Private Badbetreiber senken Defizit deutlich

Saarbrücken · 800 000 Euro muss die Stadtverwaltung Saarbrücken bei den Bädern einsparen. Ein Gutachten schlägt vor, zwei Bäder zu schließen. Aber es geht auch anders. Bürger in Hochheim und Mainz betreiben die Bäder selbst.

 Hinein ins Badevergnügen – aber wie lange noch? Das Kombibad Altenkessel, wo dieses Foto entstand, soll nach Ansicht eines Gutachters geschlossen werden. Archivfoto: Becker&Bredel

Hinein ins Badevergnügen – aber wie lange noch? Das Kombibad Altenkessel, wo dieses Foto entstand, soll nach Ansicht eines Gutachters geschlossen werden. Archivfoto: Becker&Bredel

. Leidenschaftlich kämpfen die Bürger in Dudweiler und Altenkessel gegen die drohende Schließung des Frei- sowie des Hallenfreibads. In Hochheim am Main haben die Bürger selbst dafür gesorgt, dass sie weiter im Hallenbad schwimmen können und vor rund sieben Jahren die Bürgergenossenschaft Hallenbad Hochheim e.G. gegründet. Über 500 Anteile an der Genossenschaft zu je 100 Euro hätten die Bürger gekauft, berichtet der zweite Vorsitzende des Hallenbad-Fördervereins, Klaus Doesseler. Der Förderverein betreibt das Bad. Ihm sei es gelungen, das Defizit von 465 000 auf 165 000 Euro jährlich zu senken. Diesen Betrag erhalte der Förderverein als Betriebskostenzuschuss von der Gemeinde, erklärt Doesseler. Das Defizit sei so stark gesunken, weil sich viele Bürger freiwillig für das Bad engagieren und der Verein die Einnahmen gesteigert habe, betont Doesseler: "Die Vermietung von Schwimmbahnen ist der wichtigste Erfolgsfaktor." Samstags sei das Bad zum Beispiel komplett von Schwimmschulen, einer Tauchfirma und Kindergeburtstagsfeiern belegt. Sonntags würden viele Familien mit günstigen Familienkarten angelockt.

Viele Bürger helfen mit

Durch das Engagement vieler Freiwilliger habe der Verein zum Beispiel die Personalkosten kräftig gesenkt und bezahle nur einen Schwimmmeister in Vollzeit, der noch bei der Stadt angestellt sei. Entsprechend ausgebildete Schwimmvereinsmitglieder würden nun abends die Aufsicht fürs komplette Bad übernehmen. Um die Außenflächen kümmerten sich Rentner. Den Garderobendienst inklusive Kassieren übernähmen zumeist Hausfrauen, berichtet Doesseler. Wäre das Hochheimer Modell auch für Saarbrücken geeignet? Doesseler meint, das funktioniere nur mit viel ehrenamtlichem Engagement und dem konsequenten Vermieten von Bahnen.

