Schon heute macht die Emma dicht

Neuweiler · Inhaberin des Einzelhandelsgeschäfts in Neuweiler schließt aus persönlichen Gründen und kehrt zurück zum früheren Arbeitgeber.

 Martina Maréchal-Petak gestern vor ihrem Laden. Foto: Iris Maurer

Martina Maréchal-Petak gestern vor ihrem Laden. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Ein Vormittag bei Martina Maréchal-Petak kann sehr unterhaltsam sein. Da steht die Inhaberin des Lebensmittelladens "'s Emma" an ihrem Tresen und plaudert locker mit der Kundschaft, hört sich Lebensgeschichten und lacht mit. Umso überraschender dann die Ankündigung vergangene Woche: "'s Emma" macht mit dem heutigen Freitag (bis 12.30 Uhr geöffnet) zu.

"Mir fehlt einfach die Zeit für die Familie", sagt Maréchal-Petak. Die Mittvierzigerin eröffnete gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin im April 2013 den Laden in der Hochstraße. Aus gesundheitlichen Gründen musste diese jedoch bereits ein knappes halbes Jahr später wieder aussteigen. Also musste Martina Maréchal-Petak alles alleine machen: Bestellungen aufgeben, sich mit den Lieferanten absprechen, das Sortiment stetig erweitern. Das wurde ihr mit der Zeit zu viel.

"Jetzt weiß ich wieder nicht, wo ich hin soll", drückt Christa Kirschner ihr Bedauern über den Verlust aus. Quasi seit Eröffnung des Geschäftes ist sie Stammkundin, kommt fast täglich vorbei, um sich für den Tagesbedarf einzudecken. Ihr Fleisch kauft sie lieber an der Frischtheke, damit sie sieht, was auf den Tisch kommt. Aber die Emma-Chefin überredete sie, doch einmal den verpackten Kochschinken bei ihr zu probieren - mit Erfolg. "Wenn der nichts gewesen wäre, hätte sie schon viel früher zumachen müssen", scherzt Kirschner.

So wie Christa Kirschner geht es vielen Bürgern, gerade den älteren. "Ein sozialer Treffpunkt hier im Ort fällt weg", bringt es Martina Maréchal-Petak auf den Punkt. Man habe gemeinsam vor der Tür gestanden und Ereignisse aus dem Ortsleben ausgetauscht. Ihr Vater sei ein echtes Neuweiler Urgestein, sie selbst ja nur Zugezogene. Doch im Laufe der Zeit habe sie den Alteingesessenen erzählen müssen, was so passiert sei und wer wer ist. Nun geht das also zu Ende. Die Entscheidung habe nichts mit der Wirtschaftlichkeit zu tun, beteuert sie, das Geschäft laufe gut. Sie habe jedoch bei einer Gelegenheit vor wenigen Wochen festgestellt, dass sich ihre Kinder regelrecht freuten, dass einer ihrer Termine für den Laden ausgefallen sei und sie Zeit mit dem Nachwuchs verbringen konnte. Das war ein kleines Schlüsselerlebnis. Nun werden die Kunden also den persönlichen Service missen müssen. Kleinigkeiten wie, dass die Chefin sofort weiß, was der Eintretende bestellt hat. Sie kennt fast alle persönlich, holt für den einen sofort den Schwenker aus der Kühlung und kann für den anderen die Bestellungen gar aus dem Gedächtnis abrufen.

"Jetzt müssen wir nach Sulzbach", sagt Lore Schollenbruch traurig und fügt rhetorisch hinzu: "Was bleibt uns übrig?" Sie kommt jeden Donnerstag, kauft ihre Zeitschriften und ihren Wochenbedarf. Ab jetzt bezahle sie 2,40 Euro für eine Fahrt mit dem Bus in die Stadt - pro Weg. "Das tut mir so leid", sagt sie in Richtung der Inhaberin, "alles Gute für Sie."

"Und auch für Sie", bedankt sich die Chefin für die Treue. Ein halbes Jahr hat sie Kündigungsfrist für den Laden. Ursprünglich wollte sie auch Ende September erst schließen, doch nun hat sie sich kurzfristig für den heutigen Termin entschieden. Ab dem 1. Juni arbeitet sie in ihrer alten Stelle als Bildungsreferentin bei einem privaten Bildungsträger, der Erste-Hilfe-Kurse und Gesundheitsseminare anbietet. Die gute Laune hat sie behalten, "weil es meine Entscheidung war", wie sie betont. Die Restbestände bleiben erstmal im Laden, müssen irgendwann verkauft werden. Vielleicht macht sie mal ein Late-Night-Shopping, sinniert sie.

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