Feuerwehrspitze tritt zurück

St Wendel · Zahlreiche Hilfsorganisationen im St. Wendeler Land haben sich an einem Internet-Wettbewerb beteiligt. Doch nirgends war die offizielle Kritik so harsch wie in St. Wendel. Auch deshalb warf der örtliche Feuerwehrchef hin.

Wie ein Paukenschlag kam am Dienstag die Meldung über den Rücktritt des gesamten Feuerwehrvorstandes des Löschbezirks Kernstadt in St. Wendel. Dabei soll es schon eine ganze Weile gebrodelt haben, sagt Oliver Grimm, bisher Chef der freiwilligen Truppe. "Die Entscheidung ist bereits letzte Woche gefallen", sagt er. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Am Montagabend habe die komplette Führung die Mannschaft über ihre Entscheidung informiert. Sogleich sei ein entsprechendes Schreiben verfasst worden, das noch in der Nacht im Rathaus eingeworfen wurde und Dienstagmorgen beim Dienstherrn, Bürgermeister Klaus Bouillon (CDU ), auf dem Schreibtisch lag. Warum der Rückzug? Grimm klingt verbittert: "Ich will nicht länger der Blitzableiter sein." Blitzableiter wofür? Der Interimschef geht nicht weiter darauf ein. Will ein noch anstehendes Gespräch mit Bouillon zu der Gesamtlage abwarten und sich dann erst öffentlich en détail äußern. Nur so viel: "Es gibt schon länger Probleme zwischen Stadtverwaltung und Feuerwehrführung", die er jedoch nicht spezifiziert. Jetzt den Rückzug anzutreten, habe mit einer Entscheidung aus dem Rathaus mit der Cold-Water-Challenge zu tun. Diese habe "das Fass zum Überlaufen" gebracht.

Die Teilnahme mit einem Video-Beitrag an dem Internet-Spaßwettbewerb, bei dem es ums Thema Kaltes Wasser ging, hatte der Feuerwehr Kernstadt Kritik eingehandelt. In vorderster Front in persona Bouillon , der erhebliche rechtliche Bedenken hat (wir berichteten). Doch das sei es nicht allein, sagt Grimm. "Das hat sich lange Zeit angebahnt."

Bouillon hält sich gleichfalls zurück, hält sich zu den Hintergründen bedeckt. Er bestätigt den Eingang der Stellungnahme seitens des zurückgetretenen Vorstands. Und schwenkt betont unbekümmert um: "Es wird einen neuen Löschbezirksführer geben." Sowie einen neuen Stellvertreter. Eine Wahl werde zeitnah anberaumt. Dann fügt er rasch an: "Der Feuerschutz ist nach wie vor gewährleistet." Schließlich hätten Grimm und seine Kollegen lediglich ihre Ämter zurückgegeben, blieben aber bis zur Wahl kommissarisch im Amt. "Ja, ich bleibe auch weiterhin in der Feuerwehr", versichert Grimm. Das Ende seiner Vorstandsarbeit bedeute keinen Rückzieher aus der Truppe. Aber bei einer Wahl werde es definitiv einen neuen Löschbezirksführer geben, "der nicht Grimm heißt".

Völlig überraschend kam diese zugespitzte Lage, zumindest im Zusammenhang mit dem kritisierten Kurzfilm, für den Primstaler Bernd Becker. Der Landesbrandinspekteur - er erhielt die Nachricht von der SZ: "Das überrascht mich schon." Auch wenn Becker kein flammender Befürworter des bundesweiten Wettbewerbs mit Blick auf fraglichen Versicherungsschutz ist, sollte was beim Filmdreh daneben gehen, womöglich sogar jemand verletzt werden. Dass es deswegen Rücktritte bei der Feuerwehr gibt, sei landesweit einmalig.

Ob tatsächlich der von Bouillon beanstandete Clip Auslöser für den Rücktritt ist, bezweifelt indes Becker. Er wolle sich bei den Beteiligten erkundigen, was los ist. Beobachter befürchten unter anderem parteipolitische Ränkespiele: Grimm war nach etlichen Jahren in der CDU zur SPD gewechselt. > : weiterer Bericht "Wir haben alle Vorschriften eingehalten", versichert Markus Tröster. Der Ortsbeauftragte des Technischen Hilfswerks (THW) in der Kreisstadt baut vor. Will Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Denn während des Drehs zu einem Internetvideo sei niemand gefährdet worden. Der Kurzfilm, einer von Hunderten Beiträgen zur deutschlandweiten Aktion Cold-Water-Challenge, ruft auch bisher öffentlich keine Gegner auf den Plan. In dem Streifen sind THWler zu sehen, die in einem Bassin mit Wasser aus einer Baggerschaufel geduscht werden. Eine Art, die Kalte-Wasser-Aktion zu interpretieren.

"Das ist eine super Möglichkeit, Werbung zu machen und sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren", sagt Tröster. Denn es sei heute nicht einfach, Nachwuchs für die freiwillige Arbeit, fürs Ehrenamt zu mobilisieren. Das sei mit dem Kurzbeitrag möglich. Der lokale THW-Chef: "Wir haben bisher nur positive Reaktionen." Darum sollten Skeptiker "auch mal Fünfe grade sein lassen".

Das THW auf Bundesebene verbietet seinen Mitgliedern auch nicht, sich daran zu beteiligen, mahnt aber zur Vorsicht. So heißt es in einem Merkblatt aus der Bonner Zentrale unter anderem: "Achten Sie darauf, dass trotz allen Spaßes die Unfallverhütungsvorschriften sowie sämtliche relevanten Bestimmungen des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes eingehalten werden und nicht der Eindruck erweckt wird, man gehe im THW fahrlässig mit der Gesundheit der THW-Kräfte und der vorhandenen Technik um." Ist es richtig, dass ehrenamtliche Hilfsorganisationen Amateurfilme drehen, um so Spenden für den Brandopferverein Paulinchen zu sammeln? Die Tendenz ist eindeutig: Eine überwiegende Mehrheit hält zu Feuerwehren , DRK, THW und DLRG im Landkreis St. Wendel, die sich an der Aktion Cold-Water-Challenge im Internet beteiligen. Die Debatte geht weiter, im Netz.

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