In Mainz hat der dortige Schwimmverein 1901 im Jahr 2006 ein Hallen- und Freibad im Stadtteil Mombach übernommen und führt es als gemeinnützige GmbH. Geschäftsführer Torsten Traxel berichtet, zuerst habe der Stadtrat den Beschluss gefasst, das Bad zu schließen und erst danach habe die Diskussion begonnen, wie das Bad weiterbetrieben werden könnte. Das sei in Saarbrücken zum Glück umgekehrt. Der Schwimmverein habe 2006 vor der Entscheidung gestanden, entweder das Bad zu übernehmen oder den Verein aufzulösen. Denn neben dem Mombacher Hallen- und Freibad gebe es in Mainz nur noch ein privates Bad, erklärt Traxel. 25 000 Euro Eigenkapital habe der Verein in das Bad gesteckt und erhalte jährlich von der Stadt einen Zuschuss von einer Million Euro. Vorher habe das Bad einen Verlust von 3,5 Millionen Euro gemacht, sagt der Geschäftsführer. "Das Bad war in einem grausamen Zustand. Wir haben viel Geld investiert." Wobei der städtische Zuschuss für die Investitionen nicht reiche. Das Erfolgsgeheimnis ist auch hier das Vermieten der Schwimmbahnen, das zu einer besseren Auslastung geführt habe, erläutert Traxel. Allein 800 Teilnehmer an den Schwimmschulkursen pro Quartal spülten viel Geld in die Kasse. "Hier können wir die Preise frei gestalten." Dagegen habe die Stadt zur Auflage gemacht, dass die normalen Eintrittspreise nur um einen Inflationsausgleich erhöht werden dürften, was die Gesellschaft aber nicht tue. Auch durch Aquafitness und Betriebssportgruppen verdiene die Gesellschaft Geld. Traxel: "Die Gewinne fließen komplett ins Bad zurück." Zur Diskussion in Saarbrücken sagt er: "Irgendwann wird jemand aufstehen müssen. Solange das nicht passiert, verläuft alles im Sande." Der Schwimmverein sei aufgestanden. Heute sei der Betrieb des Bades "absolut erfolgreich". Die Gutachter der Firma GMF sehen in der Saarbrücker Bäderverwaltung ein Sparpotenzial von 300 000 Euro. Stadtpressesprecher Thomas Blug: "Wir haben eine Bäderstruktur mit zu vielen Schnittstellen." So sei die Bäderbetriebsgesellschaft Saarbrücken (BBS) Eigentümerin des Dudobades und des Fechinger Bades, dem Gebäudemanagementbetrieb gehörten das Altenkesseler Bad sowie die Freibäder in Dudweiler und auf dem Schwarzenberg. Dazu komme noch das Sport- und Bäderamt, das unter anderem als Buchungsstelle fungiere. Doch auch wenn die unterschiedlichen Zuständigkeiten aufgehoben würden, käme nicht der Betrag von 300 000 Euro zusammen, betont Blug: "Der überwiegende Teil der Summe ist durch andere Maßnahmen zu erbringen, etwa ein besseres Marketing, einheitliche Kassensysteme oder neue Tarife." Im Juni soll das Konzept der Stadt stehen, mit dem sich dann die politischen Gremien befassen. Dabei soll auch die Möglichkeit eines Genossenschaftsbads thematisiert werden, meint Blug. Dagegen wird aus der Kooperation der Städte Saarbrücken und Völklingen erstmal nichts. Die Verwaltungschefs Charlotte Britz und Klaus Lorig hätten vereinbart, eine Zusammenarbeit sei kurzfristig nicht zu organisieren, solle mittelfristig aber weiterverfolgt werden. BBS-Geschäftsführerin Gabriele Scharenberg-Fischer ist dafür, die Zuständigkeit für alle Bäder bei der BBS zu bündeln. Das sei billiger als die jetzige Lösung.

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Hintergrund Die Stadt Völklingen betreibt zwei Bäder. Derzeit ist trotz schlechten Wetters wieder das Freibad im Köllerbachtal geöffnet, nachdem das Hallenbad in der Innenstadt in die Sommerpause ging. Seit 2005 gibt es in Völklingen die Diskussion über dieses marode Hallenbad. Ein Gutachten des Bundesfachverbandes Öffentliche Bäder war damals zum Schluss gekommen, diese Einrichtung sei unattraktiv. Schon die zur Substanzerhaltung nötigen Investitionen beliefen sich auf 4,5 Millionen Euro. Als Alternative schlugen die Gutachter ein neues Kombibad auf dem Freibadgelände für geschätzte 11,5 Millionen Euro vor. Gesprochen wurde immer wieder davon, aber konkrete Schritte gab es bisher nicht. Erst im vergangenen Jahr war im Hallenbad wieder eine Notreparatur fällig: Marode Wasserleitungen wurden für rund 100 000 Euro durch Edelstahlrohre ersetzt. red

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