"Auf der Ziellinie gescheitert"

Saarlouis. Eine saarländische Tischtennis-Ära geht zu Ende. Am Montag beschloss der deutsche Vizemeister TTSV Fraulautern in einer Vorstandssitzung überraschend den Rückzug aus der Bundesliga zum Ende der Saison. Gestern teilte der Verein die Entscheidung mit. "Wir haben bis zum Schluss gekämpft und sind auf der Ziellinie gescheitert", rang Vereins-Chef Heinz Falk um Worte

Saarlouis. Eine saarländische Tischtennis-Ära geht zu Ende. Am Montag beschloss der deutsche Vizemeister TTSV Fraulautern in einer Vorstandssitzung überraschend den Rückzug aus der Bundesliga zum Ende der Saison. Gestern teilte der Verein die Entscheidung mit. "Wir haben bis zum Schluss gekämpft und sind auf der Ziellinie gescheitert", rang Vereins-Chef Heinz Falk um Worte.

Noch am Sonntagabend wurden Vertragsgespräche mit den Spielerinnen geführt, 24 Stunden später schlug die Bombe ein. "Das war keine von langer Hand geplante Entscheidung", erklärte Falk. Nach dem bereits bekannten Rückzug des alten und vermutlich auch neuen Meisters FSV Kroppach ist Fraulautern das zweite Topteam, das sich aus der 1. Liga zurückzieht.

Zehn Jahre Bundesliga liegen hinter dem Verein. Vier Jahre spielte der TTSV in der 2. Liga, 2007 stieg er in die 1. Liga auf. Auf dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte bricht nun alles in sich zusammen. Dreh- und Angelpunkt war die Verpflichtung einer Topspielerin an Position zwei. "Wir wussten, dass wir keine weitere Saison auf diesem Niveau hätten stemmen können", sagte Falk, der statt fünf nur noch vier Spielerinnen melden wollte. Li Fen, Nadine Bollmeier und Maria Fazekas wären gerne geblieben. Die fast 50-jährige Ni Xia Lian hatte ihren Rückzug angekündigt. Doch die Gespräche mit der Nummer zwei, Li Jiao, blieben letztlich erfolglos. Auch Verhandlungen mit deutschen Topspielerinnen schlugen fehl. Die Einnahmesituation beschreibt Falk ähnlich wie vergangene Saison. Aber: Die Ersparnisse sind komplett aufgebraucht. Hinzu kam der immer größer werdende organisatorische und verwaltungstechnische Aufwand.

Wie und ob der Verein in Zukunft weiter bestehen wird, ist noch völlig offen. Der geschäftsführende Vorstand wird sich bei Neuwahlen nicht mehr aufstellen lassen. "Die Enttäuschung ist zu groß. Ich will erst einmal Abstand gewinnen und werde mich aus dem saarländischen Tischtennis zurückziehen", sagte Falk, der seit über 50 Jahren Vereinsmitglied ist.

Der Rückzug des zweiten Topteams nach Kroppach bedeutet für die komplette Bundesliga ein Desaster. "Das Niveau und die Attraktivität der Liga werden leiden. Im schlimmsten Fall werden wir kommende Saison eine 1. Liga mit nur sechs Mannschaften melden", sagte Patrick Festel, Vertreter von Jens Hecking, dem Koordinator der Bundesliga auf Seiten des Deutschen Tischtennis-Bundes.

Erstliga-Tischtennis der Damen wird im Saarland also nur noch bis zum Ende der Saison im April zu sehen sein. Mit sportlichen Auswirkungen im Titelkampf zwischen Kroppach (21:1 Punkte) und Fraulautern (21:3) wird nicht gerechnet. "Das sind Profispielerinnen, die werden sich durch diese Entscheidung nicht beeinflussen lassen. Wir wollen immer noch alle Spiele gewinnen", versicherte Heinz Falk, der gerne mit der deutschen Meisterschaft abtreten würde.Foto: dietze

"Das war keine von langer Hand geplante Ent-

scheidung."

Heinz Falk,

Vereins-Chef des TTSV Fraulautern

Meinung

Die Identifikation fehlt

Von SZ-Redakteur

Stefan Regel

Der Rückzug des TTSV Fraulautern ist ein trauriger Moment für den Saarsport. Aus wirtschaftlicher Sicht ist diese Maßnahme sicher vernünftig, die Ursachen sind aber vielfältig. Das Interesse am Frauen-Tischtennis ist gering, das zeigen die Zuschauerzahlen der vergangenen Jahre. Und so dreht sich der Teufelskreis aus wenig Aufmerksamkeit und dadurch auch weniger Interesse von Medien und Sponsoren.

Der Verein sollte die Gründe für das Scheitern allerdings nicht nur bei äußeren Faktoren, sondern auch bei sich selbst suchen. Statt deutschen Spielerinnen wie Petrissa und Amelie Solja, die in der Vergangenheit beide für den TTSV an der Platte standen, oder gar Akteurinnen aus der Region stehen im Team drei gebürtige Chinesinnen, deren Namen von 100 saarländischen Sportfans vermutlich 99 nicht kennen.

So zieht man keine neuen Fans an, eine Identifikation ist kaum möglich. Daraus gilt es, für die Zukunft zu lernen. Nicht nur in Saarlouis, sondern auch bei anderen saarländischen Bundesligisten.

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