VR-Bank-Prozess Turbulenzen rund um die Verjährungsfrage

Pirmasens/Zweibrücken · In dieser Woche ist vor der Dritten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken das Berufungsverfahren gegen einen ehemaligen Kassierer fortgesetzt worden, der die VR-Bank bis 2018 gemeinsam mit einem Kollegen um 1,139 Millionen Euro betrogen haben soll.

 1,139 Millionen Euro sollen zwei Kassierer der VR-Bank unterschlagen haben.

1,139 Millionen Euro sollen zwei Kassierer der VR-Bank unterschlagen haben.

Foto: picture alliance / dpa/Martin Schutt

Es ging weiterhin um die bei der VR-Bank Südwestpfalz Pirmasens-Zweibrücken von zwei ehemaligen Kassierern unterschlagenen 1,139 Millionen Euro. Und es ging diesmal auch hoch her. Am Mittwoch, dem fünften Verhandlungstag, kam es im Landgericht Zweibrücken während des Berufungsverfahrens gegen einen der beiden ehemaligen Kassierer (das Verfahren gegen seinen Ex-Kollegen war aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt worden) zum Eklat, als es um den Tatzeitraum ging. Eine wichtige Frage, von deren Beantwortung abhängt, ob die ganze Sache als inzwischen verjährt eingestuft und damit womöglich zu den Akten gelegt werden kann.

Und genau um diese Frage ging es bei der Vernehmung eines leitenden Angestellten des Kreditinstituts, der die Geldbewegungen in den betreffenden Jahren akribisch nachvollzogen hatte. Im Ergebnis seiner Untersuchung schloss der 49-jährige Prokurist aus, dass „der finale Schaden“, also der Fehlbetrag von 1,139 Millionen Euro, schon weit früher als 2018 eingetreten ist. Bei einem ersten Gespräch unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Unterschlagung hätten die ehemaligen Kassierer zwar einen Tatzeitraum von 2002 bis 2008 angegeben, womit ihr Betrug zum Zeitpunkt seines Bekanntwerdens, am 26. Februar 2018, nach zehn Jahren verjährt gewesen wäre. „Aber das kann nicht sein, dass der Schaden da schon voll dagewesen war. Er muss deutlich später entstanden sein“, gab der Prokurist nun zu Protokoll. Er habe „Fehlbeträge mit steigender Tendenz“ bis weit über das Jahr 2012 hinaus festgestellt. Dabei habe es sich um „Scheinbuchungen auf einem Zwischenkonto“ gehandelt: „Tatsächlich haben die Geldtransfers so gar nicht stattgefunden.“ Ab 2010 sei dieses Zwischenkonto „hochgelaufen“. Und irgendwann hätte sich der „physische“ Fehlbetrag nicht mehr so einfach „kaschieren“ lassen, sei „die Verschleierung über die Kasse an ihre Grenzen gestoßen“. Mit dieser Aussage wollte sich der Verteidiger des 71-jährigen Ex-Kassierers, der Pirmasenser Rechtsanwalt Rainer Fuchs, nicht abfinden. Er bohrte immer wieder nach, stellte die Untersuchung des Bank-Managers und konkret dessen Berechnung infrage, dass es die Fehlbeträge weit über das Jahr 2012 hinaus gegeben habe: „Wir bewegen uns im Bereich von Vermutungen.“ Als er sein diesbezügliches mehrfaches Nachhaken damit begründete, dass bislang offenbar weder Oberstaatsanwältin Kristine Goldmann noch der Vorsitzende Richter Andreas Herzog die Problematik verstanden hätten, platzte den beiden Angesprochenen der Kragen. Sie wiesen den Verteidiger mit deutlichen Worten in seine Schranken, woraufhin der Rechtsanwalt schimpfend aufsprang und drauf und dran war, den Gerichtssaal zu verlassen. Jedoch beruhigten sich die Verfahrensbeteiligten schnell wieder. Und so konnte der Prokurist weiter berichten, wie die jahrelange Unterschlagung durch die Ex-Kassierer überhaupt möglich gewesen war: „Sie haben sich gegenseitig vertreten und die Verschleierung betrieben, indem sie jeden Tag aufs Neue gebucht haben.“

Die Staatsanwaltschaft geht nach wie vor davon aus, dass die beiden Ex-Kassierer das Geld von 2002 bis 2018 beiseite geschafft haben. Die beiden Männer waren im Oktober 2020 von einem Pirmasenser Schöffengericht wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Unterschlagung zu je drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Die Million wollen sie nach eigenen Angaben einem Werttransport-Unternehmer geliehen haben, der damals auch für die VR-Bank tätig gewesen war. Dieser Geldbote, ein wegen Betrugs vorbestrafter Kaufmann aus Kaiserslautern, hatte bei seiner damaligen Vernehmung zwar eingeräumt, von den Kassierern Geld bekommen zu haben – allerdings lediglich 60 000 Euro, niemals jedoch 1,139 Millionen Euro. Der Mann sollte am Montag aussagen, fehlte jedoch unentschuldigt. Nun soll der Zeuge zu einem späteren Termin polizeilich vorgeführt werden.

Die Verhandlung wird am 10. Juni fortgesetzt.

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