Autokonzert mit Glasperlenspiel Hupen ist das neue Brot des Künstlers

Zweibrücken · Glasperlenspiel geben ein starkes Auto-Konzert am Zweibrücker Flughafen.

 Der Himmel machte mit bei der Lightshow von Glasperlenspiel.

Der Himmel machte mit bei der Lightshow von Glasperlenspiel.

Foto: Sebastian Dingler

Erstmal war Schluss mit Livekonzerten zu Beginn des Lockdowns. Dann begannen manche Künstler, ihre Auftritte als Livestream im Internet zu zeigen – mit eher mäßigem Erfolg. Besser ist da schon die Umwandlung eines Autokinos in eine Konzertbühne;  hier haben die Zuschauer wieder direkten Kontakt zu den Musikern. Diese wiederum bekommen zwar noch wenig hörbaren Applaus, aber dafür stattdessen ein großes Gehupe für ihre Darbietungen.

So lief das jedenfalls beim Auftritt des Pop-Duos Glasperlenspiel auf dem Flughafengelände. Etwa 160 Autos mit zwei bis vier Insassen waren vor die relativ kleine Bühne gefahren – das Geschehen konnte auf der Leinwand direkt daneben verfolgt werden. Lautsprechertürme? Fehlanzeige! Nicht mal auf der Bühne gab es Boxen außer jener des Gitarristen. Das war schon reichlich seltsam, beim Fotografieren der Band nichts außer Schlagzeug und Gitarre zu hören. Die Musiker selbst hörten sich über kleine Ohrstöpsel. Und das im Auto sitzende Publikum bekam den Sound über eine Radiofrequenz ins Autoradio.

Glasperlenspiel, das sind Sängerin Carolin Niemczyk sowie Sänger und Keyboarder Daniel Grunenberg, die auch privat ein Paar sind. Zusammen mit Schlagzeuger, Gitarrist, Bassist und Backgroundsängerin lieferten sie eine routinierte Show ab – die gleichwohl auch für die langjährigen Profis etwas Neues war. „Nie hätte ich jemals gedacht, vor Autos zu spielen“, sagte Sängerin Carolin, die trotzdem andauernd betonte, wie froh sie darüber sei, überhaupt mal wieder live auftreten zu können. Sie lief sogar einmal über den großen Parkplatz und tat dabei das Einzige, was wohl derzeit an Liebesbeweis gegenüber den Fans möglich ist: Sie signierte Autos. Ob ihr Stift waschanlagenfest war?

Ein „Auto-Lied“ hatte die Band extra zu diesem Anlass einstudiert, „Sleeping in My Car“ von Roxette – das schwedische Popduo dürfte mit seinen zahlreichen Hits zu den Vorbildern von Glasperlenspiel zählen. Niemczyk und Grunenberg verteilten ihre erfolgreichsten Songs schön gleichmäßig im Repertoire. „Echt“ begann als Ballade und ging dann recht heavy weiter, in „Schloss“ hatte das Duo einen Part von Daft Punks „Get Lucky“ eingebaut. Die dabei normalerweise stattfindende Choreografie sollte das Publikum bitte mit dem Blinker gestalten – ein Takt links, ein Takt rechts.

Einen ganz neuen Song hatten Glasperlenspiel auch mitgebracht, „Immer da“, eine Popnummer über die Jugend in den Neunzigern, mit Bravo-Hits und Beyoncé-Verehrung. Einmal lag Niemczyk etwas daneben, als sie einen „Song zum Kuscheln“ ankündigte und bedauerte, das dürfe man ja derzeit nicht. Welche Verordnung meinte sie denn damit?

„Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, ohne Corona und ohne Autos“, damit kündigte sie den letzten Song „Royals & Kings“ an, ehe die Zugabe herbeigehupt wurde. Es fehlte ja noch der größte Hit, „Geiles Leben“. Der kam prompt aus dem Autoradio. Dunkel war es da schon, und so forderte Grunenberg ein „Fernlicht-Stroboskop“: Für das allerletzte Stück, ein Disco-Remix aus verschiedenen Hits der Band.

Mit einem langen Hupkonzert wurde die Band verabschiedet. Für Franziska Keßler aus Reifenberg und Laura Mayer aus Maßweiler war es das erste Autokonzert. Beide waren total begeistert. „Es war komplett anders, aber trotzdem genial. Wenn man die Band auch live sieht, ist das auf jeden Fall besser, als wenn man nur die Musik im Radio hört. Das war auch alles super organisiert hier, ein großes Lob an die, die das hier alles gemacht haben.“

Gerne hören werden das Nathalie und Kai Harbig, die die Autokinos und -konzerte am Flughafen organisieren. Während der Coronakrise gab es für die beiden, die normalerweise Firmenfeiern und Gastroevents planen, erstmal nichts mehr zu tun. Für beide Arbeitstiere kein erträglicher Zustand. Nathalie Harbig kann zum Glück auf eine lange Erfahrung im Konzertmanagement zurückblicken und so packten die beiden das Ganze an. Mit dem Flughafengelände wurde der ideale Konzertort gefunden. Und wer weiß, vielleicht geht das dort eines Tages auch mal ohne Autos.

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