Feuerwehr stolpert über Spaßvideo

St Wendel · Der umstrittene Internet-Wettbewerb Cold-Water-Challenge fordert im Saarland erste Konsequenzen. Über Nacht warf der Feuerwehrchef von St. Wendel das Handtuch. Für Landesbrandinspekteur Bernd Becker ist dieser Fall einmalig.

Jux-Filme im weltweiten Computernetz, von ehrenamtlichen Hilfsorganisationen gedreht, stoßen längst nicht überall auf Gegenliebe. Zu den Kritikern zählt St. Wendels Bürgermeister Klaus Bouillon (CDU ). Er beanstandete unmissverständlich einen entsprechenden Beitrag des Feuerwehr-Löschbezirks Kernstadt. Er legte ein Veto gegen die Veröffentlichung ein, weil er unter anderem Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung erkannte. So sollen Wehrleute für den Dreh unter anderem ohne triftigen Grund sowie ohne Genehmigung mit Blaulicht und Martinshorn durch die Stadt bis zu einer Waschstraße gefahren sein.

Grund für die Aktion Cold-Water-Challenge (Kalt-Wasser-Wettbewerb): Bundesweit halten sich Hilfsorganisationen via Internet an, Kurzbeiträge ins Netz zu stellen, um für den Verein Paulinchen Spenden zu sammeln. Dieser kümmert sich um junge Brandopfer (wir berichteten).

Nach der Schelte aus dem Rathaus legte der komplette St. Wendeler Feuerwehrvorstand seine Ämter nieder. Das entsprechende Schreiben ging am Dienstagmorgen im Rathaus ein. Wie der bisherige Löschbezirksführer Oliver Grimm der SZ mitteilt, sei allerdings die Kritik am Video nicht allein ausschlaggebend dafür gewesen. "Es gibt seit einiger Zeit Probleme zwischen Feuerwehrleitung und Stadtverwaltung." Der Rüffel aufgrund des Kurzfilms, in dem Feuerwehrleute spärlich bekleidet aus einer Waschstraße stolzieren, habe "das Fass zum Überlaufen gebracht", sagt Grimm. Was der konkrete Auslöser für das zerrüttete Verhältnis sei, wollte Grimm nicht sagen. Es stehe noch ein Gespräch mit Bürgermeister Bouillon aus. Am Ende dessen werde es eine Vorstandswahl geben, für die zumindest Grimm nicht mehr zur Verfügung stehe.

Überrascht von dieser Nachricht zeigte sich Landesbrandinspekteur Bernd Becker. Er gehöre ebenfalls zu den Skeptikern dieses Wettbewerbs, obwohl es sich dabei um eine "gut gemeinte Sache" handle. Aber bei möglichen Unglücken in diesem Zusammenhang greife die Unfallkasse nicht. Indes ist die zugespitzte Lage in St. Wendel für Becker neu: "Ein Rücktritt deswegen ist im Saarland meines Wissens einmalig."

Trotz dieser Reaktion bleibe die Feuerwehr in St. Wendel einsatzbereit, versichert Bouillon . Zumindest in diesem Punkt sind sich der Rathauschef und der scheidende Feuerwehrführer eins.

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