Spagat zwischen Punk und Folk

Neunkirchen. Die Folkmusik-Puristen, die Bob Dylan 1965 beim traditionellen Newport Folk Festival in den USA ausbuhten und als Lügner beschimpften, weil er zur elektrischen Gitarre griff, hätten am Freitagabend im Neunkircher Juz keinen Grund zum Klagen gefunden

Neunkirchen. Die Folkmusik-Puristen, die Bob Dylan 1965 beim traditionellen Newport Folk Festival in den USA ausbuhten und als Lügner beschimpften, weil er zur elektrischen Gitarre griff, hätten am Freitagabend im Neunkircher Juz keinen Grund zum Klagen gefunden. Vier junge Musiker waren zu Gast bei der Singer-Songwriter-Nacht und boten ihre Lieder und Geschichten mit der akustischen Gitarre dar. Obwohl ein Sänger mit Gitarre den Techniker am Mischpult in der Regel nicht vor eine unlösbare Aufgabe stellt, hatte vor allem David Egler, alias Song Or Suicide, zu Beginn des Abends mit dem schlechten Sound zu kämpfen. Dennoch ließ sich Egler nicht verunsichern und sorgte mit seinen "Liebesliedern, geschrieben von einem hoffnungslosen Romantiker" für einen gelungenen Auftakt. Friends And Liars, wie sich der Marpinger Thomas Backes nennt, konnte seine gute Laune schnell auf die Zuhörer übertragen und ließ sich auch von einem Textaussetzer in "My Fork In The Road" nicht aus der Ruhe bringen. Spontan sprangen die anderen Künstler ihm zur Seite und brachten den Song gemeinsam sicher über die Ziellinie. Ein Indiz für den Zusammenhalt der Singer-Songwriter-Szene, die gerade entsteht. Der kernige, raue Gesang des Karlsruhers Tom Mess, der auf CD noch ganz gut funktioniert, wirkte live stellenweise etwas aufgesetzt und angestrengt. Schade, denn vor allem wenn Tom Mess nicht versuchte, stimmlich an Tom Waits ranzureichen, wirkten seine Songs umso authentischer. Vielleicht waren es auch die erneuten Soundprobleme vor und auf der Bühne, die seinen Auftritt etwas ausbremsten. Dass der Neunkircher Philipp Dunkel mit seinem Projekt Cowboy Poetry die Rolle des Headliners übernahm, war der Absage von Thomas Van Norden geschuldet. Sicher und energisch agierte der Cowboy auf der Bühne, ackerte, schwitzte, flüsterte und schrie und sorgte gegen Ende des Abends noch einmal für Stimmung im Juz. Titel wie "I want to walk until the bridges end" wurden von den etwa vierzig Besuchern fast schon wie Hymnen gefeiert. Jedem der jungen Künstler war anzumerken, dass sie sich musikalisch an Größen wie Greg Graffin, Mike Ness und Mike Scott orientieren, die wiederum allesamt den Spagat zwischen Punk und Folk meistern. Ein Kunststück, das auch den vier Musikern im Neunkircher Juz gelungen ist, die mit ihren Liedern für einen außergewöhnlichen Abend sorgten. pra

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