Skispringen Ungewohnte Rolle bei Tournee und Olympia

Oberstdorf · Skispringer Severin Freund will bei den Saison-Höhepunkten nicht zu nah bei der Mannschaft sein. Dies würde zu sehr stören.

 Skispringer Severin Freund muss nach seinem Kreuzbandriss bei der Vierschanzentournee und den Olympischen Spielen zuschauen – damit hat er sich aber abgefunden.

Skispringer Severin Freund muss nach seinem Kreuzbandriss bei der Vierschanzentournee und den Olympischen Spielen zuschauen – damit hat er sich aber abgefunden.

Foto: dpa/Angelika Warmuth

Den erhofften Olympia-Coup seiner Kollegen müsste Severin Freund aus 10 000 Kilometer Entfernung beobachten. Wenn die derzeit so überragend aufgelegten Richard Freitag, Andreas Wellinger und Co. am 19. Februar in Pyeongchang erneut nach olympischem Gold greifen, wird der Bayer auf seinem Sofa sitzen und gebannt zuschauen. Vor Ort kann er diesmal nicht helfen. „Ich glaube, dass bei Olympia jeder, der keinen klaren Auftrag hat, nur stört und hinderlich ist“, sagt Freund.

Nach zwei Kreuzbandrissen innerhalb eines Jahres stand das Saison-Aus bereits im Sommer fest. Auf eine Reise nach Südkorea verzichtet er – aus guten Gründen. In Sotschi habe er ja erlebt, wie Teamgeist und Geschlossenheit zu einer Top-Leistung auf den Punkt führte. „Da würde ein zusätzlicher Mann nur Unruhe reinbringen“, sagt Freund.

Der 29-Jährige war jahrelang das Aushängeschild des Deutschen Skiverbands, gewann Titel bei der nordischen WM, der Skiflug-WM und eroberte als erster Deutscher seit Martin Schmitt den Gesamtweltcup. „Er hat einen sehr guten Status, und den hat er nicht, weil er eine große Plaudertasche ist“, sagt Bundestrainer Werner Schuster über den Niederbayer. Freund repräsentierte das Skisprung-Team nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern ging auch teamintern voran. Gerade die Beharrlichkeit, mit der er sich nach Rückschlägen herankämpfte, beeindruckt die Kollegen. „Er hat Skispringen toll nach innen und außen verkörpert“, stellt Schuster fest.

In diesem Winter mit gleich drei Höhepunkten müssen die deutschen Adler ohne ihren introvertierten Frontmann auskommen. Und sie schlagen sich bislang so gut, dass der erste Sieg bei der Vierschanzentournee seit Sven Hannawald (2001/2002) nun ausgerechnet ohne Freund winkt. „Der Stand ist jetzt schon spektakulär gut“, stellt Freund fest und verweist auch auf die zweite Garde, die hinter Richard Freitag und Andreas Wellinger konstant Platzierungen unter den besten 15 abliefert. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass Siege und Podestplätze zum Start in den Weltcup nicht die allergrößte Bedeutung haben. „Die Tournee ist etwas eigenes, und Vorleistungen sind keine Garantie für irgendwas“, erklärt der Team-Olympiasieger von 2014. Seine Kollegen seien aber schon „in einer sehr, sehr guten Situation“. Er selbst steht seit gut zwei Wochen wieder auf Langlauf-Skiern und treibt seine Reha voran. Ein frühzeitiges Comeback hatte Freund aber stets ausgeschlossen. Erst im kommenden Sommer wolle er wieder von der Schanze springen, sagt er: „Aber ich will mir keinen Druck machen.“

Freund hat das plötzliche Olympia-Aus hingenommen und gleich im Sommer verarbeitet. „Es soll am Anfang wehtun, sonst verarbeitest du es gar nicht, oder es kommt nur umso härter zurück“, erklärt er. Die Zeit, die er durch den Rückschlag nun übrig hat, nutzt Freund. Er beendet die letzten Kurse seines Studiums im fränkischen Ansbach. Danach will er seine Bachelorarbeit schreiben.

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