Nur Steffen trübt die Bilanz

Berlin · Der neue Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz erlebte eine Premiere mit Höhen und Tiefen. Insgesamt machte ihm die DM aber Hoffnungen für die kommende Weltmeisterschaft im Sommer in Barcelona.

Die motivierten Talente machen Hoffnung, die kranke Britta Steffen bereitet Sorgen, der überragende Steffen Deibler weckt WM-Medaillenhoffnungen: Henning Lambertz erlebte bei seinem Einstand als Schwimm-Bundestrainer ein Wechselbad der Gefühle. Eigentlich liefen die deutschen Meisterschaften in Berlin ganz nach Wunsch - wenn da nicht der spektakuläre Startverzicht der Weltrekordlerin gewesen wäre. Diese Tatsache trübte die ansonsten gute Bilanz mit 21 DSV-Athleten, die die Norm für die WM in Barcelona (19. Juli bis 4. August) erfüllten.

Für einen Paukenschlag zum Abschluss sorgte der Olympiavierte Steffen Deibler mit seinem Sieg über 100 Meter Schmetterling in deutscher Rekordzeit (51,19 Sekunden) und Platz eins der Jahres-Weltbestenliste. Bei Olympia in London wäre Deibler sogar schneller als Olympiasieger Michael Phelps (51,21) gewesen. "Sensationell. Heute habe ich mich selbst überrascht", sagte der Hamburger.

Doch nicht nur Deibler überzeugte Lambertz: "Insgesamt bin ich zufrieden, aber leider gab es den kleinen Wermutstropfen durch Britta Steffens Erkrankung." Um nach Paul Biedermann, der wegen seines Trainingsrückstandes erst gar nicht bei der DM angetreten war, nicht auch noch dessen Lebensgefährtin für die WM zu verlieren, müssen der Bundestrainer und DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow die Hintertür öffnen. Beide signalisierten bereits eine Sonderbehandlung für den an einem Infekt erkrankten Star. "Britta Steffen ist eine extrem wichtige Person im Schwimmen, hat in der Vergangenheit so viel für Deutschland geleistet, dass wir ihr alle erdenklichen Optionen offen halten wollen", sagte der Essener, der Steffen mit Blick auf eine Staffel-Nominierung zu einem Start im Vorlauf über 100 Meter Freistil überredet hatte. Die geschwächte Schwimmerin blieb in 55,68 Sekunden über der WM-Vorlaufnorm und sagte danach alle weiteren Starts ab.

Steffen selbst wollte sich zu ihren WM-Chancen nicht äußern. "Ich muss erstmal selber runterkommen", sagte die Weltrekordlerin und machte sich dann sichtlich mitgenommen auf den Heimweg nach Halle in die gemeinsame Wohnung mit Biedermann. Der sah sich und seine Freundin vom Pech verfolgt: "Für uns beide kommt es richtig dicke."

Dagegen setzten einige junge Athleten Ausrufezeichen. Lambertz' Maßnahme, die WM-Normen aus Motivationsgründen deutlich zu entschärfen, ging auf: "So habe ich mir das vorgestellt: Die zweite Reihe sieht ihre Chance und greift zu." So wie Selina Hocke. Die 16-Jährige sicherte sich in ihrer Heimatstadt die Titel über 50 und 200 Meter Rücken sowie das WM-Ticket. "Ich bin total überwältigt", sagte Hocke unter Tränen. Lambertz bescheinigte ihr eine "irre Leistung". Auch dank Hocke ist die Stimmung im deutschen Team nach dem Null-Medaillen-Debakel von Olympia gestiegen.

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