Die Ideal-Azubis werden rar

Homburg. Oliver Beck ist Schwabe und stammt aus Ulm. Aber das hört man ausnahmsweise kaum. Beck lacht: "Das mag sein. Ich gehöre nicht zu jenen Schwaben, die um jeden Preis ihr Schwäbisch durchklingen lassen müssen. Außerdem halte ich das für unhöflich gegenüber anderen Gesprächspartnern." Von Höflichkeit hält Oliver Beck viel. Ebenfalls von Offenheit und Ehrlichkeit

 Stahldrahtrollen für die Reifenproduktion im Lager von Michelin in Homburg. Fotos: Michelin

Stahldrahtrollen für die Reifenproduktion im Lager von Michelin in Homburg. Fotos: Michelin

 Die neuen Azubis bei Michelin, links Bernd Schlimmermann, Betreuer der technisch-gewerblichen Erstausbildung.

Die neuen Azubis bei Michelin, links Bernd Schlimmermann, Betreuer der technisch-gewerblichen Erstausbildung.

Homburg. Oliver Beck ist Schwabe und stammt aus Ulm. Aber das hört man ausnahmsweise kaum. Beck lacht: "Das mag sein. Ich gehöre nicht zu jenen Schwaben, die um jeden Preis ihr Schwäbisch durchklingen lassen müssen. Außerdem halte ich das für unhöflich gegenüber anderen Gesprächspartnern." Von Höflichkeit hält Oliver Beck viel. Ebenfalls von Offenheit und Ehrlichkeit. Kein Wunder, denn er ist seit März 2010 der neue Personalchef bei Michelin in Homburg und damit verantwortlich für über 1600 Mitarbeiter. Ohne gegenseitigen Respekt und die bereits erwähnten Tugenden, die das Miteinander fördern, ist kein gedeihliches Arbeiten möglich, ist Oliver Becks Überzeugung. Gerüchte mag er nicht: "Die verbreiten sich schnell und sorgen unnötig für miese Stimmung." Deshalb hat er sich gleich zu seinem Amtsbeginn mit Mitarbeitern zusammengesetzt und abgeglichen: Was wünschen sich die Mitarbeiter von mir, was erwarte ich? "Der Personalchef sollte wissen, was ich mache" wünscht sich ein Mitarbeiter. Außerdem sollte er Führungsqualitäten haben, Vorbild sein, klare Ansagen machen. Oliver Beck ist stolz auf diese Anforderungen: "Das zeigt, dass wir mündige Mitarbeiter haben, die zusammen mit ihren Führungskräften etwas leisten wollen für diesen Standort." Beck, der studierte Psychologe und Pädagoge, der zuvor 14 Jahre lang Bundeswehroffizier war, kennt sich aus in der Personalführung. "Oft genug sind es die Führungskräfte selbst, die die Mitarbeiter demotivieren, weil sie sich nicht für deren Arbeit interessieren." Bei ihm soll das nicht vorkommen: "Meine Tür steht für alle Mitarbeiter offen. Was immer Probleme verursacht, sollte sofort geklärt werden. Ich will nicht, dass irgendwelche falschen Vorstellungen aufkommen." Beck ist in der kurzen Zeit seiner Homburger Tätigkeit schon in allen Abteilungen gewesen, jeder kennt und grüßt ihn. "Ich bin hier mit offenen Armen aufgenommen worden", freut sich der 40-Jährige. Erst vor einigen Tagen hat er neue Auszubildende eingestellt - pro Jahr gibt Michelin sechs oder sieben jungen Leuten Ausbildungsverträge. Doch es werde zunehmend schwieriger, geeignete Bewerber zu finden, sagt Beck. Zum einen, weil demografisch gesehen kaum noch Nachwuchs kommt, zum anderen, weil die Lebensplanung der Bewerber oftmals ganz anders aussieht als noch vor zehn Jahren. "Viele Azubis bewerben sich nicht direkt nach der Schule, sondern jobben erst mal ein paar Jahre, bis sie einen richtigen Beruf erlernen wollen." Beck hält das nicht für ideal, "das kostet nutzlose Zeit, die man besser in die Ausbildung gesteckt hätte." Außerdem begegnet er zuweilen seltsamen Auswüchsen: Bewerber, die während des Auswahlgesprächs mal eben ans Handy gehen. Oder solche, die wenig Zeit für das Bewerbungsgespräch übrig haben, weil sie danach noch zu einer privaten Verabredung müssen und das auch noch laut sagen. "Das gilt als normal in jugendlichen Kreisen", sagt Beck und muss nun einerseits auch wieder lachen, "denn das Verrückte ist, dass diese jungen Leute ja nicht bewusst unhöflich oder unwillig sind. Sie wissen es einfach nicht besser. Da muss man nachschulen." Dies werde die Herausforderung der Zukunft sein: "Wir müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir keine maßgeschneiderten jungen Leute mehr für die Ausbildung bekommen werden. Wir müssen Programme entwickeln, um ihnen zu helfen." Und Oliver Beck wäre nicht Personalchef, wenn er sich da nicht schon seine Gedanken gemacht hätte: "Um die Beschäftigungsfähigkeit wird sich künftig alles drehen. Wenn wir es nicht schaffen, die wenigen jungen Leute, die wir künftig überhaupt noch bekommen werden, in unsere Industriekultur einzubinden, wird es eng mit dem Standort Deutschland." Aber Beck ist guten Mutes: "Wir kriegen das hin." "Wir müssen jungen Leuten beim Einstieg künftig mehr helfen"Oliver BeckMeinung

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