Brüder machen Anna-Leonie flott

Rilchingen-Hanweiler. Umgeben von hohen Hecken und Sträuchern schlängelt sich in Rilchingen-Hanweiler eine etwa 50 Meter lange, asphaltierte Einfahrt zur einzigen Schiffswerft des Saarlandes, die noch in Betrieb ist. Bereits die Einfahrt hat Museums-Charakter. Mitten in den Hecken entdeckt man bei genauerem Hinsehen plötzlich ein uraltes, einer Planierraupe ähnliches Kettenfahrzeug

Rilchingen-Hanweiler. Umgeben von hohen Hecken und Sträuchern schlängelt sich in Rilchingen-Hanweiler eine etwa 50 Meter lange, asphaltierte Einfahrt zur einzigen Schiffswerft des Saarlandes, die noch in Betrieb ist. Bereits die Einfahrt hat Museums-Charakter. Mitten in den Hecken entdeckt man bei genauerem Hinsehen plötzlich ein uraltes, einer Planierraupe ähnliches Kettenfahrzeug. Wenige Meter weiter verbirgt sich ein etwas angerosteter Unimog in den Sträuchern, und direkt gegenüber liegen Teile einer mittlerweile zugewachsenen Schiffskajüte. Überall liegen schwere Metallteile, und direkt neben einer großen Halle steht in drei Meter Höhe ein alter Trabbi auf Stahlträgern. "Man kann ja nicht alles wegschmeißen, was man gerade nicht braucht. Irgendwann ist es vielleicht wieder von Nutzen", sagt der 50-jährige Theodor Wirotius, der gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Hans (62) und Franz (64) die Schiffswerft betreibt. "Wir sind vor 40 Jahren von Güdingen nach Hanweiler gezogen und haben diese Entscheidung bis heute nicht bereut", sagt Hans Wirotius. "An dieser Stelle ist die Saar breit genug für unsere Werft, und der Weg nach Frankreich ist kurz. Rilchingen-Hanweiler ist unsere Heimat geworden", meint Franz Wirotius. Der bereits verstorbene Vater Franz Wirotius hatte die Idee, eine Werft zu bauen und später auch die Idee, nach Rilchingen-Hanweiler zu ziehen. Für die drei Brüder gibt es nichts Schöneres, als die Ideen des Vaters fortzuführen. "Wir reparieren Schiffe und vermieten unsere eigenen. Ein tolles Leben", ist sich Theodor sicher. Und vor zwei Jahren trudelte der bislang spektakulärste Auftrag bei den Wirotius' ein. Der saarländische Fischereiverband gab den drei Brüdern den Auftrag, die Anna-Leonie, das letzte Treidelschiff des Saarlandes, zu restaurieren. Ein Projekt, das immerhin 750 000 Euro kostet. "Wir brauchen wahrscheinlich noch das komplette Jahr 2010, bis das Schiff fertig ist. Zurzeit montieren wir das riesige Ruder, das wir selbst gebaut haben", erzählt Hans Wirotius. Mit Niet-Techniken, die heute überhaupt nicht mehr gelehrt werden, haben die drei Brüder den alten Kahn wieder auf Vordermann gebracht. "Wir haben mehr als 50 000 Nieten verarbeitet. Eine herrliche Arbeit", freute sich Franz Wirotius. Wenn es Abend wird in Rilchingen-Hanweiler, ziehen sich die drei Brüder in ihre Wohnung zurück. Die ist nicht irgendwo in einer Reihenhaus-Siedlung, sondern direkt neben der Werft auf der Saar. Gemeinsam mit ihrer 85-jährigen Mutter Anna-Katherina wohnen sie seit Kindesbeinen auf einem Hausboot. "Wir können uns gar nicht vorstellen, wie es ist, auf festem Land zu leben. Ich glaube, das wäre nichts für uns", sagt die 85-jährige Mutter. "Das Schiff ist praktisch immer in Bewegung. Menschen, die in normalen Häusern leben, können sich das wohl kaum vorstellen. Für uns ist es die normalste Sache der Welt, wir leben gerne hier", sagt Anna-Katherina Wirotius, die mit ihren drei Söhnen das Leben auf dem Wasser genießt.

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