Unternehmerfrühstück „Ohne Industrie wird es auch für uns keine Zukunft geben“

Saarlouis · Landrat wirbt beim Unternehmer-Frühstück für Ausbau des Indstriegebietes Lisdorfer Berg. IHK sieht Unternehmen im Saarland in „besorgniserregender Lage“.

 Kritische Themen bei Kaffee und Buffet lieferten (hinten, von links) Jürgen Pohl, Carsten Meier und Landrat Patrik Lauer.

Kritische Themen bei Kaffee und Buffet lieferten (hinten, von links) Jürgen Pohl, Carsten Meier und Landrat Patrik Lauer.

Foto: Johannes Bodwing

„Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen“, stimmte Landrat Patrik Lauer am frühen Freitagmorgen 63 Gäste beim sogenannten Unternehmer-Frühstück ein. Die Lage sei derzeit wohl noch schlimmer als 2012 nach dem Ende des Bergbaus, schätzte er. „Ohne Industrie wird es auch für uns keine gute Zukunft geben“, sagte Lauer im Konferenzsaal des Victors-Hotels zu den Umwälzungen in der Stahl- und Autoindustrie.

Neben Firmenvertretern waren Personen aus Politik und Verwaltung anwesend. Veranstalter des Unternehmer-Frühstücks waren die Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes, der Landkreis Saarlouis sowie die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Untere Saar, wfus. Lauer appellierte an die politischen Entscheider: „Parteigrenzen dürfen in dieser existenziellen Frage für das ganze Saarland keine Rolle spielen.“ Denn „es wird sich vieles verändern“, nicht nur bei Auto und Stahl.

Um für Unternehmen noch attraktiver zu werden, arbeite der Landkreis an den sogenannten Softskills. Beispielsweise an einem internationalen Kindergarten und einer internationalen Grundschule. Die englische Sprache sei wichtig, „ohne Französisch zu vernachlässigen“, betonte Lauer. „Denn wir sind auf einem internationalen Markt tätig“.

Für ganz wichtig hielt der Landrat geeignete Flächen für Unternehmensansiedlung. Deshalb habe er kein Verständnis für die derzeitige Politik der Saarlouiser Stadtrats-Koalition bezüglich des Lisdorfer Berges. „Volksvertreter, die das Volk nicht vertreten wollen, sind wie Dachdecker, die das Dach nicht decken wollen“, kritisierte er, dass nun die Bürger über eine Erweiterung entscheiden sollen.

Für Unternehmen forderte wfus-Geschäftsführer Jürgen Pohl ein positiveres Unternehmensbild. Das helfe auch, Neugründungen zu forcieren. Er bedauerte, „dass Wirtschaften aus der Mode gekommen“ sei. Dabei könnten damit Arbeitsplätze geschaffen werden, die Verluste im industriellen Bereich kompensieren. Bei saarländischen Ministern in Berlin „vermisse ich manchmal das Kämpfen um unsere Region“, sagte Pohl.

„Deutschland befindet sich nicht in der Rezession“, sagte IHK-Geschäftsführer Carsten Meier. Im Saarland sei die Lage allerdings besonders schwierig. 2019 deute sich hier das fünfte Jahr seit 2010 mit Minuswachstum an. „Die Lage ist besorgniserregend“, verdeutlichte Meier anhand von Grafiken. Zum Beispiel gebe es minus 3,4 Prozent bei den Umsätzen, minus 8,4 Prozent bei Auftragseingängen und minus 0,5 bei den Beschäftigten. „Wir können nicht über grünen Stahl reden“, kritisierte Meier die Politik, „wenn wir nicht wissen, wo die Energie herkommen soll“. Auch unpassende Steuern blockierten die unternehmerische Entwicklung.

Als weitere Problemfelder im Saarland sah er den Bevölkerungsrückgang und eine zu schwache Gründermentalität. Saarlouis bezeichnete Meier als „industrielle Herzkammer des Saarlandes“. Deshalb könne die IHK nicht nachvollziehen, wie es jetzt bei der Erweiterung des Lisdorfer Berges laufe. Diese 1-A-Fläche „dürfen wir nicht leichtfertig verspielen“.

In der abschließenden Fragerunde kritisierte Elektrotechniker und Firmeninhaber Günther Bartruff den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Mitarbeiter hätten kaum eine Möglichkeit, aus weiter entfernt liegenden Orten mit dem Bus zur Arbeit zu kommen. Infrage stellte er auch die sechs Landkreise und die Vielzahl an Bürgermeistern im Saarland.

Auch Carsten Meier hielt schlankere Verwaltungen für sinnvoll. Allein schon für schnellere Verfahren beim Bauen und bei den Genehmigungen. Landrat Lauer stimmte zu, dass der ÖPNV im Saarland „deutlich ausbaufähig“ sei. Allerdings müsse ein toller Nahverkehr auch finanziert werden und ausreichend Fahrer haben. Bei der Zahl der Landkreise seien mindestens zwei durch die Verfassung garantiert, sagte Lauer. Davon abgesehen wolle er lokale Entscheidungen unter den derzeitigen Bedingungen nicht zentral in Saarbrücken haben. Dennoch müsse weiter an der Effektivität der Verwaltungen gearbeitet werden.

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