Überdimensionale Abstraktionen

Dillingen · Der Kunstverein Dillingen im Alten Schloss eröffnete die Herbstsaison mit Arbeiten der jungen Künstlerin Shila Khatami. Titel: Straight Edge. Zur gut besuchten Vernissage sprach Detlef Merten die Einführung. Die Laudatio hielt Kunsthistorikerin Lina Scheewe vom Saarland Museum Saarbrücken.

 Shila Khazami in ihrer Ausstellung im Alten Schloss in Dillingen, mit der der Kunstverein seine Herbstsaison eröffnete. Foto: Thomas Seeber

Shila Khazami in ihrer Ausstellung im Alten Schloss in Dillingen, mit der der Kunstverein seine Herbstsaison eröffnete. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Obwohl die intimen Räume im Alten Schloss Dillingen nicht üppig groß erscheinen, verfehlen auch Gemälde von drei mal fünf Metern nicht ihre Wirkung. Beide Wände im ersten Raum werden diesmal von gleich großen Gemälden aus gelöcherten Aluminiumplatten bespielt. Die Gemälde oder auch Installationen zeigen die grafische Handschrift. Beide entsprechen sich: Beide sind partiell mit Metallschutzlack bemalt, das eine mit schwarzer, das andere mit weißer Farbe. Khatami bedient sich einer Schaumstoffrolle, mit der sie die Farbe nicht immer akkurat verteilt. Einige Striche wirken wie Reifenspuren, deutet die Kunsthistorikerin und erläutert, Khatamis erklärter Wille sei es, den Malprozess und die damit einhergehenden Spuren sichtbar zu machen und aus den sparsam bemalten und nicht bemalten Flächen Muster aus Vierecken entstehen zu lassen. Damit wird der geometrische Gestus unterstrichen. Allerdings wirken die Vierecke durch perspektivische Verkürzungen verzogen. Dass der Betrachter trotzdem den Weg durch die Bildlandschaft findet, verdankt er der Technik der Zentralperspektive, die in der Renaissance sehr beliebt war und die die in Saarbrücken geborene Künstlerin, Jahrgang 1976, für sich wieder entdeckt hat. Der magisch anziehende "Fluchtpunkt" befindet sich vertikal mittig im unteren Drittel, ungefähr auf Augenhöhe des Betrachters. Oberhalb breitet sich das Muster symmetrisch wieder über die Fläche aus. Und wiederum findet die viereckige Form ihre Entsprechung in der viereckigen Lochung der Alu-Platten.

Scheewe stellt eine Verbindung zum Motorsport her, spricht von "in Einzelheiten zerlegte Zielflagge", erinnert an die Grafik von Computer-Autorennspielen. Als Hinweis deutet sie die Titel der Arbeiten: "Need for Speed b/w black beziehungsweise "...white".

Khatami interessiert sich für die ungegenständliche Formensprache, macht die Interaktion mit der gegenständlichen Alltagskultur erfahrbar. Grundlage in ihrer Kunst ist das Raster, eine Art "Paradigma der Moderne". Seit Ende ihrer Studien an den Kunstakademien in München und Düsseldorf räumt die in Berlin lebende Künstlerin dem Raster einen zentralen formalen Stellenwert ein. In Form von Lochungen ist es Bestandteil in vielen ihrer Bilder. Geometrie und Gestik prallen aufeinander.

Khatami "bricht mit Hilfe der Gestik das geometrische Formenvokabular der Konstruktivisten auf, untergräbt deren strenge Ordnung und somit deren Wahrheitsanspruch", resümiert Lina Scheewe.

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