Streit um Winterdienst: Namborn droht mit Klage Erste Verträge sind bereits unter Dach und Fach

Namborn/Saarbrücken/Neunkirchen/Saar. Auch die 7,6 Kilometer Bundes- und Landstraßen in Namborn von Schnee und Eis frei halten? Klar doch. Aber dafür zusätzlich rund 20 000 Euro berappen? Auf gar keinen Fall! Darin sind sich die Fraktionen im Gemeinderat einig: CDU (13), SPD (8), Freie Liste Namborn (FLN, 4) sowie Die Linke (2)

Namborn/Saarbrücken/Neunkirchen/Saar. Auch die 7,6 Kilometer Bundes- und Landstraßen in Namborn von Schnee und Eis frei halten? Klar doch. Aber dafür zusätzlich rund 20 000 Euro berappen? Auf gar keinen Fall! Darin sind sich die Fraktionen im Gemeinderat einig: CDU (13), SPD (8), Freie Liste Namborn (FLN, 4) sowie Die Linke (2). Und: wollen deshalb gegen den Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) klagen. Der verschickte nämlich entsprechende Bescheide. Damit ist die Kommune die erste von 51 betroffenen im Saarland, die gegen die Entscheidung der Neunkircher Landesbehörde vor Gericht ziehen will. - Auslöser: Erstmals verlangt der LfS von Städten und Gemeinden Geld für den Winterräumdienst. Das betrifft Bundes- und Landstraßen, die durch die Orte führen. Bislang nahm die Behörde die Kosten dafür auf ihre Kappe. Doch wegen der Finanznot des Landes wird jetzt ein großer Teil auf die Kommunen abgewälzt (wir berichteten). Zum Verdruss der ebenso auf einem Schuldenberg sitzenden Rathausverwaltungen. Trotzdem stimmten Kommunalpolitiker bislang, wenn auch zähneknirschend, entsprechenden Verträgen mit dem LfS zu.Nicht so aber in Namborn. Bürgermeister Theo Staub (SPD) verteidigt das einstimmige Votum seines Gemeinderates, in einem ersten Schritt per Einstweiliger Verfügung die LfS-Pläne zu durchkreuzen - und stellt sich damit zugleich gegen den Saarländischen Städte- und Gemeindetag (SSGT). Der hatte mit dem LfS die Rechnungshöhe ausgehandelt. "Ich befürworte den Klageweg. Denn im Gesetz heißt es, dass die Behörde keinen Anspruch auf Kostenersatz hat." Was 30 Jahre so funktionierte, könne nicht "plötzlich" ohne neue Vorschriften geändert werden, argumentiert der 60-Jährige.

Um nicht allein gegen die landesbehördliche Entscheidung anzukämpfen, sei Namborn auf der Suche nach Mitstreitern für eine eventuelle Sammelklage. Der Rathauschef beauftragte mit der Sisyphos-Arbeit Jörg Rammacher. Der ist eigentlich Fachbereichsleiter Tiefbau, damit für Straßen zuständig. Der 44-Jährige ist aber seit dem Gemeinderatsbeschluss eher Telefonist, klappert in den Rathäusern landesweit die Verantwortlichen ab. Sein Resümee: "Ich habe schon bei vielen herausgehört, dass sie interessiert an einer Klage sind." Welche - dazu schweigt Rammacher.

Der Neunkircher Jurist Christian Halm, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, ist beauftragt, für Namborn klären zu lassen, ob die LfS-Forderungen rechtens sind. Er bestätigt, dass eine Einstweilige Verfügung das Vorhaben stoppen soll.

Ganz anders der SSGT, der üblicherweise die Interessen der Kommunen vertritt: Der Landesbetrieb dürfe durchaus Geld von ihnen fordern. Dazu Ulrich Neu (57), stellvertretender SSGT-Geschäftsführer: "Es ist nicht Aufgabe des Landesbetriebs, innerörtliche Straßen frei zu halten, sondern die der Kommunen." Im Mai habe es ein erstes Gespräch zwischen Vertretern des LfS und SSGT gegeben. Damals sei die Rede davon gewesen, Städte und Gemeinden für 80 Prozent der Kosten zur Kasse zu bitten. Während eines zweiten Treffens im August sollen sich beide Seiten auf 65 Prozent geeinigt haben. Neu: "Mehr ist nicht drin." Wenn das den Betroffenen nicht genügt, könnten sie den Winterdienst komplett in Eigenregie übernehmen.Neunkirchen/Saar. Elf Kommunen sollen landesweit signalisiert haben, zu einem Winterdienst-Vertrag mit dem Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) bereit zu sein. Damit müssen sie 65 Prozent der Kosten für Bundes- und Landstraßen übernehmen. Das meldet der stellvertretende LfS-Pressesprecher Gerd Kloy. Mit weiteren vier Kommunen stünden die Verträge schon. Darunter St. Wendel, wie der dortige Pressesprecher Thomas Wüst bestätigt. 15 weitere Vereinbarungen werden laut Kloy zurzeit bearbeitet. Zehn Mal habe der Landesbetrieb ein Signal aus den Rathäusern, dass Interesse an einer Abmachung bestehe, sagt der 52-Jährige. Von elf Kommunen habe er noch keine Antwort. Saarbrücken als Stadt mit über 200 000 Einwohnern komme ohnehin selbst für den Winterdienst auf.

Kloy legt zudem folgende Zahlen vor: Der LfS veranschlagt pro Kilometer geräumte Bundes- und Landstraße 4100 Euro. An die Rathäuser wurden Bescheide für 5141 Kilometer verschickt. Wenn die Kommunen 65 Prozent der Schneeräumkosten übernehmen sollen, macht das über 13,7 Millionen Euro. Von diesen Strecken vornherein ausgenommen sind laut Kloy 693 Kilometer, die mindestens sechs Prozent Gefälle haben und damit als besonders gefährlich gelten. Diese ließe der LfS ohne Rechnung an Kommunen räumen. hgn

"Es ist nicht Aufgabe des Landesbetriebs, innerörtliche Straßen frei zu halten, sondern die der Kommunen."

Ulrich Neu, Vize-Chef des Saarländischen Städte- und Gemeindetages

Hintergrund

Die strittige Passage im Paragraf 53 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) in Auszügen:

Absatz 1: Alle innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen Straßen einschließlich der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen und Landstraßen I. und II. Ordnung sind ordnungsgemäß zu reinigen. Die Reinigungspflicht obliegt den Gemeinden.

Absatz 2: Das Landesamt für Straßenwesen unterstützt die Gemeinden ohne Anspruch auf Kostenersatz bei der Schneeräumung auf den Fahrbahnen der Bundesstraßen und Landstraßen I. und II. Ordnung sowie bei dem Betreuen der besonders gefährlichen Fahrbahnstellen dieser Straßen.

Der heutige Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) mit Sitz in Neunkirchen ist Rechtsnachfolger des Landesamtes für Straßenbau.

Landstraßen I. Ordnung bilden unter anderem laut Paragraf 3 des SStrG mit Bundesstraßen ein Verkehrsnetz innerhalb des Landes.

Landstraßen II. Ordnung sind demnach Strecken, die Gemeinden verbinden. red/hgn

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