Jeder Dritte ist von Diskriminierung betroffen

Saarbrücken · Als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle in Berlin setzt sich Christine Lüders für einen verbesserten Opferschutz ein. Bei einem Vortrag in der Saarbrücker Stadtgalerie lobte sie die Fortschritte der vergangenen Jahre, mahnte aber weitere Schritte an.

Ein junger Mann, der wegen seines arabischen Aussehens nicht in die Disko gelassen wird; eine Angestellte, deren Arbeitsvertrag nicht verlängert wird, weil sie schwanger ist; ein schwules Paar, dem ein Hotelier ein Doppelzimmer verweigert: Diese Beispiele nannte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, bei einer Veranstaltung in Saarbrücken . Auf Einladung des hiesigen Beratungsnetzwerks gegen Diskriminierung zog sie eine Bilanz zu zehn Jahren Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). "Diskriminierung ist seitdem nicht verschwunden", stellte sie von Anfang an klar. "Sie ist auch nicht immer sichtbar und nimmt vielfältige Formen an."

Dennoch habe sich seit der Verabschiedung des AGG viel getan. "Jeder Dritte ist von Diskriminierung betroffen, doch die Menschen nehmen das nicht mehr hin." Die gesetzliche Grundlage steigere ihre Erfolgschancen vor Gericht und habe einen Bewusstseinswandel ausgelöst. In zu vielen Fällen aber bleibe die Klage ein langer, leidvoller und auch teuerer Weg, um an sein Recht zu kommen. "Deshalb braucht das AGG rechtliche Verbesserungen", so Lüders. Ganz konkret wünscht sie sich eine Verlängerung von zwei auf sechs Monaten der Frist, um Diskriminierungen geltend zu machen - sowie die Möglichkeit der Verbandsklage. Dass diese für die Opfer von Nutzen sei, sehe man im Bereich des Verbraucherschutzes.

Ein weiteres Anliegen von Christine Lüders ist die "Koalition gegen Diskriminierung ", die für mehr Unterstützung in der Fläche sorgt. Bisher sind zehn Bundesländer dieser beigetreten. Die Vereinbarungen dazu schließt die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle nicht mit Staatssekretären, sondern nur direkt mit Ministerpräsidenten: "Die Entscheidung bei der Koalition mitzumachen, soll zur Chefsache werden." Auch wenn Annegret Kramp-Karrenbauer "relativ aufgeschlossen" und mit Lüders im Gespräch sei, zählt das Saarland zurzeit nicht zu den Koalitionspartnern.

Wie saarländische Parteien überhaupt konkret gegen Diskriminierung vorgehen, will das Antidiskriminierungsforum Saar nun in den nächsten Monaten herausfinden. "Wir haben Wahlprüfsteine erarbeitet, die wir allen Parteien schicken werden, die eine Aussicht auf den Einzug in den Landtag bei der kommenden Wahl haben", erklärte Projektkoordinatorin Karin Meißner. Im Frühjahr, noch rechtzeitig vor der Landtagswahl am 26. März 2017, sollen die Stellungnahmen dann veröffentlicht werden.

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