Rezepte gegen Fließband-Pflege

Saarbrücken · Um die angespannte Situation in der Pflege zu verbessern, will sich die Landesregierung für mehr Personal, familienfreundlichere Arbeitszeiten und mehr Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten einsetzen.

 Ein neuer Pflegepakt soll die Situation von Pflegekräften verbessern. Foto: dpa/Forsterling

Ein neuer Pflegepakt soll die Situation von Pflegekräften verbessern. Foto: dpa/Forsterling

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In der Pflege geht es oft zu wie am Fließband. Zeit, auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten einzugehen, haben überlastete Pflegekräfte kaum noch. Gemeinsam mit dem Landespflegerat hat das Sozialministerium daher gestern einen "Pflegepakt Saarland" angekündigt, der die Situation der Pflege im Land verbessern soll. Bis Ende des Jahres wollen sie sich gemeinsam mit 17 weiteren Partnern, darunter Krankenkassen, Trägern von Pflegeheimen, Kostenträgern, der Arbeitskammer, der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und Gewerkschaften auf Ziele und Handlungsfelder verständigen. Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ) hofft, dass sich auch die Gewerkschaft Verdi, die zuletzt mit Streiks und Massenkündigungen des Pflegepersonals gedroht hatte, mit an den Tisch setzen wird.

Laut Verdi fehlen in den saarländischen Krankenhäusern bis zu 3300 Pflegekräfte - was die Klinikträger so allerdings nicht bestätigen. Ein wesentliches Ziel soll daher der Einsatz für mehr Personal in den Einrichtungen sein, kündigte Bachmann an: "Bei Wahrung der Tarifautonomie soll ein angemessenes Personaltableau geschaffen und für eine ordentliche Entlohnung Sorge getragen werden." Woher das Geld kommen soll, steht noch nicht fest. Sie verwies auf Gesetzesänderungen im Bund, etwa das Krankenhausstrukturgesetz, das Pflegestellenförderprogramm, das Pflegeberufegesetz sowie das Palliativgesetz, die abgewartet werden müssten.

Die Zahl der Pflegekräfte in den 22 saarländischen Kliniken habe sich seit 1996 nicht erhöht, sagte Bachmann: "Im Funktionsdienst, also bei der Pflege im OP, der Anästhesie und Endoskopie, wurde das Personal mit nahezu 29 Prozent deutlich erhöht. Auch im ärztlichen Dienst gibt es mit einem Plus von 16 Prozent deutliche Zuwächse." Bei der "Pflege am Bett" sei das Personal allerdings reduziert worden: Gab es 1996 auf den Stationen knapp 6800 Pflegekräfte, seien es Ende 2013 nicht einmal mehr 6500 gewesen. Dabei steige die Zahl der Pflegebedürftigen: Seien aktuell 34 000 Menschen im Saarland auf Pflege angewiesen, sollen es 2030 laut Prognose 40 000 sein.

Zwar stelle der Bund mit seinem Pflegestellenförderprogramm von 2016 bis 2018 rund 660 Millionen Euro für Neueinstellungen in der Pflege zur Verfügung, doch sei dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagte die Präsidentin des Landespflegerates, Ursula Hubertus: "Für mittelgroße Krankenhäuser gibt es dadurch zwei Vollzeitstellen mehr. Das löst nicht das Problem."

Ein Schwerpunkt des Pflegepaktes soll die Umsetzung der generalistischen Ausbildung sein. Die Bundesregierung plant, die bisherigen drei Ausbildungsgänge zum Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpfleger zu einem neuen Berufsbild zusammenzuführen. Diese teils umstrittene Novelle müsse "konstruktiv und auch kritisch begleitet werden", so Bachmann. Darüber hinaus soll eine zweijährige Ausbildung zum Pflegeassistenten eingeführt werden, die die bisher einjährige Schulung zum Pflegehelfer ablöst.

Darüber hinaus sollen ein flächendeckendes betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt, familienfreundliche Arbeitszeiten im Schichtsystem geschaffen sowie die Fort- und Weiterbildung sowie die Akademisierung des Pflegeberufs gefördert werden.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Landtagsfraktion, Astrid Schramm , nannte den Pflegepakt ein "folgenloses Wahlkampf-Getöse": Die Landesregierung könne im Rahmen des Krankenhaus-Gesetzes den Kliniken einen eigenen Personalschlüssel vorgeben und sie so dazu zwingen, zusätzliche Pflegekräfte einzustellen.

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