Chefvolkswirt Norbert Walter ist tot

Frankfurt/Saarbrücken. Der bekannteste Ökonom Deutschlands ist tot: Der frühere Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, starb gestern, wie seine Tochter Jeannette Zimmermann betätigte. Er betrieb mit ihr eine Beratungsfirma bei Frankfurt. Der 67-Jährige sei am Morgen gestorben, die Ursache stehe noch nicht fest

Frankfurt/Saarbrücken. Der bekannteste Ökonom Deutschlands ist tot: Der frühere Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, starb gestern, wie seine Tochter Jeannette Zimmermann betätigte. Er betrieb mit ihr eine Beratungsfirma bei Frankfurt. Der 67-Jährige sei am Morgen gestorben, die Ursache stehe noch nicht fest. Die Deutsche Bank, bei der Walter 22 Jahre lang als Ökonom arbeitete, nahm die Todesnachricht mit Betroffenheit auf.Walter prognostizierte im Krisenjahr 2009 früh das Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um fünf Prozent. Dafür kritisierte ihn die Bundesregierung scharf. Am Jahresende stimmte Walters Zahl. Der promovierte Volkswirt war von 1990 bis 2009 Chefvolkswirt des größten deutschen Geldhauses. Er machte sich als engagierter und medienwirksamer Anhänger der Marktwirtschaft einen Namen. Er trat ein für niedrige Steuern, einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft und kritisierte den "überbordenden Wohlfahrtsstaat". Walter schrieb mehrere Bücher, zuletzt "Wer soll das bezahlen?" über die Wirtschaftskrise. Auch nach seinem Abschied von der Deutschen Bank blieb er in den Medien präsent. Nach dem Abitur und dem Volkswirtschaftsstudium in Frankfurt arbeitete Walter dort am Institut für Kapitalmarktforschung. Nach der Promotion 1971 wechselte er an das Institut für Weltwirtschaft in Kiel als Leiter der Forschungsgruppe Nationale und Internationale Konjunktur und späterer Direktor. Schon den Wirtschaftsabschwung 1979/1980 prognostizierte er treffsicher. Später mahnte der Ökonom die schwarz-gelbe Regierung Helmut Kohls zur "Entfesselung der Marktwirtschaft". Die deutsche Einheit sei nicht für eine umfassende Deregulierungs- und Privatisierungsoffensive genutzt worden. Seinen Posten als Chefvolkswirt gab Walter 2009 altersbedingt auf.

Walter war erst am 31. Mai dieses Jahres Festredner in Saarbrücken beim "Traditionellen Frühstück" der Deutschen Bank im Schloss vor zahlreichen Entscheidern aus Politik und Wirtschaft. Dabei erzählte er unserer Zeitung, er habe stets einen besonderen und positiven Bezug zum Saarland gehabt. Denn er habe gerade zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit viel gelernt vom SR-Journalisten Axel Buchholz, der sich früh für ihn als Gesprächspartner interessiert hat. Buchholz habe ihm mehrfach in Radio-Interviews alles abverlangt, weil sich die Themen häufiger im Verlauf solcher Gespräche ausführlicher und in der Folge anders entwickelt hätten als vorher gedacht. Aus solchen Situationen habe er gelernt, in Radio und Fernsehinterviews stets bestens vorbereitet zu sein und flexibel zu reagieren. Inhaltlich prognostizierte Walter beim "Traditionellen Frühstück" eine weltweite Rezession für 2013 und 2014, verbunden mit steigender Arbeitslosigkeit. Und meinte, Griechenland werde den Euro behalten. Allerdings seien noch weitere gemeinsame Anstrengungen erforderlich, Europa auf Kurs zu bringen. dapd/ts

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