Ein Heiligmorgen, "fast wie früher"
Saarlouis/Dillingen
Saarlouis/Dillingen. Ein Treffen mit Bekannten, die man das ganze Jahr über nur selten sieht, mit alten Schulkameraden oder Arbeitskollegen, mit Freunden, mit denen man gerne auf besinnliche Weihnachten anstoßen möchte, zwar in Feierlaune, aber eher im gemütlichen Rahmen: Ein Bild, das sich vor vielen Jahren am Morgen des Heiligen Abends in der Saarlouiser Altstadt bot, bevor das weihnachtliche Treffen zur Massenveranstaltung wurde. "Es ist fast wie früher", eine Aussage, die am Freitag oft zu hören war, als starker Schneefall dafür sorgte, dass viele nicht nach Saarlouis kamen.
Kein dichtes Gedränge
Im Vergleich zu den Vorjahren war es ein ungewohntes Bild: Kein dichtes Gedränge, problemlos ließ es sich quer durch die gesamte Altstadt laufen. Eine entspannte Stimmung, die sich an diesem Morgen bot. Vor vielen Jahren spielte sich die Weihnachtsparty in den Kneipen ab und das war auch am Freitag so, dank des Schnees und der rutschigen Straßenverhältnisse. "Uns macht das nichts aus", sagte allerdings eine Gruppe junger Männer aus Saarlouis, die Kälte und Schnee trotzten. Ihre Partystimmung war ungetrübt. Die Jungs hatten es gut, schließlich mussten sie sich keine Gedanken machen, wie sie nach Hause kamen: "Zu Fuß und spätestens am Ludwigskreisel machen wir eine Schneeballschlacht."
Busverkehr eingestellt
Wer zu Fuß kommen und gehen konnte, hatte Glück, weniger die, die sich auf den Bus verließen. Denn nicht nur die Kreisverkehrsbetriebe stellten am Freitag teilweise bis gänzlich den Betrieb ein. "Das ist uns egal", sagten Michaela, Janina und Nadine aus Saarwellingen. Die Mädels feierten erstmals den Heiligmorgen in Saarlouis. "Wir werden später abgeholt", sagten sie. Mit dem Zug aus Losheim kamen Andrea, Maike, Sarah und Svenja. "Die Losheimer Gardemädels", wie sie sich nannten. Zum Bahnhof würden sie notfalls zu Fuß laufen, und in Losheim würde Svenjas Vater dann bereits warten.
Viele Besucher wärmten sich mit Glühwein auf - ein Muss für diesen Morgen und für alle die, die sich lieber an den Verkaufsständen vor den Kneipen aufhielten, anstatt sich ins dichte Gedränge drinnen zu stürzen.
Für die Polizei war der Heiligmorgen insgesamt ein friedvolles Fest. "Der Schnee hat sicherlich dazu beigetragen", sagte Polizeihauptkommissar Thomas Gessinger. Auf 3000 bis 4000 Menschen schätzte er die Zahl der Besucher, also wesentlich weniger als die Hälfte der Masse aus den vergangenen Jahren. "Durch das Einstellen des Personennahverkehr wurde vielen schon die Möglichkeit genommen, in der Altstadt zu feiern", erklärte Gessinger.
Alles blieb ruhig, auch zur späteren Stunde, meldete die Polizei. Es gab keine Zwischenfälle, bis auf einen. In der Sonnenstraße zündete ein Unbekannter am späten Nachmittag einen Feuerwerkskörper, warf ihn auf die Straße und traf einen Passanten. "Er wurde leicht verletzt", erklärte Gessinger.
Treffen am Gleisdreieck
Vor fünf Jahren wurde der "Heiligmorgen" auch in Dillingen aus der Taufe gehoben. Zu dem Treffen am Gleisdreieck kommen jedes Jahr mehr Menschen. Dichtes Schneetreiben hüllte am Freitagvormittag das Zelt unter dem Lichterbaldachin ein. Daneben standen Bistrotische und wärmende Heizpilze. Währenddessen brachte das Team von Café Linn den Glühwein auf Betriebstemperatur und stellte Crémant bereit.
Gut gefüllt war das Zelt gegen Mittag, wie bei einem großen Familientreffen. Die "Dillinger Allstars" spielten Hits der vergangenen Jahrzehnte. Und wer alte Freunde längere Zeit nicht gesehen hatte, konnte beim Dillinger Heiligmorgen fündig werden.
Meinung
Ein Segen für
die Altstadt
Von SZ-Redakteurin
Nicole Bastong
Kein Busverkehr mehr, kaum Taxis - an Heiligmorgen! Das winterliche Wetter schränkte in diesem Jahr den zunehmenden Heiligmorgen-Tourismus erheblich ein. Ja und? Dass das einst so heimelige Weihnachtstreffen in den vergangenen Jahren zur riesigen Open-Air-Party verkam, zu dem busseweise Event-Touristen herangekarrt wurden, führte ohnehin dazu, dass die "echten" Altstadtgänger ihre Kneipen an dem Tag lieber mieden. Anders in diesem Jahr: Auch wenn die Umsatzeinbußen den ein oder anderen Wirt schmerzlich treffen, für die authentische Feierstimmung in der Altstadt war dieser Heiligmorgen ein Segen.
