Sicherheit Großeinsatz der Polizei an Brennpunkten

Saarbrücken · Stadt und Land gehen bei Aktionstag gegen Kriminalität in Saarbrücken vor. Zudem ist eine „bettelfreie Zone“ im Gespräch.

 Ein Großaufgebot an Polizisten sollte verhindern, dass jemand der Kontrollaktion an der Saarbrücker Johanneskirche entwischt.

Ein Großaufgebot an Polizisten sollte verhindern, dass jemand der Kontrollaktion an der Saarbrücker Johanneskirche entwischt.

Foto: BeckerBredel

Eine seltsame Stille liegt über dem Rathausplatz in Saarbrücken. Der dröhnende Feierabendverkehr ist zum Erliegen gekommen. Mit mehreren Einsatzwagen hat die Polizei den Platz vor der Johanneskirche abgeriegelt, den Verkehr und die Saarbahn kurzzeitig gestoppt. Ein Großaufgebot von Polizisten umzingelt mehrere missmutig dreinblickende Männer. Einer nach dem anderen wird kontrolliert, schnell bildet sich eine Traube von Schaulustigen. Der Platz ist ein stadtbekannter Brennpunkt, die Zahl der Straftaten stieg von 52 Fällen 2015 auf 137 im vergangenen Jahr.

Mit einem großangelegten Aktionstag kontrollieren Landespolizei, Mitarbeiter der Stadt, des Öffentlichen Nahverkehrs, des Zolls und der Bundespolizei am Donnerstag solche Kriminalitätsschwerpunkte in Saarbrücken. Laut Einsatzleiter Udo Schneider sind allein 170 Beamte der Landespolizei vor Ort – unter anderem am Hauptbahnhof, im Bürgerpark und in der Saarbahn. Auf der Berliner Promenade und in der Eisenbahnstraße nehmen sie Geschäfte und Shisha-Cafés unter die Lupe. Einer der Ladenbesitzer, der bereits kontrolliert wurde, beobachtet mit verschränkten Armen die Polizisten im Nachbargeschäft. Er sieht alles andere als glücklich aus. Was er von dieser „überfallartigen“ Aktion – so hatte Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sie selbst genannt – hält, will er lieber nicht sagen.

In Zukunft sollen auch an Brennpunkten in anderen saarländischen Kommunen solche Aktionstage durchgeführt werden. Dafür wurde eigens eine „Besondere Aufbauorganisation Brennpunkt“ eingerichtet. Wann, wo und wie oft sie zum Einsatz kommen soll, darüber hält sich die Polizei bedeckt – „aus ermittlungs­taktischen Gründen“.

Dass die Wahl für den ersten Aktionstag auf Saarbrücken fiel, liegt nicht nur an der Sicherheitspartnerschaft, die Stadt und Land im April vereinbart hatten, sondern, so Bouillon, auch daran, dass sich dort mit Drogenszene, Straßenprostitution und organisiertem Betteln die Probleme ballten. Das kann Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) nur bestätigen. Sie hat in den vergangenen Jahren zudem beobachtet, dass etwa Bettler und Drogenabhängige aggressiver aufträten als früher: „Die Stimmung kippt, die Leute fühlen sich nicht mehr wohl in der Stadt.“

Polizeipräsident Norbert Rupp hält den Aktionstag gar für einen „Meilenstein“, der das Sicherheitsgefühl der Menschen beeinflussen werde. Die Verantwortlichen hoffen außerdem darauf, dass er auf Kriminelle eine abschreckende Wirkung hat.

Britz ist froh über die Aktion, sie pocht aber vor allem auf eine stärkere Polizeipräsenz in der Stadt: „Das ist für mich das A und O bei dem Ganzen.“ Das sehen die Vertreter der Polizei etwas anders. „Die reine Präsenz bringt relativ wenig“, sagt Harald Schnur, Leiter des Landeskriminalamtes. Sobald die Streife verschwunden sei, setzten die Kriminellen ihr Treiben fort. Deshalb seien Kontrollen wie an dem Aktionstag umso wichtiger. Und Rupp betont: „Man darf nicht vergessen, dass es noch mehr Städte im Saarland außer Saarbrücken gibt, die auch einen Anspruch auf Polizeipräsenz haben.“ Schon jetzt leiste etwa die Hälfte der uniformierten Polizisten ihren Dienst in Saarbrücken.

Die Videoüberwachung in Saarbrücken, die auch Teil der Sicherheits­partnerschaft ist und eigentlich im August starten sollte, lässt noch auf sich warten. „Wir haben den Aufwand völlig unterschätzt“, gibt Bouillon offen zu. Die Vorbereitungen laufen noch. Frühestens im Frühjahr 2018 könnten die knapp 40 Kameras am Hauptbahnhof und der Johanneskirche dann surren. Britz will außerdem gemeinsam mit dem Land gegen das „aggressive und bandenmäßige Betteln“ in der Innenstadt vorgehen. Sie stellt sich eine „bettelfreie Zone“ von der Bahnhofstraße bis zur Alten Brücke vor. Doch nicht alle Probleme dieser Stadt lassen sich durch die Polizei lösen. Das weiß auch Britz, deshalb will sie, dass auch ein Treff mit Beschäftigungsangeboten für Drogenabhängige eingerichtet wird.

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