Kleine Rarität, großes Rätsel

Nonnweiler · Vermutlich hatten die Kelten zwei wichtige Persönlichkeiten in den beiden Gräbern bestattet, die Wissenschaftler im vergangenen Jahr auf einer Wiese zwischen Bierfeld und Sitzerath gefunden haben. Die Gräber enthielten zahlreiche wertvolle Beigaben. Die Grabungen gehen nächste Woche weiter.

 Eine ganze Reihe von Gefäßen aus den beiden Gräbern, die im vergangenen Jahr entdeckt wurden, sind restauriert. Fotos: Terrex

Eine ganze Reihe von Gefäßen aus den beiden Gräbern, die im vergangenen Jahr entdeckt wurden, sind restauriert. Fotos: Terrex

 Mehr als 2000 Jahre alt ist diese keltische Dose aus Metall, eine absolute Seltenheit. Links ist die Öse zu sehen.

Mehr als 2000 Jahre alt ist diese keltische Dose aus Metall, eine absolute Seltenheit. Links ist die Öse zu sehen.

 Detailaufnahme der Öse und des Scharnieres der Dose. Zu sehen sind auch kleine runde Buckel, Teile der Strahlenverzierung.

Detailaufnahme der Öse und des Scharnieres der Dose. Zu sehen sind auch kleine runde Buckel, Teile der Strahlenverzierung.

 Ganz vorsichtig entfernten die Ausgräber im vergangenen Jahr die Erde, um die Fundstücke zu bergen.

Ganz vorsichtig entfernten die Ausgräber im vergangenen Jahr die Erde, um die Fundstücke zu bergen.

 Dieses Gefäß konnte nach so langer Zeit unversehrt geborgen werden.

Dieses Gefäß konnte nach so langer Zeit unversehrt geborgen werden.

Zugegeben, sie ist unscheinbar, graubraun, verrostet. Trotzdem ist sie eine Rarität, unter Archäologen eine Besonderheit. Und mit etwas Fantasie eine Schönheit. Die Rede ist von einer seltenen Dose aus Eisen, einer so genannten Pyxis. Gefunden haben sie Archäologen im vergangenen Jahr in einem keltischen Frauengrab auf der Gemarkung Bierfeld (wir berichteten).

Die Pyxis hat die Form einer Cremedose mit einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern und einer Höhe von etwa 3,5 Zentimetern. So beschreibt Thomas Fritsch, Terrex-Projektleiter der Forschung auf und an dem Hunnenring , das Fundstück. Der Deckel konnte allerdings nicht abgeschraubt werden. An einer Seite der Dose gibt es eine Öse und ein Schiebe-Scharnier. Etwa fingergroß ist das Loch, wenn das Scharnier geöffnet ist. Das Blech ist nur einen Millimeter dick. "Die Dose herzustellen, war schon eine Kunst", weiß Fritsch. Zumal sie seinerzeit schön geschmückt war, mit acht kleinen strahlenden Sonnen und einer Korallen- oder Knochenverzierung in der Mitte. Zurzeit wird das Gefäß von Experten des Landesdenkmalamtes restauriert.

Neben der Bierfelder Grabbeigabe sind bisher laut Fritsch nur zwei weitere keltische Eisendosen gefunden worden. Die beiden anderen in einem Gräberfeld bei Morbach. Mit Hilfe von Röntgenstrahlen konnten die Wissenschaftler sogar ins Innere der Dose blicken. Möglich machte diese eine spezielle Computertomografie des Fraunhofer Institutes der Uni Saarbrücken. Aus 2000 Schichtaufnahmen entstand ein exaktes 3D-Bild des Schmuckstückes.

"Das Rätsel der Pyxis konnten wir allerdings noch nicht lösen", so Fritsch: "Mit Sicherheit war die Dose nicht für den alltäglichen Gebrauch bestimmt." Eine Cremedose war sie damit wohl auch nicht. Vielleicht diente die Pyxis mystischen Zwecken.

Hergestellt haben sie keltische Handwerker, sagt der Wissenschaftler. Die "absolute Rarität" spricht nach seiner Ansicht auch für die Bedeutung der Frau, die in dem Grab bestattet wurde. Dies unterstreichen die anderen reichhaltigen Funde. Unter anderem ein prall gefülltes Tongefäß. In diesem befanden sich Schmuckstücke aus einem Zeitraum von etwa 150 Jahren. "Da hat man der Verstorbenen Erbstücke der Familie aus einem langen Zeitraum mit ins Grab gegeben", so Thomas Fritsch. Zahlreiche verzierte Gefäße, Gewandspangen, bunte Glasarmringe und eine mit Bronzeblech verzierte Radnabe sprechen für die Bedeutung der keltischen Adligen. Fritsch: "Wir haben das Grab einer reichen Frau gefunden. Diese muss in der keltischen Hierarchie eine hohe Stellung gehabt haben." Vielleicht das Grab einer Fürstin. Allerdings war sie nicht die Herrin des Hunnenringes. Denn dieser war schon zehn Jahre aufgegeben, als die Frau um 40 vor Christus bestattet wurde.

Zwei reich ausgestattete Gräber haben die Mitarbeiter der kreiseigenen Grabungsgesellschaft Terrex und der Universität Münster in dem Gräberfeld bei Bierfeld aus spätkeltischer und frührömischer Zeit im vergangenen Jahr ausgegraben. Die erfolgreiche Zusammenarbeit wird auch in diesem Jahr fortgesetzt. So haben im August Mitarbeiter der Uni Münster mit Hilfe von geophysikalischen Messungen in die Erde in dem betroffenen Areal geblickt. Ab der kommenden Woche nun werden die Wissenschaftler weiter nach mehr als 2000 Jahre alten Spuren suchen.

Auf der Gemarkung Bierfeld-Sitzerath vermutet Thomas Fritsch ein größeres Gräberfeld, das über längere Zeit genutzt wurde. Darauf deuten auch Grabhügel aus frühkeltischer Zeit in der Nähe hin. Das dazugehörige Dorf hat man jedoch noch nicht lokalisieren können. "Es muss aber eine über Jahrhunderte hinweg genutzte Siedlung gegeben haben", ist sich der Archäologe sicher.

Von der neuen Grabung erhoffen sich die Experten Informationen darüber, wie lange der Friedhof genutzt wurde. Thomas Fritsch: "Auch wollen wir mehr über die Menschen erfahren, die hier damals gelebt haben."

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