Grubenwasser Unversöhnlicher Streit um Grubenflutung

Saarbrücken · Die RAG und der Kritiker-Verein Pro H2O verteidigen im Landtagsausschuss ihre Positionen. Fehlende Radon-Messungen sorgen für Kritik.

 Illingens Bürgermeister Armin König (CDU, Mitte) und Reinhard Christian (rechts) von der Volksinitiative „Wasser ist Leben – Saarheimat schützen – Grubenflutung stoppen“ überreichten gestern morgen Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU) rund 5750 Unterschriften gegen den vom Bergbaukonzern RAG geplanten Grubenwasseranstieg. Damit muss sich nun der Landtag einmal mehr mit dem Thema befassen.

Illingens Bürgermeister Armin König (CDU, Mitte) und Reinhard Christian (rechts) von der Volksinitiative „Wasser ist Leben – Saarheimat schützen – Grubenflutung stoppen“ überreichten gestern morgen Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU) rund 5750 Unterschriften gegen den vom Bergbaukonzern RAG geplanten Grubenwasseranstieg. Damit muss sich nun der Landtag einmal mehr mit dem Thema befassen.

Foto: BeckerBredel

Es sind die zwei Hauptkontrahenten in der hitzigen Debatte über den geplanten Grubenwasser-Anstieg in ehemaligen Bergwerken: Vertreter des Bergbaukonzerns RAG und des Vereins Pro H2O der Flutungsgegner haben gestern im Landtagsausschuss für Grubensicherheit und Nachbergbau ihre Argumente ausgetauscht. Dabei verwiesen beide wiederholt auf vorliegende Gutachten, um daraus allerdings jeweils ganz unterschiedliche Bewertungen abzuleiten.

So führte die RAG an, dass nach dem Gutachten des Hydrogeologen Jürgen Wagner die Gefahr von Erderschütterung während der beantragten ersten Phase des Grubenwasser-Anstiegs „wenn überhaupt sehr gering ausfällt“. Der Verein Pro H2O erklärte dagegen, dass nach dem Wagner-Gutachten Erschütterungen zwar „mit höchster Wahrscheinlichkeit unter der Stärke“ wie zu aktiven Abbauzeiten lägen – heftigere Beben eben aber auch nicht auszuschließen seien. Am Ende standen sich beide Seiten so unversöhnlich gegenüber wie zu Beginn der Sitzung zweieinhalb Stunden zuvor.

Die RAG hält den geplanten Grubenwasser-Anstieg für „richtig, ökologisch nachhaltig und notwendig“, wie der Regionalbeauftragte Uwe Penth erklärte. Im Warndt sowie in einem stillgelegten Abbaufeld im nordrhein-westfälischen Ibbenbüren habe man bereits Erfahrungen gesammelt. Zudem werde sichergestellt, dass der Wasseranstieg jederzeit gestoppt werden könne. Vernässungen an der Erdoberfläche schließt die RAG aus, weil der beantragte Anstieg auf -320 Meter „ja weit darunter liegt“. Entsprechend sei auch das Trinkwasser nicht gefährdet, das aus höher gelegenen Gesteinsschichten gewonnen werde. Auch sei man „überzeugt, dass durch den Anstieg die Qualität des Grubenwassers verbessert wird“, so Penth. Mit Grenzwertüberschreitungen rechne man nur bei Eisen und bei Niedrigwasser in der Saar. Gase wie Methan und Radon würden im aufsteigenden Grubenwasser gebunden oder abgesaugt und Giftstoffe wie PCB absinken. Mit Blick auf öffentlich diskutierte PCB-Filteranlagen warnte Penth vor hohen Erwartungen: „Es wird keine einfache Lösung geben.“

Einen Zusammenhang von Krebserkrankungen und Radon-Ausgasungen, wie sie der Quierschieder Arzt Karl Michael Müller für möglich hält (wir berichteten), nannte der RAG-Umweltexperte Joachim Löchte „denkbar, aber nicht stichhaltig“. Dann müsse es eine signifikante Häufung der Erkrankungen auch in der RAG-Belegschaft geben, das sei aber nicht so. Auf Nachfrage erklärten die RAG-Vertreter zudem, dass zwar an 202 Messpunkten im Saarland der Methangas-Austritt überwacht werde, nicht aber der von Radongas. Methangas-Werte ließen jedoch Rückschlüsse auf die jeweiligen Radon-Werte zu, Messungen seien damit unnötig. Bei den Parlamentariern löste das durch die Bank Unverständnis und Kritik aus.

Die Grünen-Politikerin Barbara Meyer-Gluche, Vorstandsmitglied des Vereins Pro H2O, warf der RAG vor: „Sie haben lauter Nebelkerzen gezündet.“ Und: „Es wird immer nur von Wahrscheinlichkeiten geredet. Dabei ist gar nicht sicher, ob es etwa bei keiner Flutung zu einem Beben kommt, wie immer prognostiziert wird“, so Meyer-Gluche. „Wenn ich mich entscheiden muss zwischen Nichtfluten und der Möglichkeit, dass es Erschütterungen gibt, und einer Flutung, bei der ich schon jetzt klar weiß, dass es Erschütterungen gibt, entscheide ich mich doch für die erste Variante.“ Zudem gehe das Wagner-Gutachten von einem Ansteigen des Grundwasserspiegels auch in der ersten Flutungsphase auf -320 Meter aus. „Vernässungen sind damit also sehr wohl möglich“, so Meyer-Gluche. Ebenso sei dem Gutachten zu entnehmen, dass Ausgasungen während der Flutung an bislang unbekannten Stellen auftreten könnten. „Wenn die Landesregierung behauptet, dass die Flutung nur genehmigt wird, wenn eine Gefahr für Mensch und Umwelt zuverlässig ausgeschlossen werden kann, dann darf sie nicht genehmigt werden: Denn das kann man eben nicht zuverlässig auschließen.“ Illingens Bürgermeister Armin König (CDU) machte zudem verfahrenstechnische Einwände geltend. Grünen-Politiker und Pro H2O-Vereinsmitglied Hubert Ulrich forderte die RAG auf, das Grubenwasser wie ursprünglich geplant „ewig“ abzupumpen. Der RAG-Regionalbeauftragte Penth mahnte am Ende an: „Wir werden nicht umhinkommen, uns auf die Wahrscheinlichkeitsaussagen in Gutachten zu verlassen.“

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