Analyse Wie Präsident Bolsonaro Brasilien ruiniert

Mexiko-Stadt · Die gute Nachricht zuerst: zwei Jahre der Amtszeit von Jair Bolsonaro sind bereits vorbei. Sein Land Brasilien, die Welt und der Amazonas-Regenwald haben seit dem 1. Januar die erste Hälfte des Mandats des radikal rechten Politikers also hinter sich.

 Seine Amtszeit ist für Brasilien ein gigantischer Rückschritt: der brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro.

Seine Amtszeit ist für Brasilien ein gigantischer Rückschritt: der brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro.

Foto: dpa/Eraldo Peres

Die schlechte Nachricht kommt aber leider gleich hinterher. Passiert nicht noch irgendetwas Unerwartetes, wird der ehemalige Fallschirmspringer noch bis Ende 2022 Brasiliens Image im Ausland beschädigen und das Land weiter spalten sowie die Umwelt zunehmend zerstören und die demokratischen Institutionen abbauen.

Die bisherige Amtszeit des Rechtspopulisten ist für das größte Land Lateinamerikas ein gigantischer Rückschritt gewesen. Vor allem deshalb, weil die Amazonas-Abholzung unter ihm neue Rekordstände erreicht hat und Brasilien dabei ist, sich zu einem „Paria-Staat“ zu entwickeln, wie der brasilianische Umweltexperte Carlos Rittl vom Potsdamer „Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung“ (IASS) jüngst sagte.

Dabei hat der Staatschef weder die Corona-Pandemie noch die Wirtschaft auch nur annähernd im Griff. Das Bruttoinlandsprodukt der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas fällt laut Prognosen der Zentralbank dieses Jahr um 4,4 Prozent. Schlimmer noch ist, dass das Land die Corona-Pandemie nicht kontrolliert bekommt. Mit weltweit den drittmeisten Infizierten (7,7 Millionen) und den zweitmeisten Toten (196 000) tut Bolsonaro dennoch immer noch so, als sei diese Infektionskrankheit eine kleine Grippe, und wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Impfung, die das Oberste Gericht kurz vor Weihnachten faktisch für jeden Brasilianer verpflichtend gemacht hat.

Die Quittung spiegelt sich in den Umfragen wider. Jeder dritte Brasilianer hält Bolsonaros Amtsführung für schlecht oder katastrophal. Der Staatschef feuert Minister nach Belieben, stützt sich auf Militärs, und es scheint fast, als habe er Spaß an Konflikten mit Staatschefs wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, mit dem er sich öffentlich um den Erhalt des Regenwaldes zoffte. Und hier beginnt bereits ein Problem, das Bolsonaro in den kommenden zwei Jahren haben wird. Sein größter Verbündeter und Bruder im Geiste, Donald Trump, wird Ende Januar nicht mehr da sein. Der Brasilianer weiß, dass mit dem neuen Chef im Weißen Haus vor allem seine Umweltpolitik an Grenzen stoßen wird. Biden hatte Bolsonaro bereits im Wahlkampf zum Umdenken in der Amazons-Frage aufgefordert oder mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. Denn der Regenwald, der anderthalbmal die Fläche der Europäischen Union umfasst, ist längst nicht mehr dicht und geschlossen. Längst warnen Ökologen, dass der Amazonas bei fortschreitender Entwaldung umkippen könnte.

Überhaupt waren die bisherigen 24 Monate Bolsonaros an der Spitze Brasiliens für die Umwelt und vor allem den Amazonas und damit auch die Weltgemeinschaft zwei katastrophale Jahre. Er hat den größten tropischen Regenwald, die Lunge der Welt, zum Abholzen noch weiter freigegeben und verbittet sich die Einmischung von außen. Zwischen August 2019 und Ende Juli 2020 sind 11 000 Quadratkilometer Regenwald zerstört worden, fast zehn Prozent mehr als im Vergleichszeitraum.

Zudem werden die indigenen Gemeinden von Viehzüchtern, Holzfällern und Goldsuchern, von Hasardeuren, rücksichtslosen Unternehmern und kriminellen Banden zunehmend an den Rand gedrängt. „Brasilien wird von einem Spalter regiert, den Militärs sekundieren, die von Politik keine Ahnung haben“, resümiert der politische Autor Rubens Valente in einem Satz eine ganze Amtszeit. Das lässt für die kommenden 24 Monate nichts Gutes erwarten. 

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