Trainer-Umfrage „Der Jogi Löw ist ja nicht dumm“

Zweibrücken · Das Auftaktspiel der deutschen Elf ist gründlich schiefgegangen. Nach der 0:1-Niederlage stehen Jogis Jungs bereits vor der zweiten Partie unter Druck. Was gegen Mexiko alles nicht gestimmt hat und besser werden muss, damit es kein vorzeitiges WM-Aus für den Titelverteidiger gibt, darüber haben wir uns mit einigen Fußball-Trainern aus der Region unterhalten.

 Nicht wirklich schwarz-rot-geil war die Stimmung bei vielen deutschen Fans, wie hier beim Public Viewing auf Mallorca, nach der schwachen Vorstellung der DFB-Elf bei der Auftaktpleite gegen Mexiko.

Nicht wirklich schwarz-rot-geil war die Stimmung bei vielen deutschen Fans, wie hier beim Public Viewing auf Mallorca, nach der schwachen Vorstellung der DFB-Elf bei der Auftaktpleite gegen Mexiko.

Foto: dpa/Clara Margais

Krise, Fehlstart, Schland unter – was müssen die deutschen Nationalspieler nach der Auftaktpleite gegen Mexiko nicht alles über sich ergehen lassen. Obwohl die Trainer der Region in einer Merkur-Umfrage nicht alles Schwarz malen wollen, sind auch sie nach der 0:1-Pleite der DFB-Elf bei der Weltmeisterschaft in Russland ernüchtert.

„Die Auftaktpartie hat das gesamte Stimmungsbild wiedergespiegelt“, erklärt Björn Hüther, Trainer des Fußball-Verbandsligisten SG Rieschweiler. Noch sei auch hierzulande nichts vom WM-Fieber zu spüren. „Das merke ich auch an mir selbst und meinem Umfeld – und genauso hat die deutsche Mannschaft auch gespielt.“ Leidenschaftslos, ohne Schnelligkeit. Die Mexikaner seien einfach spritziger gewesen, gegen das aggressive Anlaufen des Gegners sei die DFB-Elf nicht angekommen. „Mir hat ein Aufbäumen gefehlt. Es wirkte alles sehr satt“. Obwohl David Schwartz, Trainer des Landesligisten SG VB Zweibrücken/SV Ixheim, Deutschland ohnehin nicht zu den Titelfavoriten gezählt hatte, „war es für das erste Spiel etwas zu überheblich“. In erster Linie bemängelt er die Einstellung der deutschen Spieler. „Die sind halbherzig ins Spiel gegangen. Wenn man keine Zweikämpfe führt, kann man nicht gewinnen.“ Ähnlich sieht es Thorsten Lahm. Der Trainer des Oberligisten FSV Jägersburg „könnte Klugscheißer spielen: Als ich die Aufstellung sah, habe ich befürchtete, dass es so laufen wird“. Mit zwei Sechsern, die nicht mal runtergehen und grätschen, wie es ein Schweinsteiger in der Vergangenheit gemacht hat. Doch Lahm sieht mehrere Faktoren, die zur historischen Auftaktniederlage beigetragen haben: Von der Einstellung „wir sind Deutschland, wir gehen das selbstbewusst an“ hat die Mannschaft nicht mehr die Kurve gekriegt. „Die Mexikaner waren heißblütiger, haben jeden Zweikampf unerbittlich geführt, mit viel mehr Herz.“ Die DFB-Elf habe es mit spielerischen Mitteln lösen wollen. Zu spät habe sie gemerkt, dass es so nicht funktioniert. Erst in den letzten 20 Minuten hätte sie den Schalter umgelegt. „Marvin Plattenhardt haben die Mitspieler komplett geschnitten, dem kann man gar keine Schuld geben. Toni Kroos haben die Mexikaner gut zugestellt – was kein Riesenproblem ist. Insgesamt war einfach kein Team auf dem Platz.“ Zudem fehle der Mannschaft ein Chef, der das auch vorlebt. „Wenn es gut läuft, ist das alles okay, wenn nicht, ist aber keiner da, der die Mannschaft mitzieht“, betont Lahm. „Wir haben auch da gesessen und überlegt, wen man denn einwechseln könnte“, stimmt Björn Hüther ein. Außer Marco Reus sei ihm niemand eingefallen. „Es fehlt ein richtiger Typ in der Offensive, der etwas reißen kann. Thomas Müller ist nur mitgelaufen, Mesut Özil schwankt in seiner Leistung immer sehr.“

