Kindheit in Malstatt

Saarbrücken · Wie ist es, als Kind in Malstatt aufzuwachsen? „Erzähle bloß nicht, wo du herkommst“, sagt eine der Darstellerinnen in dem 45-minütigen Film, der 2011 von Jugendlichen gedreht wurde. Jetzt gibt es eine Fortsetzung.

 „Wall of Fame“ am Staden. Hier sprühen die Großen der Szene.

„Wall of Fame“ am Staden. Hier sprühen die Großen der Szene.

Es war im Jahr 2011, als Jugendliche mit dem Projekt "Crossover Malstatt" mit "Label m - Werkstatt für Jugendkultur e.V." einen filmischen Einblick in ihr Leben in dem Saarbrücker Stadtteil gegeben haben. Thematisiert haben sie damals das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen. Das kennen die Jugendlichen gut, denn in Malstatt leben überdurschnittlich viele Migranten . "Genau diese ganz unterschiedlichen jungen Menschen wollten wir mit Crossover ansprechen - daher kommt auch der Name", erklärt Thomas Langhammer, einer der Initiatoren des Projekts. "Crossover" bedeutet übersetzt Überkreuzung oder Überschneidung. Damit steht es gleichermaßen für Gemeinsamkeiten und Unterschiede, aber auch für Verbindung.

Aus "Crossover Malstatt" ist vier Jahre später "Crossover 2 SB" geworden. Wie es dazu kam, erklärt Thomas Langhammer: "Während es im ersten Film um das Leben der Jugendlichen in Malstatt ging, wollen wir jetzt vor allem in den Blick nehmen, wie sich die Jugendlichen, die damals im Alter von 14-16 Jahren gewesen sind, entwickelt haben, wie ihr Lebensweg seither ausgesehen hat." Viele von ihnen leben heute nicht mehr in Malstatt, einige in anderen Teilen Saarbrückens. "Das ist auch eines unserer Ziele: Wir wollen die Malstatter Jugend stärker mit der alternativen Jugendkultur Saarbrückens verbinden." In "Crossover 2 SB" soll genau diese Verbindung zum Ausdruck kommen - und zwar durch die Jugendlichen selbst.

Film ohne Drehbuch

 Sprayaktion am Malstatter Kirchberg. Fotos: Dilnas Bilgic

Sprayaktion am Malstatter Kirchberg. Fotos: Dilnas Bilgic

Es ist ein Film ohne Drehbuch. Die Teilnehmer entscheiden selbst über die Inhalte des Films, über die Bilder, die Musik, die Kulissen und die Schnitte. Vorgegeben ist nur, dass die Jugendlichen über ihr Leben berichten sollen: In welchen Jugendkulturen bewegen sie sich? Was beschäftigt sie? Wie sieht ihr Alltag heute aus? Was sind ihre Lieblingsorte in Saarbrücken ? Wie sie das tun, ist ihnen völlig freigestellt. Die Musikproduktion gehört ebenso zu ihren Aufgaben wie das kreative Arbeiten mit Graffiti. Gisela Zimmermann nennt es die "Eroberung öffentlichen Raums", die für die Jugendlichen einen Schritt zur Identifikation mit ihrem Umfeld bedeute. Dabei arbeitet "Label m" mit zahlreichen saarländischen Künstlern und Musikern - zum Beispiel dem Filmer Dilnas Bilgic und dem Musiker Michael Hupperts - zusammen.

Begleitet werden die Jugendlichen in den unterschiedlichen Workshops auch von Thomas Langhammer, Gisela Zimmermann und Rûkan Tosun, die als Sozialpädagogen, Künstler und Erzieher bereits viel Erfahrung im Umgang mit jugendlichen Migranten haben.

Mit 10 790 Euro übernimmt der Fonds Soziokultur den größten Teil der Projektkosten. Die restlichen Gelder werden vor allem von Stadt und Land zur Verfügung gestellt. "Das Projekt ist derzeit noch am Wachsen", erklärt Zimmermann. Ungefähr 25 Jugendliche seien es momentan, die regelmäßig an dem Film arbeiten. Hinzu kommen mindestens ebenso viele, die sich nur ab und zu daran beteiligen. Ende September rechnet Zimmermann mit einem Schub, denn dann präsentieren "Label m" ihre Projekte auf dem Kirchbergfest. "Crossover 2 SB" ist nur eines davon. Im Dezember soll der 45-minütige Film fertig sein. Treffpunkt des "Label m" ist derzeit ein Container auf dem Kirchberg und ein Atelier in der Saarbrücker Rosenstraße. Auf Dauer sei das allerdings keine Lösung, so Langhammer. Deshalb sucht er nach geeigneten Räumlichkeiten, etwa einer kleinen Halle oder ungenutzten Geschäftsräumen. Wenn alles gut läuft, kann "Label m" die Premiere von "Crossover 2 SB" bereits in eigenen Räumlichkeiten feiern.

labelm.org

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