Gemeinsamhandel-Chef warnt Der Handel steht mit dem Rücken zur Wand

Zweibrücken · Gemeinsamhandel-Chef blickt auf schmerzhaftes Jahr 2021 zurück und warnt: Einige Händler werden Corona wohl nicht überleben.

 2G? 3G? „G fort“, haben sich da viele Kunden in Zweibrücken gesagt, auf einen Bummel in der Fußgängerzone verzichtet und stattdessen vielfach im Internet eingekauft. Der Verein Gemeinsamhandel sieht sich in einer ernsten Situation, aus der nicht jeder lebend herauskommen werde.

2G? 3G? „G fort“, haben sich da viele Kunden in Zweibrücken gesagt, auf einen Bummel in der Fußgängerzone verzichtet und stattdessen vielfach im Internet eingekauft. Der Verein Gemeinsamhandel sieht sich in einer ernsten Situation, aus der nicht jeder lebend herauskommen werde.

Foto: dpa/Christophe Gateau

„Ein Schlag ins Kontor“ – dieser Ausdruck ist sehr alt. Und meint, dass einem Kaufmann schlimmes widerfahren ist. Das Kontor, der Bereich, in dem Geld und Wertsachen aufbewahrt werden, ist in einem üblen Zustand. Andreas Michel, Vorsitzender der Zweibrücker Händlervereinigung Gemeinsamhandel, greift bewusst diese alte Redensart auf, um deutlich zu machen, wie ernst und herausfordernd die Lage für den Handel in der Rosenstadt ist.

„Das Weihnachtsgeschäft war ein Schlag ins Kontor“, zieht Michel im Gespräch mit dem Merkur Bilanz. Eigentlich ist das Jahresende die Zeit, in der das Geld locker sitzt. Viele Bürger haben Weihnachtsgeld bekommen, sie freuen sich auf das Fest der Feste und sind beseelt davon, ihren Lieben und auch sich selbst etwas Gutes zu tun.

Von dieser Stimmung, die normalerweise Jahr für Jahr die Kassen der Händler im Dezember klingeln lässt, sei im vergangenen Advent wenig zu spüren gewesen, bedauert Michel. Der Chef von Gemeinsamhandel hat die Fußgängerzone inspiziert, mit Händlern gesprochen, sein Fazit fällt ernst aus: „Das war kein erfreuliches Weihnachtsgeschäft.“ Der Publikumsverkehr in der Fußgängerzone sei „sehr verhalten, was ich so beobachtet habe.“ Er macht auch unumwunden klar: „Der verkaufsoffene Sonntag im Dezember lief miserabel.“

Da er regelmäßig Gespräche mit Händlerkollegen aus benachbarten Städten führt, weiß Michel: „In Pirmasens, Neunkirchen oder Saarbrücken ist es ähnlich schlecht gelaufen.“ Michel schätzt, dass der Zweibrücker Handel – nicht nur bezogen auf die Wochen rund um den Jahreswechsel – 2021 einen Umsatzverlust von rund 40 Prozent hinnehmen musste.

Einen Grund sieht er in der bereits seit mehreren Wochen geltenden „2G-Regel“: Abgesehen von Adressen wie Lebensmittelmärkten, Apotheken oder Drogerien müssen die Kunden den Status „Geimpfter“ oder „Genesener“ aufweisen, um einen Laden betreten zu dürfen.

Dass mittlerweile verschiedene Gerichte bundesweit diese Regelung als rechtswidrig bezeichnet haben – für den Handel mit Blick auf 2021 ein schwacher Trost.

„Diese 2G-Regel hat dem Handel zugesetzt“, sagt Michel. Profitiert hätten natürlich die großen Supermärkte, für sie galten – abgesehen von Maskenpflicht und den allgemeinen Abstandsregeln – keine derartigen Auflagen. Dorthin sei ein Teil des Kundengeldes geflossen. Und tatsächlich hatte Dieter Ernst, Leiter der Edeka-Märkte im Hilgard-Center und in Niederauerbach) dem Merkur jüngst strahlend berichtet, dass für ihn 2021 ein Rekord-Weihnachtsjahr gewesen sei, er habe in seinen 14 Jahren im Hilgard-Center noch kein solch starkes Geschäft erlebt.

Neben den Supermärkten habe natürlich auch und gerade der Online-Handel massiv profitiert. Einen Versandgiganten wie Amazon (der in Deutschland kaum Steuern zahlt, im Gegensatz zu den Händlern vor Ort) lässt 2G völlig kalt, der Rubel rollt trotzdem – oder besser, er rollt erst recht.

Für den Zweibrücker Handel seien das außerordentlich schwierige Bedingungen, klagt Michel. „Der Einzelhandel ist kein Treiber in der Pandemie, die Leute haben sich doch überwiegend im häuslichen Bereich angesteckt. Diese 2G-Regel ist vollkommen unnötig.“

Der Händlersprecher fürchtet, dass nicht alle Läden in Zweibrücken den harten Kampf gegen diese widrigen Umstände überstehen werden. „Die Händler in Zweibrücken sind am Anschlag. Nicht jeder ist krisenfest. Ich fürchte, manche werden das nicht überleben.“

Natürlich könne nicht alles nur auf Corona und „2G“ geschoben werden, manche Probleme seien auch hausgemacht, mahnt Michel. Da sei das leidige Thema mit den uneinheitlichen Öffnungszeiten, schon seit vielen Jahren vom Gemeinsamhandel-Chef gebetsmühlenartig vorgetragen, da sei das Problem, dass an den Samstagen das Licht in den Zweibrücker Läden oft schon um 14 oder 15 Uhr ausgehe, während es auf der Grünen Wiese erst so richtig brummt.

„Brauchen wir überhaupt noch den klassischen Einzelhandel? Meine Kinder sagen dazu: ,Nein. Wir kaufen woanders ein, wir brauchen den Einzelhandel nicht’“, nennt Michel das Problem, dass gerade jüngere Menschen mit dem Sortiment in der Fußgängerzone nicht mehr unbedingt etwas anfangen können. „Es läuft ein Strukturwandel, das ist klar.“

 Andreas Michel ist Vorsitzender von Gemeinsamhandel Zweibrücken.

Andreas Michel ist Vorsitzender von Gemeinsamhandel Zweibrücken.

Foto: Lutz Fröhlich

Der Handel müsse kämpfen, so gut er könne, ein Patentrezept gebe es nicht. Eines sei aber absehbar: „Wir werden uns nach der Decke strecken müssen.“

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