jochen Klose kam 1999 in die Gruppe. Erst drei CDs wurden veröffentlicht; das Herz der Band schlägt bei Live-Auftritten am heftigsten. "Doom" nennt man die Stilrichtung, eine träge, melancholische, melodiöse Lavawand aus Musik, die man depressiv und lebensverneinend nennen darf, wobei aber Rückschlüsse auf die Befindlichkeiten der Macher nicht unbedingt statthaft sind. Hier ist Musik Fluchtmöglichkeit - "sie stimmt mich positiv", sagt Klose und schwärmt vom 13. August, dem Tag der Tage in der Bandhistorie: No Hope darf in der Saarbrücker Garage als Vorgruppe der Idole Crowbar aus New Orleans spielen. Schiefgehen kann da eigentlich nichts, denn sie sind sicher, dass sie diese Bewährungsprobe bestehen. Nicht auszudenken allerdings, wenn sie für weitere Aufgaben entdeckt würden und vor der Wahl stünden, Berufe und Heimat aufgeben zu müssen. No Hope firmiert selbstbewusst als Saarlouiser Band, schon ein Umzug in eine große Stadt nur auf dem Briefkopf würde so ähnlich empfunden wie die Verpflanzung eines Südstaatlers nach New York.

Saarlouis ist - gefühlt - analog, Saarbrücken digital. Das kann man aber schwer erklären, weil es vom eingangs beschriebenen Empfinden herkommt. Wer aber als Kind ebenfalls Kansas, Deep Purple, Hendrix oder Metallica hören durfte, der geht zu No Hope, hört die Hymnenseeligkeit und Erdenschwere vielleicht auch heraus und hat eine neue saarländische Lieblingsband. wp

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