So bezeichnet der ehemalige Trainer des SVN Zweibrücken und neue Coach des Verbandsligisten SG Ballweiler-Wecklingen, Peter Rubeck, das Auftaktspiel der Deutschen als „sehr ernüchternd“. Er sieht für die kommenden Partien nur zwei Möglichkeiten: „Entweder muss Joachim Löw personell etwas ändern oder eben taktisch. So weitermachen ist keine Option.“ Es gebe bei dieser WM einige Mannschaften, die mit zwei Mann voll anlaufen. Wenn die Abwehrspieler dann nicht nachrücken oder falsch stehen, „haben wir im Mittelfeld ein Riesenloch.“ Das deutsche Umschaltspiel sei sehr schlecht gewesen gegen die Mexikaner. „Im Mittelfeld sind wir einfach zu langsam“, erklärt Rubeck. Entweder müsse im Zentrum ein neuer Mann her oder die deutsche Elf müsse mit mehr Geschwindigkeit spielen. In den letzten Vorbereitungspartien gegen Österreich und Saudi-Arabien habe die DFB-Elf die gleichen Fehler gemacht. „Ich dachte, bis zum Auftakt bekommen die das noch hin – aber das war nicht der Fall.“ In Ballbesitz, wie in den Qualispielen so häufig, könne die deutsche Mannschaft ihr Ding machen. Mit den Mexikanern, die Toni Kroos aus dem Spiel genommen haben und zudem aggressiv angelaufen sind kam Deutschland hingegen nicht zurecht. Geht es nach Rubeck, so lässt Löw seine Mannschaft gegen Schweden taktisch tiefer spielen. „Dann bieten sich dem Gegner auch nicht so viele Löcher.“ Auch Marco Reus würde er von Beginn an auflaufen lassen. „Aber der Jogi Löw ist ja nicht dumm. Der wird sich schon seine Gedanken machen und etwas ändern.“ Wenn nicht, dann könnte es eng werden für die deutsche Mannschaft.

„Vielleicht belehren sie uns auch noch eines Besseren“, hofft Hüther mit Blick auf die nächste Vorrundenpartie am Samstag gegen Schweden. Sicher könne auch taktisch noch viel gedreht werden, vor allem sei aber mehr Biss nötig, betont David Schwartz, der der Mannschaft noch viel zutraut. „Deutschland hat Qualität. Durch die Niederlage hat sich das Team jedoch selbst unter Druck gebracht. Vielleicht wachsen die Jungs daran aber auch“, hofft der VBZ-Trainer. Noch sei alles drin, betont auch Lahm: „Wenn wir die Vorrunde überstehen, dann können wir natürlich auch noch Weltmeister werden.“ Aber es könne auch ganz schnell in die Hose gehen, wenn die Mannschaft nicht schnell zu einer Einheit wird, wenn sie die Zweikämpfe nicht ordentlich führt und die Abstände nicht kleiner werden.

 Rieschweilers Trainer  Björn Hüther.

Rieschweilers Trainer Björn Hüther.

Foto: maw/Martin Wittenmeier
 Trainer der  SG VBZ/Ixheim,  David Schwartz.

Trainer der SG VBZ/Ixheim, David Schwartz.

Foto: MArtin Wittenmeier
  Jägersburgs Trainer  Thorsten Lahm.

 Jägersburgs Trainer Thorsten Lahm.

Foto: maw/Martin Wittenmeier
 Ballweilers  Trainer  Peter Rubeck.

Ballweilers Trainer Peter Rubeck.

Foto: Jörg Jacobi

Zudem sei es wichtig, dass Jogis Jungs den eigenen Glauben entwickeln, es noch zu schaffen. Das Interview von Mats Hummels nach dem Mexiko-Spiel habe allerdings nicht den Eindruck gemacht. „Es gibt viele Riesenbaustellen.“ Die zumindest größtenteils bis zum Schwedenspiel am Samstag beseitigt sein müssten. Nach dem 1:0-Auftaktsieg des kommenden Gegners gegen Südkorea „ist die Partie gegen Schweden schon das erste Endspiel“, sagt der Jägersburger Trainer.

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