Eine Hammergruppe droht den Weltmeistern nicht. Dennoch werden Joachim Löw und "Losfee" Oliver Bierhoff morgen mit einem mulmigen Gefühl in den Flieger nach Paris steigen. Vier Wochen nach den Terror-Anschlägen während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland (2:0) im Stade de France werden der Bundestrainer und sein gesamter Stab zur Auslosung der EM-Gruppen am Abend (18 Uhr/ZDF) in die französische Hauptstadt zurückkehren. "Natürlich wird die Rückkehr nach Paris für mich speziell", sagte Löw: "Ich denke, dass ich mich mit ein paar Gedanken an den 13. November auf den Weg machen werde, auch an die Angehörigen der Opfer."

Sportlich betrachtet könnte die Gelassenheit Löws dagegen kaum größer sein. Die EM-Aufstockung auf erstmalig 24 Teilnehmer, die Michel Platini , der Präsident der Europäischen Fußball-Union, gegen zahlreiche Proteste durchgesetzt hat, schließt ein richtig schweres Los aus. Deshalb ist es Löw "völlig egal, wer uns zugelost wird".

Als gesetzte Mannschaft geht der Weltmeister Deutschland dem Titelverteidiger Spanien, dem Weltranglisten-Ersten Belgien und Gastgeber Frankreich ebenso aus dem Weg wie England und Portugal. Als einzig echter harter Brocken kommt der von Deutschland in acht Pflichtspielen nie besiegte Angstgegner Italien infrage. Denkbar wäre als vermeintlich stärkste Gruppe die mit Italien, Polen und der Türkei. Da aber auch noch die vier besten von sechs Gruppendritten weiterkommen, würde selbst bei Lospech für die deutsche Elf sowie im Falle eines Ausrutschers des Weltmeisters in einem Gruppenspiel keine echte Gefahr eines Vorrunden-Ausscheidens wie 2000 und 2004 drohen.

Bierhoff, 1996 beim letzten der drei deutschen EM-Titel Schütze des "Golden Goals" im Finale gegen Tschechien (2:1), kann in seiner Funktion als "Losfee" also nicht wirklich viel falsch machen. "Oliver hat das bei der Auslosung der WM-Qualifikationsgruppen in Sankt Petersburg schon ganz gut gemacht", sagte Löw schmunzelnd: "Er hat also Übung." In der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018, bei der Bierhoff schon Lose zog, hat Deutschland mit Tschechien, Nordirland, Norwegen, Aserbaidschan und San Marino eine leichte Gruppe erwischt.

Dass dennoch im Gegensatz zu früheren Auslosungen die gesamte sportliche Leitung des Weltmeisters - bestehend aus Löw, den Assistenten Thomas Schneider und Andreas Köpke sowie Nationalmannschaftsmanager Bierhoff - nach Paris reisen wird, soll ein Zeichen setzen. "Gemeinsam mit den Teilnehmern aus den anderen Nationen wollen wir in Paris dokumentieren, dass wir an unserer Lebensweise festhalten, die geprägt ist von Offenheit, Toleranz, Respekt, Solidarität und Freiheit. Wir lassen uns diese Werte nicht nehmen", erklärte der Bundestrainer : "Ich wünsche unseren französischen Gastgebern, dass sie schnell wieder zur Normalität zurückfinden." Der erste Schritt dazu soll die Auslosung morgen sein. Bei der - aller mulmigen Gefühle zum Trotz - auch wieder der Fußball stärker ins Blickfeld rückt.

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Auf einen BlickDie Töpfe für die Gruppenauslosung der Fußball-EM 2016: Topf 1: Frankreich (Gastgeber), Spanien (Titelverteidiger), Deutschland, England, Portugal, Belgien. Topf 2: Italien, Russland, Schweiz, Österreich, Kroatien, Ukraine. Topf 3: Tschechien, Schweden, Polen, Rumänien, Slowakei, Ungarn. Topf 4: Türkei, Irland, Island, Wales, Albanien, Nordirland. Die EM-Stadien: Stade de Bordeaux (42 000 Zuschauer), Stade Bollaert-Delelis in Lens (35 000 Zuschauer), Stade Pierre Mauroy in Lille (50 100 Zuschauer), Stade de Lyon (58 000 Zuschauer), Stade Velodrome in Marseille (67 000 Zuschauer), Stade de Nice (35 000 Zuschauer), Parc des Princes in Paris (45 000 Zuschauer), Stade de France in Paris (80 000 Zuschauer), Stade Geoffroy Guichard in St. Etienne (41 500 Zuschauer), Stadium de Toulouse (33 000 Zuschauer). dpa